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Furtwängler, Adolf; Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 4): Die Bronzen und die übrigen kleineren Funde von Olympia — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1786#0184
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172

Drei gleiche Helme befinden fich im Mufeum der ar-
chäologifchen Gefellfchaft zu Athen [yjO.it. 1020—22); an
den Rändern vorne kleine eingefchlagene Kreife. — Als
eine Weiterbildung deffelben Grundtypus ift ein in Oxford
befindlicher Helm aus einem Grabtumulus bei Kertfch
anzufehen (Journal of hellen, flud. 1884, pl. 46, 2). Der
Oberkopf ftimmt mit 1030 ziemlich genau überein; auch
er ift natürlich wie 1030 aus einem Stücke gearbeitet;
felbft die drei gravierten Linien auf dem Scheitel in der
Mitte des erhobenen Mittelftücks finden lieh hier genau
wie an 1030. Dagegen war der Nackenfchirm, der er-
halten ift, besonders gearbeitet und angefetzt. Wangen-
fchirme fehlen; lie waren höchft wahrfcheinlich ge-
trennt angefügt und beweglich. Die grofsen Löcher
im unteren Rande dienten zur Befeftigung eines iiarken
Futters mit grofsen dekorativ wirkenden Nageln; wahr-
fcheinlich waren die Wangenfchirme an diefem Futter,
nicht am Helme felbft, angebracht. Vorn zwei Löcher
übereinander, wohl für den Bufch. Das Grab gehörte
feinem übrigen Inhalte nach dem 5. Jahrhundert an.

In keinem direkten Zufammenhange mit diefem
Typus fteht eine wefentlich verfchiedene Helmart, die
in Italien und den Alpengegenden vorkommt (einige
Exemplare zählt Heibig, das homer. Epos2 S. 301 Anm.
6ff. auf); es find Sturmhauben der etruskifehen Art,
nur dafs zwei erhobene Streifen über den Scheitel laufen,
worin die einzige Ähnlichkeit mit unferem Typus befteht.

Noch eine fehr merkwürdige Helmform ift in Olympia
zu konftatieren:

1031 (Taf. LXII). Gefunden vor der Weftfront des
grofsen Altars im Süden des Heraions, fehr tief, 1,15 m
unter der Oberkante der Wafferrinne am Pelopion. In
dem Helme lagen die Scherben der Vafe 1296 (Inv. 10533).
Höhe 0,21; unterer Durchmelfer 0,23. Die Spitze ift ab-
gebrochen. Der eine Wangenfchirm fehlt; das Ende des
erhaltenen ift umgebogen, doch in der Zeichnung in
urfprünglicher Form gegeben. Der Oberkopf diefes
Helmes bildet nicht wie bei allen bisher betrachteten
Gattungen eine runde Kappe, fondern fteigt kegelförmig
empor und endete in eine, leider abgebrochene, Spitze.
Um den unteren Teil des Helmes herum ift ein 10 cm
breiter Blechftreif aufgenietet, an welchem die feften un-
beweglichen Wangenfchirme angebracht waren, deren
einer erhalten ift. Der hintere Teil des Streifens zerfällt
in zwei Hälften. Längs des Stirnrandes und des Randes
der Wangenfchirme laufen die üblichen kleinen Löcher
zur Befeftigung des Futters. Da diefe hinten fehlen, mag
das Futter im Nacken lofe weiter herabgehangen haben.

Es find aufserdem noch zwei einzelne Wangen-
fchirme gefunden worden (Inv. 2722. 6244), die an Hel-
men diefes Typus angenietet waren, indem ihre Form
ganz mit dem von 1031 übereinftimmt.

Von anderen Funden find mir nur zwei Helme be-
kannt, welche wefentliche Eigenfchaften mit diefem olym-
pifchen gemein haben, nämlich die kegelförmige Geftalt
und das Abfetzen des unteren Teiles. Beide (lammen
aus Cypern. Der eine befindet fich im Mufeum zu
Conftantinopel (Reinach, catalogue 601), noch mit dem

zugehörigen Schädel; um den unteren Teil ift hier ein
breites Band von Eilen herumgenietet; die Spitze ift
langgezogen, oben gebrochen. Im unteren Rande kleine
Löcher. Der andere ift in einem Grabe zu Tamalfos bei
den 188g vom Berliner Mufeum durch Ohnefalfch-Richter
veranftalteten Ausgrabungen gefunden; die erhaltene
Spitze ift oben abgerundet. Bei diefem ift auch der be-
wegliche grofse Wangen- und Nackenfchutz von kom-
plizierter Geftalt erhalten. Derartige Helme mit Wangen-
fchirmen kommen zuweilen in flüchtiger Nachbildung
an kleinen Terrakotten altertümlicher Art aus Cypern
vor (vergl. die bei Heuzey, Gaz. arch. 1880, p. 154,
E. F. H. abgebildeten Typen und einen trefflichen Kopf
aus Dali in Berlin, Mise. Inv. 6682, 51). Nach Cypern
kam der Typus gewifs durch Kleinaiien, indem wir den
einfachen Kegelhelm in Alfyrien fchon im 9. Jahr-
hundert heimifch finden. Derfelbe endet hier immer
in eine gerundete Spitze, und in der Regel find um den
unteren Teil ein oder zwei horizontale Streifen angedeu-
tet. Auf den älteren Denkmälern (den Reliefs Affurnafir-
pals) erfcheint der Kegelhelm immer ohne Wangenfchirme,
die, nach unten gerundet und meift nicht viel mehr als
die Ohrengegend bedeckend, erft auf den fpäteren Reliefs
erfcheinen. Durch den Kegelhelm find die atTyrifchen
Krieger immer fcharf gefchieden von den leichten Hilfs-
truppen mit den mit Büfchen ausgeflutteten runden
Helmkappen. Wahrfcheinlich haben jedoch auch klein-
aliatifche Griechen den Kegelhelm angenommen, und
Weihgefchenke folcher werden die olympifchen Helme
diefes Typus gewefen fein.

Als fechften und letzten der in Olvmpia gefundenen
Helmtypen haben wir den von Hieron geweihten tyrrhe-
nifchen Helm aufzuführen. Derfelbe wurde 1817 von
Cartwright in Olympia gefunden und befindet fich jetzt
im Britifh Mufeum. Wir geben beiftehend eine nach

Kemble, horae ferales pl. 12, 1 gemachte Zeichnung.
Die Infchrift (vergl. Röhl, inscr. antiqu. 510) lautet: 'läpa>
0 AswoixeveoG xcu rot —vjuxotioi -w Ai Tv^av «770 K'ju«c.
Der Helm ift ein ganz gewöhnliches, jeder Verzierung
entbehrendes Exemplar des bekannten fpeziell etrus-
kifehen Helmtvpus, welcher den im Mittelalter und
neuerer Zeit fo überaus beliebten Sturmhauben fehr ähn-
lich fieht.
 
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