Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KRESILAS UND MYRON

Neben Phidias und seinem Kreise standen andere Künstler von eigener
Richtung. Es ist anerkannt, dass einer der bedeutendsten unter ihnen
Kresilas gewesen sein muss. Um uns diesem Manne zu nähern, versuchen
wir, durch die Zusammenfügung von litterarischer Ueberlieferung und er-
haltenen Denkmälern uns eine feste Brücke zu schlagen.

In dem Abschnitte über die Erzgiesser erwähnt Plinius unter der
grossen Rubrik der „insignes", zwar nicht unter den wenigen von ihm
ausgesonderten ersten Künstlern, die er historisch anzuordnen versucht,1
sondern in der grösseren alphabetisch geordneten Reihe, den Künstler
Cresilas als Verfertiger der Statue eines sterbenden Verwundeten, an
dem man erkennen könne, wie viel noch vom Leben übrig sei. Zugleich
nennt er von demselben ein Porträt des Perikles, das dessen Beinamens,
des „Olympiers", würdig gewesen; auch sei es wunderbar, wie diese Kunst
es verstanden habe, edle Männer (durch das Porträt) noch edler zu machen.
Die Plinthe dieses Werkes mit der Inschrift ist unlängst auf der Akropolis
von Athen zu Tage gekommen. Ein Excerpt über zwei andere Werke
des Kresilas, einen „Doryphoros" und eine „verwundete Amazone" hat
Plinius nachträglich am Ende des Buchstabens C angefügt; der Name des
Künstlers ist hier in den Handschriften zwar verderbt, doch kann es kaum
zweifelhaft sein, dass Brunn2 mit Recht Cresilas liest. Noch an einer
dritten Stelle erwähnt Plinius den Künstler, nämlich unter den „lauda-
tissimi", welche im Wettstreite Amazonenstatuen fertigten; Kresilas er-
scheint hier in der abschätzenden Reihenfolge als dritter neben Polyklet
und Phidias.

Pausanias erwähnt kein Werk von dem Künstler, der überhaupt von
keinem anderen Schriftsteller ausser Plinius genannt wird. Nur in einer

Vgl. meine Abhandlung Plinius und seine Quellen S. 11 ff. Oehmichen, plinianische
Studien S. 179 ff.

2 Gesch. d. Künstler I, S. 261.
 
Annotationen