284 VIII. ITALISCHE GEMMEN: 2) HELLENISIERENDE GRUPPE
Während die vorige Klasse von Gemmen uns eine Fülle ernster HeroeabUder, aber
aus dem wirklichen Leben nur einige Vorgange sakraler Art zeigte, so bietet uns umgekehrt
diese Gattung eine Menge von Darstellungen, die aus dem Leben gegriffen sind.
Da finden wir zunächst viele Bilder von Reitern meist kriegerischer Art auf schweren
Rossen; es mögen solche Typen von den romischen Rittern für ihre Ringe bevorzugt worden
sein. Reiter in den Kampf sprengend oder im Kampfe begriffen sehen wir Tafel XXV, 51—54;
XXVII, 31. 33 (gleiches Motiv, verkürzte Rückansicht, Brit. Mus. catal. 1S39). 37—44; Berlin
No. 1141 —1147, oder ruhig das Ross führend (Tafel XXV, 29; XXVII, 30). Die feurigen
Kampfmotive sind ähnlich denen, die C. Popilius, ein eben der Epoche dieser Gemmen ange-
höriger Töpfer, zur Ausstattung des Bildes der Alexanderschlacht verwendet hat, dessen Haupt-
figuren er aus einem berühmten griechischen Gemälde entlehnt hatte (Rom. Mitt. i 898, Tafel 11).
Von besonderem Interesse ist aber Tafel XXVII, 42, die Darstellung der nationalen
Heldenthat des M. Curtius, der sich zu Ross in voller Rüstung in den Schlund auf dem römischen
Forum gestürzt haben sollte, als freiwilliges Opfer für die Unterirdischen,
zur Prokuration des Prodigiums der Erdsenkung an dieser Stelle. Die
Szene erscheint in demselben Typus wie auf der Gemme auch auf
römischen Lampen der frühen Kaiserzeit (Fig. 145)1 und ganz ebenso
vor allem auf dem altbekannten Relief des Capitols (Fig. 146 nach
Photographic), das sehr mit Unrecht neuerdings als modern ver-
dächtigt wurde, das vielmehr nicht später- als ungefähr augusteische
Epoche ist.2 Däss M. Curtius sich hinabstürzt, ist am deutlichsten auf
der Gemme. Das Relief deutet den Sumpf an der Stelle, die lacus Curtius
hiess, durch hohes Schilf an. Das gemeinsame Vorbild dieser Denk-
mäler mag ein Gemälde oder Relief in Rom gewesen sein, das wohl
schon im zweiten Jahrhundert v. Chr. vorhanden gewesen sein wird.
Gewöhnlich wird das capitolinische Relief, das schon 1553 am Forum
gefunden und von Pighius gezeichnet worden ist, fälschlich auf die
andere Sage vom Ursprung des lacus Curtius, auf den Sabiner
Mettius Curtius bezogen, der beim Kampfe nach dem Raub der Sabinerinnen in den Sumpf
geraten, aus demselben sich aber wieder glücklich herausgearbeitet haben sollte.s Hätte
man diese Sage darstellen wollen, hätte man natürlich den wieder aufsteigenden, nicht den
' Fig. M5 ist eine bei Nnnten am Rhein gefundene Lampe, uncli Houben-Fiedler, Denkmäler von Castro Vetera und Colom'a
Tmiann 1839, Tafel S. 4 niederholt. Eine inil dieser genau Übereinstimmende Lampe (mit btan 11 liehern Firniss) habe ich im lYoviuzinl-
muscuui zu Trier notiert. Die unglaubliche Hypothese von Mntz, Bull. d. Inst. 1S69, 71, die Xantener Lampe sei nach dem codex
Pighianus in Xanten gefälscht worden (1), wird durch das Trierer zweifellos echte Exemplar vollends widerlegt.
s llclbig, Führer I» N'o. 563, wo die iiltere Littcmtur. Holbig wollte das Relief dem späteren Mittelalter oder der Frllh-
rciiaissancc zusclm-ihc», eine Aniel.'ung, die durch den Stil gäii/lieh auslese!: Ii'ssmi wird. 1 U-ii-.iL- kam auf diese seltsame Meinung
nur im Glauben, die Römer hauen die eigenen nationalen Sagen nie dargestellt, was eine veraltet!
durch die Unbckniintsclinft mit den Denkmälern der republikanischen Zeit. Die Angaben über den ge:
wertlos und beruhen auf Theoriccn über die Lage des lacus Curtius j torilan, Topographie d. Stadt
sich bekanntlich »11I dei L<[n.kae,ie eines KWkes, dc^cii Vonlc:seiLe die Inschrift /.. A'iiti-ias L. /■'. Stiii/i
trügt (CIL VI 1468); der Manu war Consul suffecius im Jahre 30 n. Chr. Nach freundlicher Miltcihin
deren Dicke er auf 10—15 cm schützt, ans weissem Marmor und ist 1,50 in breit und 1 m hoch; si
oben und unten ein ca. 5 cm vorspringendes einfaches Profil. Das Relief der Rückseite ist in die
eingetieft und zeigt 0,90 Länge und 0,45 Höhe. Ich möchte vermuten, dass die Platte als Schranke
Comilimn verwendet war; der Reliefschmuck der Rückseite, der eine in nächster NShe lokalisierte r
würde hei dieser Annahme sehr [lassend erscheinen. An der Gleichzeitigkeit von Relief und Inschrift
3 Calpurnius Piso bei Varro, de I. 1. 5, 149. Liv. i, 12. Dionys. 2, 42. Wut. Rom. tS.
hervorgerufen
.wanken, sind
501). Das
ielief befindet
m)ift*<ft
t#tmgrim«
Während die vorige Klasse von Gemmen uns eine Fülle ernster HeroeabUder, aber
aus dem wirklichen Leben nur einige Vorgange sakraler Art zeigte, so bietet uns umgekehrt
diese Gattung eine Menge von Darstellungen, die aus dem Leben gegriffen sind.
Da finden wir zunächst viele Bilder von Reitern meist kriegerischer Art auf schweren
Rossen; es mögen solche Typen von den romischen Rittern für ihre Ringe bevorzugt worden
sein. Reiter in den Kampf sprengend oder im Kampfe begriffen sehen wir Tafel XXV, 51—54;
XXVII, 31. 33 (gleiches Motiv, verkürzte Rückansicht, Brit. Mus. catal. 1S39). 37—44; Berlin
No. 1141 —1147, oder ruhig das Ross führend (Tafel XXV, 29; XXVII, 30). Die feurigen
Kampfmotive sind ähnlich denen, die C. Popilius, ein eben der Epoche dieser Gemmen ange-
höriger Töpfer, zur Ausstattung des Bildes der Alexanderschlacht verwendet hat, dessen Haupt-
figuren er aus einem berühmten griechischen Gemälde entlehnt hatte (Rom. Mitt. i 898, Tafel 11).
Von besonderem Interesse ist aber Tafel XXVII, 42, die Darstellung der nationalen
Heldenthat des M. Curtius, der sich zu Ross in voller Rüstung in den Schlund auf dem römischen
Forum gestürzt haben sollte, als freiwilliges Opfer für die Unterirdischen,
zur Prokuration des Prodigiums der Erdsenkung an dieser Stelle. Die
Szene erscheint in demselben Typus wie auf der Gemme auch auf
römischen Lampen der frühen Kaiserzeit (Fig. 145)1 und ganz ebenso
vor allem auf dem altbekannten Relief des Capitols (Fig. 146 nach
Photographic), das sehr mit Unrecht neuerdings als modern ver-
dächtigt wurde, das vielmehr nicht später- als ungefähr augusteische
Epoche ist.2 Däss M. Curtius sich hinabstürzt, ist am deutlichsten auf
der Gemme. Das Relief deutet den Sumpf an der Stelle, die lacus Curtius
hiess, durch hohes Schilf an. Das gemeinsame Vorbild dieser Denk-
mäler mag ein Gemälde oder Relief in Rom gewesen sein, das wohl
schon im zweiten Jahrhundert v. Chr. vorhanden gewesen sein wird.
Gewöhnlich wird das capitolinische Relief, das schon 1553 am Forum
gefunden und von Pighius gezeichnet worden ist, fälschlich auf die
andere Sage vom Ursprung des lacus Curtius, auf den Sabiner
Mettius Curtius bezogen, der beim Kampfe nach dem Raub der Sabinerinnen in den Sumpf
geraten, aus demselben sich aber wieder glücklich herausgearbeitet haben sollte.s Hätte
man diese Sage darstellen wollen, hätte man natürlich den wieder aufsteigenden, nicht den
' Fig. M5 ist eine bei Nnnten am Rhein gefundene Lampe, uncli Houben-Fiedler, Denkmäler von Castro Vetera und Colom'a
Tmiann 1839, Tafel S. 4 niederholt. Eine inil dieser genau Übereinstimmende Lampe (mit btan 11 liehern Firniss) habe ich im lYoviuzinl-
muscuui zu Trier notiert. Die unglaubliche Hypothese von Mntz, Bull. d. Inst. 1S69, 71, die Xantener Lampe sei nach dem codex
Pighianus in Xanten gefälscht worden (1), wird durch das Trierer zweifellos echte Exemplar vollends widerlegt.
s llclbig, Führer I» N'o. 563, wo die iiltere Littcmtur. Holbig wollte das Relief dem späteren Mittelalter oder der Frllh-
rciiaissancc zusclm-ihc», eine Aniel.'ung, die durch den Stil gäii/lieh auslese!: Ii'ssmi wird. 1 U-ii-.iL- kam auf diese seltsame Meinung
nur im Glauben, die Römer hauen die eigenen nationalen Sagen nie dargestellt, was eine veraltet!
durch die Unbckniintsclinft mit den Denkmälern der republikanischen Zeit. Die Angaben über den ge:
wertlos und beruhen auf Theoriccn über die Lage des lacus Curtius j torilan, Topographie d. Stadt
sich bekanntlich »11I dei L<[n.kae,ie eines KWkes, dc^cii Vonlc:seiLe die Inschrift /.. A'iiti-ias L. /■'. Stiii/i
trügt (CIL VI 1468); der Manu war Consul suffecius im Jahre 30 n. Chr. Nach freundlicher Miltcihin
deren Dicke er auf 10—15 cm schützt, ans weissem Marmor und ist 1,50 in breit und 1 m hoch; si
oben und unten ein ca. 5 cm vorspringendes einfaches Profil. Das Relief der Rückseite ist in die
eingetieft und zeigt 0,90 Länge und 0,45 Höhe. Ich möchte vermuten, dass die Platte als Schranke
Comilimn verwendet war; der Reliefschmuck der Rückseite, der eine in nächster NShe lokalisierte r
würde hei dieser Annahme sehr [lassend erscheinen. An der Gleichzeitigkeit von Relief und Inschrift
3 Calpurnius Piso bei Varro, de I. 1. 5, 149. Liv. i, 12. Dionys. 2, 42. Wut. Rom. tS.
hervorgerufen
.wanken, sind
501). Das
ielief befindet
m)ift*<ft
t#tmgrim«