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ABB. 112

spätschwarzfigurige amphora
Chiron

Das Bildchen einer Münchner Amphora (J. 6n, Arch. Zeit. 1876 Taf. 17; Höhe 0,26), mit dem
wir unsere schwarzfigurige Reihe abschliessen, hat Reichhold offenbar wegen des Idylls von Jagd-
beute gezeichnet, das dem weidmännischen Kentauren von dem geschulterten Ast herabhängt, und
wegen des folgsamen Jagdhundes, der die Stimmung noch erhöht. An dem Typus der alten Zeit
(Taf. 1) ist eigentlich nicht viel geändert, und doch bricht etwas wie Stilleben und Lyrik durch,
das eine neue Welt andeutet. Aber auch sagengeschichtlich ist dieser Chiron nicht ohne Interesse. Die
Rückseite der Amphora zeigt nämlich den Götterboten mit dem Kinde Herakles auf dem Arm durch
die Lüfte fliegend. Es liegt nah, die beiden Bilder zu verknüpfen und die Geste des Kentauren als Be-
grüssung des neuen Zöglings zu deuten.

Chiron erscheint in spätarchaischer Zeit ziemlich häufig auf den Vasenbildern, sowohl auf rot-
ligurigen (Schale des Oltos, Berlin 4220; Amphora des Oltos Louvre G3; Hydria Heydemann,
Vasenbilder VII i) wie auf schwarzfigurigen (Hydria Gerhard 183; Hydrien in Berlin 1900 und 1901;
Hydria in Leyden Roulez XII; Amphora in München J. 380; Amphora in Neapel S.A. 160; Amphora
aus Gela Mon. Line. XVII tav. 34; Kanne in London B 620; Lekythos Benndorf, Vasenbilder Taf. 41;
Lekythos in Berlin 2C03; Fragment in Heidelberg). Der Edelkentaur, der sich vor seinen Wald-
und Berggenossen auch sonst immer durch menschliche Beine und Gewandung auszeichnet, hat auf
diesen Bildern meist menschliche Ohren; die Oltosschale, die Neapler Amphora und unsre Amphora
statten ihn mit langen Pferdeohren aus.

Den archaischen Mann mit angeklebtem Pferdehinterteil schleppt dann der strenge Stil noch
weiter (Mon. Line. XVII S.83; Neapel 2638; 2421), der freie wirft ihn über Bord (London B77; Heibig,
Wandgemälde 1291 ff.). (E- B-)
 
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