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Marées-Gesellschaft [Hrsg.]
Ganymed: Blätter der Marées-Gesellschaft — 4.1922

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Paralipomena
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Hausenstein, Wilhelm: Degas der Plastiker
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Elias, Julius: Max Liebermann zum 20. Juli 1922
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https://doi.org/10.11588/diglit.45237#0483

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JULIUS ELIAS

ist Bürgschaft ihrer unmittelbaren Kraft; so wie das Planvolle seiner Bilder, die hohe
Diplomatie seines Griffels dies Unmittelbare eingeschränkt hat.
Allein was will man? Tat er nicht recht, wenn er endlich in Bild und Zeichnung für die
öffentliche Welt die Maske der überlegten Form vor die Intimität setzte? Hier ist eine
Frage, die nicht fertig wird und auch gar nicht fertig werden soll.
Die rassige Animalität der modellierten Frauen, die primäre Animalität des Mannes, der
sie bildete, ist von einer Ausschließlichkeit, die ich bei keinem andern der neuern Plastik
weiß. Die Abwesenheit aller Absicht auf das Gehege des Stils macht wissen, wieviel an
Triebkraft hinter der ordnenden Herrschaft des Meisters verborgen war. Sind diese Plastiken
Skizzen, sind sie kleinen Formats, so wird darum doch nicht ein Vorbehalt nötig. Sicher-
heit, Spannung, Dichtigkeit, Fülle sind. Aus jeder Begegnung lebendiger Finger mit
wirklichen Dingen können sie entspringen — und wahrlich: hier entsprangen sie, ein Erz-
Primäres.
Taten sie es, um von einer jener abstandweisenden Konventionen überdeckt zu werden,
die als Verkehr gezogener Menschen „Stil“ geheißen werden? Ist es so, daß das Ursprüng-
lichste (Beste) nicht der Öffentlichkeit gehören kann? Ich glaube es. Degas hat längst
geahnt, weshalb er seine Bildnerei im Atelier versteckte. Die abstrahierende Überlegung
seiner Bilder war der Öffentlichkeit am ehesten angemessen, und des Prompten blieb genug
auch in den strengsten Gespinsten seiner Zeichnung. In der Einsamkeit geschah das Persön-
lichste und Wesenhafteste: die Plastik.
Doch immer berührt das Persönlichste das Allertypischste. Wo also ist der Ausgang aus
dem Widerspruch?

MAX LIEBERMANN
ZUM 20. JULI 1922
VON

JULIUS ELIAS
uskin sagt in einer Prachtstelle seiner „Stones of Venice“ (deutsche Ausgabe von Fris,
S. 46/7)• »Die ganze Aufgabe eines Künstlers in der Welt ist die, ein Wesen zu sein,
das sieht und fühlt; es ist nicht seine Sache, zu denken, zu urteilen, zu schlußfolgern oder
zu wissen ... Er soll sehen und fühlen . .. Nichts darf zwischen die Natur und des Künst-
 
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