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Die Gartenkunst — 1.1899

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Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Parkanlagen, [1]
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t, 8 DlE GARTENKUNST 13?

Park- und Gartenanlagen.

Obersclilesisclie Parkanlagen.

Von Janorschke, Landschaftsgärtner in Ober-G-logau.
Allgemeines.

Wenn sich einmal ein wifsbegieriger Fachmann aus
dem übrigen Deutschland auch in das vermeintlich welt-
vergessene Oberschlesien vorirrt, wenn er den Mut hat,
das vom Hörensagen vorurteilsvolle, ja nach seiner und
anderer Meinung fast vegetationslose Fleckchen Erde
dennoch kennen zu lernen, dann wird er bald Gelegenheit
finden, einen überraschend angenehmen Eindruck zu ge-
winnen.

Das engere Oberschlesien mit seinem Hüttenbezirk
dürfte gleich den übrigen wenigen, rührig Bergbau trei-
benden Bezirken Deutschlands zu den reichsten Gebieten
unseres Landes zählen, wo nicht Tausende oder Millionen,
sondern Hunderte von Millionen Mark durch Industrie und
Handel in schnellen Umsatz gebracht werden. Wird doch
oberschlesische Kohle in einem grofsen Teile Deutschlands
mit Vorliebe verwendet, oberschlesisches Eisen und Stahl
zu deutschen und aufserdeutschen Panzerschiffen und zu
den gröfsten Brücken gern begehrt, oberschlesische Eisen-
bahnwagen von überall her bestellt, Röhren und Draht
in Unmassen von Wagenladungen fortgeschafft, Blei, Zink,
Zinn, Kupfer, Silber u. dergl. in Menge gewonnen. Aber
auch die Landwirtschaft steht auf hoher Stufe und erzielt
eine weithin berühmte Braugerste, guten Weizen und vor-
züglichen Hafer, letzterer in allen deutschen Grofsstädten
bekannt.

Das ganze Schlesien übt vermöge seiner reizend und
idyllisch gelegenen Höhen- und Gebirgszüge auf jeden
Fremden eine bezaubernde Anziehungskraft aus, was auch
so manchem unserer Herren Fachgenossen nicht gleich-
gültig geblieben ist. Die stets wechselnden Naturbilder
haben nicht selten den deutschen Gärtner veranlafst, ein-
gehende Studien zu machen, manchen als unscheinbar
geltenden Ort in den Bereich des Wissenswerten gezogen,
um nicht allein Land und Leute, sondern speziell gärtne-
rische Betriebe näher kennen zu lernen. Nirgends ist die
Gärtnerei im Vergleich zum übrigen Deutschland zurück-
geblieben und die schöne Gartenkunst ist speziell in Ober-
schlesien keineswegs zu kurz gekommen. Überall haben
sich mächtige Förderer gefunden, die ihren Besitz oder die
nächste Umgebung ihres Heims oft in wahrhaft künst-
lerischer Weise zu verschönern suchten.

Wir wollen daher den verehrten Lesern im Nach-
stehenden eine Reihe von Parkanlagen in Wort und Bild
vorführen, in der Annahme, dafs mancher der Herren
Fachgenossen Gelegenheit haben wird, bei Reisen durch

Die Gartenkunst.

Schlesien dieselben zu besuchen. Wir wählen nur Orte,
deren Anlagen interessant und wert sind, weiteren Fach-
kreisen bekannt zu werden.

I. Bielau.

(Hierzu eine Ansicht.)

In dem etwa 6 km von der Stadt Neifse per Post zu
erreichenden Dorf Bielau finden wir ein im älteren Renaissance-
stil erbautes Schlots aus dem vorigen Jahrhundert, dessen
landschaftliche Umgebung der Anziehungspunkt vieler
Naturfreunde und Kunstliebhaber geworden ist. Durch
ein festungsartiges Thor mit Wärterwohnung führt uns
der Weg an dichten Coniferenmassen, die den Wirtschafts-
hof von dem Park trennen, vorüber nach dem vor dem
Schlofs gelegenen Rosengarten. Eine bunte Sammlang der
herrlichsten Vertreter der Blumenkönigin in grofs und
klein präsentiert sich den Blicken der Schlofsbewohner
und eine Partie buntblättrigor Ziersträucher trennt das
Rosarium von dem Umfahrtsweg. (Bei der Anlage ent-
deckte man hier alte Treppenstufen nach einem tiefen
Wallgraben führend, dessen sich niemand mehr erinnern
konnte.) Im Halbschatten bunter Gehölze und Deutzia
scabra stehen drei Steinfiguren pompejanischer Aus-
grabungen, zwei Engel und die büfsende Magdalena dar-
stellend, in knapper Lebensgröfse. Die uralten Linden,
Weiden und Ulmen in Schlofsnähe bezeugen die einst-
malige beschränkte Ausdehnung der Baumpflanzungen, in
deren lichten Schatten zur Zeit unseres Besuches — Ende
September - die neuesten grofsblumigen Canna ihren
üppigen Wuchs und herrliche Blütenfülle entfaltet hatten.
Fast reichen die Baumriesen mit ihren Kronen bis an die
Gobäudewände, dort die frischgrünen Schlingpflanzen
(Rosen, Clematis, Caprifolium oder Aristolochien) be-
grüfsend, davor gröfsere Gruppen Topfpflanzen, auch
Rhododendron, Azaleen und Kalmien, bis an die Wege
herantretend. Eine ausgedehnte, sich lang hinziehende
Wasserfläche, fast dicht am Auffahrtsweg des Hauptportals
beginnend, gestattet einen ruhigen Fernblick über die da-
hinter liegenden grofsen freien Rasenpartien, ohne dafs
eine Begrenzung des Parkes zu sehen ist. Die vorderen
Teichränder bergen eine Fülle wertvoller Pflanzen,
Rhododendron, Azalea mollis und pontica bester Sorten,
Schlingpflanzen, Stauden, teils in Steinpartien stehend.
Eine niedliche Halbinsel mit einer von allerlei Schling-
gewächsen berankten Pergola bildet den Lieblingsaufent-
halt der Herrschaften an schönen Sommortagen. In weiterer
Entfernung stehen eine Menge besserer Sorten Coniferen
an den Teichrändern in der Nähe des linksseitigen Haupt-
weges, jedoch in so tadelloser Entwickelung, dafs kein

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