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Die Gartenkunst — 2.1900

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Meyer, F. W.: Felsanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0040

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II, 2 DIE GARTENKUNST 29

wie für die gröfseste Arbeit. Dieses natürliche Aussehen
zu bewirken, ist nicht immer leicht und erfordert ein-
gehende Studien schöner Naturfelsen, besonders kleiner
Felsen, die gleichsam das Terrain durchbrechen und durch
unterirdische Hebungen emporgeschoben wurden.

Der Aufforderung der „Roy alHo rticu ltural Society,"
einen Vortrag über dieses Thema zu halten, komme ich
bereitwilligst nach. Ich will mir nicht etwa anmafsen, ein
Meister der Kunst des Felsenbaues zu sein, aber da ich
seit beinahe einem Vierteljahrhundert Landschaftsgärtner
der Firma Robert Veiten. & Son in Exeter bin, und da ich
während dieser Zeit eine enorme Anzahl von Felsengärten
aller Gröfsen und unter den allerverschiedensten Verhält-
nissen konstruiert habe, sokann ich wenigstens auf praktische
Erfahrung Anspruch machen, deren Mitteilung vielleicht
andere vor Fehlern bewahren dürfte, welche ich oft selber
in früheren Arbeiten begangen habe. In diesem Sinne
gestatte ich mir nunmehr, meine eigene Verfahrungsmethode
beim Felsenbau näher zu behandeln.

Die Wahl des Terrains ist nicht immer eine leichte
zu nennen. Am besten geeignet wäre ein unregelmäfsiger
Platz mit natürlichen Erhöhungen und Vertiefungen, welcher
nicht von Bäumen beschattet wird, und welcher (besonders
bei gröfseren Anlagen) nicht zu nahe dem Wohnhauso ge-
legen sein sollte, weil die doch höchst unregelmäfsige
Felsenscenerie gewöhnlich nicht in die meistens regel-
mäfsige nächste Umgebung des Hauses pafst. Wenn
jedoch das Haus etwa an eine Berglehne stöfst, oder wenn
sonst das umgebende Terrain ein unregelmäfsiges und
stark bewegtes ist, so werden auch ganz naheliegende
Felsengruppen nicht unnatürlich erscheinen. Manche Be-
sitzer denken, dafs irgend ein beliebiger unbrauchbarer
Winkel — vielleicht gar unter Bäumen — gut genug sei,
um Felsen darauf zu bauen; wer aber nicht blofs mit den
wenigen allergewöhnlichsten Arten von Gewächsen, welche
in solcher Lage existieren können, sich begnügen will, der
vermeide stets solche Plätze. Die besten Gebirgspflanzen
beanspruchen eine Fülle unbeschränkten Lichtes, und wenn
auch gröfsere Gräser, Bambusen und sogar Bäume, Sträucher
und Coniferen in gehöriger Entfernung einen sehr passenden
Hintergrund für den Felsengarten bilden können, so sollten
dieselben doch niemals so nahe stehen, dafs sie das Licht
von den Felsen abhalten, oder dafs ihre Wurzeln imstande
wären, das speziell für schöne Alpenpflänzchen präparierte
Erdreich zu erreichen. Sollte es aber unmöglich sein, die
gewünschte Felsenanlage soweit entfernt von gröfseren
Bäumen und deren Wurzeln zu verlegen, so können solche
Wurzeln und deren Ausläufer dadurch unschädlich gemacht
werden, dafs man einen tiefen unterirdischen Graben aus-
wirft und durch eine in demselben aufgeführte Mauer aus
Cement-Beton die Wurzeln von dem für die Felsenanlage
bestimmten Terrain gänzlich abhält.

Die Vorarbeiten sind von gröfster Wichtigkeit und
dienen dazu, dem Terrain die unregelmäfsige Form zu
geben, ohne welche es unmöglich ist, den wilden Natur-
Charakter nachzuahmen. Selbst auf ganz ebenen Flächen
läfst es sich häufig so einrichten, dafs etwa ausgeschachtetes
Material zur Anfüllung der gewünschten hohen Punkte

Die Gartenkunst.

anderweitig an Ort und Stelle verwertet wird. Wo das
Erdreich bereits von wellenförmiger Kontur ist, empfiehlt
es sich häufig, dem Fingerzeige der Natur zu folgen.
Statt einen Hügel zu planieren und eine Muldung auszu-
füllen, läfst sich oft durch gröfseren Kontrast der Effekt
verstärken, indem man den Hügel noch höher und das
Thal noch tiefer macht. Solche Vertiefungen sollten stets
etwas tiefer ausgeschachtet werden, als die vollendete
Arbeit erfordert, damit genügend passende gute Erde auf-
getragen werden kann, um den Pflanzen ein gutes Ge-
deihen zu sichern. Ganz anders verhält es sich mit den
Höhepunkten. Diese dürfen niemals zu Anfang der Arbeit
hoch mit Erde aufgefüllt werden. Ich halte es für viel
besser, die Höhenbauten mit den Steinen zu beginnen
und nicht mit der Erde, welche hinter den Steinen fest-
gestampft werden sollte und zwar während des Aufbaues.
Besonders bei gröfseren Arbeiten ist es empfehlenswert,
nicht alle Ausschachtungen schon vor Beginn des Baues
vorzunehmen, sondern hiermit zu warten, bis mit dem
eigentlichen Aufbau der Anfang gemacht wird, weil als-
dann die auszuschachtende Erde gleich hinter die fest-
gelegten Steine gebracht werden kann, ohne ein zwei-
maliges Bewegen zu benötigen. Läfst sich dies etwa nicht
gut machen, so müssen bei der ausgesehachteten Erde
zum wenigsten der gute und schlechte Boden getrennt
gehalten werden, um nach Belieben Verwendung zu finden.
Für Teiche und Bäche sind besondere Vorarbeiten nötig,
welche ich später behandeln will. Dafs bei allen Vor-
arbeiten auch für einen guten Wasser-Abzug gesorgt
werden mufs, ist selbstverständlich.

Von der Auswahl des Gesteins hängt ebenfalls
viel ab. Sollte etwa ein Steinbruch sich in der Nähe be-
finden, so ist es wohl in den meisten Fällen ratsam, aus
diesem das zu benutzende Gestein zu entnehmen, falls
dasselbe nicht etwa von ganz ungünstiger Beschaffenheit
ist. Sind jedoch mehrere Steinarten zur Auswahl vor-
handen, so verdienen Stücke, welche schon von Natur
aus ein altes Aussehen haben, entschieden den Vorzug,
ganz besonders dann, wenn dieselben schon jahrelang dem
Winde und Wetter ausgesetzt waren und vielleicht gar
mit natürlichem Moose oder Flechten teilweise bedeckt
sind. Steine von auffallend heller Färbung sollten nie be-
nutzt werden, und auf keinen Fall sollten glänzende Berg-
krystalle oder anderes Spielzeug zum Felsenbau verwendet
werden. Solche Steine an und für sich mögen ja ganz
hübsch aussehen, aber in Verbindung mit Felsen, die auf
malerische Naturschönheit Anspruch machen, ist ein solches
Material gänzlich untauglich. Die Schönheit eines Felsen-
gartens soll und mufs in der getreuen Wiedergabe der
Natur und nicht in individuellen Steinen bestehen.

Wer die Felsen der Natur in seinem Garten nach-
ahmen will, mufs wenigstens die Grundlagen einiger
geologischer Kenntnisse besitzen. Der Hauptsache nach
teilt man die Gesteine in zwei grofse Klassen, nämlich:

1. Ungeschichtete Felsen und

2. Geschichtete oder Sedimentär-Felsen.

Zur Klasse des ungeschichteten Gesteins gehören
a) die Plutonischen Felsen, welche in erhitztem Zu-

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