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Die Gartenkunst — 2.1900

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Beitz, Georg: Etwas über Friedhöfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0055

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DIE GARTENKUNST

Etwas über Friedhöfe.

Von G. Beitz, Verwalter des Nordfriedhofes zu Köln-Merheim.

(Hierzu 3 Abbildungen.)

Im Jahre 1895 schon hatte sich in den Spalten unseres
Vereinsorgans eine lebhafte Auseinandersetzung über die
Zweckmälsigkeit regelmäfsig oder unregelmäfsig an-
gelegter, sogenannter parkartiger Friedhöfe entwickelt. Die
Meinungen waren sehr geteilt, der Sieg schien sich auf die
Seite der Verfechter parkartiger Friedhöfe zu neigen, eine
vollständige Klärung der Meinungen wurde jedoch nicht
erzielt.

Es hat sich nun in den letzten Jahren je länger je
mehr gezeigt, dafs wir in der Anlage von schönen und
zweckmäfsigen Friedhöfen eine der wichtigsten und auch
interessantesten neuen Aufgaben der dem öffentlichen
Wohle dienenden Gartenkunst zu sehen haben, so dafs es
wohl angezeigt ist, dieses Thema noch einmal aufzunehmen,
um womöglich nach einer gründlichen Erörterung zur Auf-
stellung gewisser „Leitsätze für die Anlage öffentlicher
Friedhöfe" zu gelangen.

Um nun ein klares Urteil zu erreichen, wird man sich
zunächst fragen müssen: Welchen allgemeinen Forderungen
mufs jeder Friedhof genügen und wie wird diesen
Forderungen die eine oder die andere Anlegungsweise
gerecht? Erst wenn diese Fragen nach dem Notwendigen
beantwortet sind, kann man mit der Ästhetik anfangen
und sich nach dem Wünschenswerten umsehen.

Unter allen Umständen mufs nun von einem Friedhof
eine solche Anlage verlangt werden, dafs nicht nur bei
normaler Sterblichkeit, sondern auch bei plötzlichen
Steigerungen derselben, z. B. bei dem Ausbruch von Epi-
demien, die Leichen ohne Zeitverlust so beerdigt werden
können, dafs nachträglich auch nicht die geringsten Zweifel
über die Lage dieser oder jener entstehen können und
ferner jedes Grab nach beliebiger Zeit leicht und sicher
aufgefunden werden kann. In engstem Zusammenhang
mit der Einteilung der Gräberfelder steht natürlich die
Registerführung. Beide — Einteilung und Register-
fuhrung — müssen so einfach und übersichtlich sein, dafs
die Möglichkeit des Irrtums, soweit dies überhaupt bei
menschlichen Einrichtungen erreichbar, ausgeschlossen ist.

Die Anlage mufs ferner der Art sein, dafs die Be-
sucher des Friedhofs sich einigermafsen zurechtfinden
können und die einzelnen Gräber in genügender Weise
durch Fufs- und Fahrwege zugänglich sind.

Einem grofsen Teil der Leser wird das eben Gesagte
sehr selbstverständlich und leicht ausführbar vorkommen.
Wer aber wie der Verfasser gesehen hat, in wie grober
Weise auch auf grofsen und wichtigen Friedhöfen gegen
diese Grundregel gefehlt wird, wird die scharfe Betonung
desselben erklärlich finden.

Aufsor dieser Hauptforderung mufs noch auf vieles
Rücksicht genommen werden. Es sind je nach Orts-
gebrauch oder polizeilichen und religiösen Vorschriften
Leichenhäuser, Plätze für Grüfte, Kapellen und dorgl. an-
zulegen. Die Gräber für Kinder und Erwachsene sind in
zweckmäfsiger Gröfse vorzusehen u. s. w. Diese Dinge
sind jedoch auf die Entscheidung der Streitfrage — regel-

mäfsig oder unregelmäfsig — ohne Einflufs und bleiben
daher am besten vorläufig unerörtert.

Wir kämen also jetzt zum zweiten Teil: „Wie dieser
Forderung die verschiedenen Anlegungsweisen gerecht
werden."

Wir sind in Köln in der günstigen Lage, für beide
Anlegungsarten mit praktischen Beispielen dienen zu können.

Der regelmäfsige Friedhof, „Melaten" genannt, ist im
Jahre 1810 in Benutzung genommen und jedenfalls nach
dem Plane eines französischen Ingenieurs angelegt worden.
Bei den im Laufe der Jahre vorgenommenen Erweiterungen
ist allermeist in zu engherziger Weise verfahren und das
ganze Gelände zu Gräberfeldern eingeteilt worden, so dafs
es jetzt, wo die gestiegene Bedeutung des Friedhofs und
der veränderte Zeitgeschmack die Anlage einiger Schmuck-
plätze oder dergl. wünschenswert machen, an Raum für
dieselben fehlt. In Bezug auf die vorher aufgestellte
Grundregel ist derselbe jedoch heute noch musterhaft und
kaum durch einen anderen Friedhof übertroffen. Einen
Plan des ganzen Friedhofs zu veröffentlichen, hätte wenig
Wert, weil in der Hauptsache bei dem nur anwendbaren
kleinen Mafsstab, eine gröfse Zahl rechtwinklig sich
schneidender Wege (der Friedhof ist ca. 148 Morgen grofs)
zu sehen wäre und es ja nicht möglich ist, die Schönheit
der Alleen deutlich zu machen. Die Gräbereinteilung des-
selben zeigt das Seite 46 abgebildete Bruchstück einiger
Gräberfelder. Die am Hauptwege liegenden mit römischen
Ziffern bezeichneten grofsen Grabstellen, sind sogenannte
Familiengräber. Sie sind 3,30 m breit, 5,03 m (16') tief
und für 6 Einzelgräber berechnet. Die Gräber an den
anderen Fahrwegen sind sogenannte Kaufgräber I. Klasse
und diejenigen an den schmalen inneren Wegen, welche
die Reihengräber umschliefsen, Kaufgräber II. Klasse. Die
Kaufgräber I. und II. Klasse liegen wie ersichtlich mit den
Kopfenden gegeneinander. Die Gröfse dieser, sowie der
Reihengräber für Erwachsene ist 2,20 m an 1,10 m (7' an
3'A'), der Reihengräber für Kinder 1,41 an 0,63 (4«/*' an 2').
Beim Beerdigen in den Reihengräbern wird in der Weise
verfahren, dafs eine Reihe (die Gräber in der Längsrichtung)
nach Bedarf ausgehoben und nach erfolgter Belegung mit
dem Aushub der zweiten Reihe gefüllt wird, ganz ähnlich
wie beim Rigolen verfahren wird. Es ist also möglich bis
zu 18 bezw. 25 Gräber in Vorrat zu halten.

Die Sterblichkeit der Erwachsenen unterliegt im all-
gemeinen nur geringen Schwankungen und ist daher diese
Vorratszahl nur selten notwendig. Die Sterblichkeit der
Kinder steigt jedoch in den heifsen Monaten Juli und
August stets so stark, dafs es keine Seltenheit ist, wenn
die Gräber einer Reihe und auch noch mehr an einem
Tage belegt werden. Es sind nur die oben erwähnten
2 Gröfson in den Reihengräbern unterschieden und wird
das Kindesalter nur bis zum vollendeten 8. Jahre gerechnet.
Die jährliche Beerdigungsziffer ist 5000—6000. Das Ver-
hältnis der Zahlen der bis zu 8 Jahren zu den der älter
Sterbenden entspricht fast genau dem goldenen Schnitt,
ebenso wie das Verhältnis der Anzahl der Gräber in einer
Reihe auf dem Kinder- oder Erwachsenen-Felde.

Für die Abmessung aller Wege und Zwischenräume
 
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