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Die Gartenkunst — 2.1900

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Meyer, F. W.: Felsanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0061

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DIE GARTENKUNST

Felspartieen.

Felsenanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten.

Vortrag von F. W. Meyer, Landsehaftsgärtner u. Gartenarchitekt

der Firma .Robert Veitch & Son, Exeter, England.
Gehalten in der Versammlung der Mitglieder der „Royal
Horticultural Society" am 13. Juni 1899.
(Schluss.)

Die allgemeine Anordnung eines Felsengartens
ist selbstverständlich von gröfster Wichtigkeit. Einmal ist
solche Anordnung fast ausschliefslich vom Geschmack ab-
hängig, für den sich keine Regeln aufstellen lassen, sodann
aber kommen noch viele andere Umstände in Betracht,
wie z. B. der Geldbeutel des Besitzers, die klimatischen
Verhältnisse, der Umfang der Anlage, das zur Verfügung
stehende Material, die zur Pflege vorhandenen Kräfte nach
Vollendung der Arbeit u. s. w.

Erst nach eingehender und wiederholter Erwägung
aller dieser — und vielleicht auch noch anderer — Punkte
sollte die beabsichtigte Felsenanlage in der üblichen Weise
abgesteckt worden. Die am tiefsten liegenden Teile, wie
etwa ein Teich oder ein Bach, werden zuerst abgesteckt,
damit die hier auszugrabende Erde nach den höher ge-
legenen Teilen geschafft werden kann, welche gleichfalls
schon beim Anfangen der Arbeit wenigstens annähernd
markiert werden sollten. Um beabsichtigte Effekte schon
im voraus beurteilen zu können, lasse ich in der Regel
mehrere Arbeiter gleichzeitig lange und kurze Stangen,
Bretter und dergleichen in verschiedenen Höhen und in
solchen Winkeln halten, als später die beabsichtigten Felsen
einnehmen sollen, so dafs man gleich beim Beginne der
Arbeit eine wenigstens annähernde Idee hat, wie diese
oder jene Felsengruppo am wirkungsvollsten sein würde.
Kleine Abänderungen vom Originalplan werden wohl häufig
vorkommen, denn die Verbesserung und Vervollkommnung
einer Idee erweckt im Laufe der Arbeit vielleicht wieder
andere Ideen, die die erste Idee bei weitem übertreffen,
aber über die Haupteffekte und deren Grundlagen sollte
man im voraus ein ziemlich klares Bild kaben, wenn man
nicht beständig wieder abreifsen will, was man früher ge-
baut hat. Ich halte es daher auch für unumgänglich
nötig, die Hauptteile einer Felsenanlage, von denen man
die beste Wirkung erwartet, zuerst, wenn auch nur in
rauhen Umrissen, zu gruppieren und dann erst die kleineren
Einzelheiten auszufüllen, in ähnlicher Weise, wie ein Land-
schaftsmaler bei der Herstellung eines harmonischen Bildes
verfahren würde.

Es giebt keine schlechtere oder unzweckmäfsigere
Baumethode, als etwa an einem Ende des Terrains anzu-
fangen und dann Schritt für Schritt gleichmäfsig fortzu-
fahren, bis entweder das andere Ende des Terrains erreicht,
oder das zu Gebote stehende Material erschöpft ist. Solche
gleichmäfsig gebauten „Felsenpartien" haben in der Regel
mehr Ähnlichkeit mit einer Prozession von Leichensteinen,
als mit schönen Naturfelsen. Niemals darf die „Felsen-
partie" als eine blofse Anhäufung von Steinen erscheinen,
was unvermeidlich ist, wenn die Stücke in mehr oder
weniger regelmäfsigen Entfernungen von einander auf-

gestellt wurden. Wenn jedoch die Steine so angeordnet
werden, dafs sie gröfsere und kleinere Gruppen an-
scheinend natürlicher Felsen bilden, so verschwinden die
einzelnen Steine zu Gunsten des Gesamtbildes. Selbst
einem einzelnen Steine kann durch richtige Behandlung
ein ganz anderes Aussehen verliehen werden. Legen wir
z. B. einen Stein von beliebiger Gröfse auf den Rasen,
was ist das Resultat'? Jedermann kann deutlich sehen, es
ist eben nur ein einzelner Stein, dessen unteres Ende
deutlich sichtbar ist. Entfernen wir jetzt einmal ringsum
den Rasen, wir versenken den Stein einige Zoll tief in die
Erde, füllen etwas Erde an die Seite, so dafs rings um
den Stein herum eine kleine wellenförmige Böschung ent-
steht, welche wir wieder mit Rasen belegen und fest an-
drücken. — Welch ein Unterschied! Der einzelne Stein
ist verschwunden und bildet jetzt anscheinend den Gipfel
einer unter der Erdoberfläche befindlichen Felsenmasse,
die an dieser Stelle durch unterirdische Hebungen durch
den Rasen hindurch emporgeschoben wurde. Setzen wir
nunmehr in einiger Entfernung von diesem Gipfel nicht
wieder einen einzelnen Stein, sondern eine Gruppe aus
10 oder 50 oder aus Hunderten von Steinen bestehend,
welche so verbunden sind, dafs sie einem zusammen-
hängenden grofsen Felsblock gleichen, dessen Fugen nicht
mit Cement oder Mörtel, sondern mit passenden Pflanzen
gefüllt sind; verstecken wir ferner die unteren Enden
sämtlicher dio Basis des Felsblocks bildenden Steine ent-
weder durch kleine Rasenböschungen, wie oben angedeutet,
oder durch Pflanzen-Teppiche; thun wir dies alles mit ge-
höriger Sorgfalt, so wird das Resultat ein geradezu
Staunen erregendes sein. Vor uns sehen wir nicht
Steine, sondern eine anscheinend solide Felsmasse, die tief
in die Erde hinein sich fortzusetzen und mit dem oben
erwähnten, in einiger Entfernung befindlichen einzelnen
Steine auf unterirdischem Wege in Verbindung zu stehen
scheint. Also nicht Steine, sondern Gruppen anscheinend
solider Felsen sollen unsern Felsengarten bilden.

Diese Gruppen sollten natürlich sowohl in Gestalt wie
in Gröfse beständig wechseln. Auch die Entfernungen solcher
Gruppen voneinander und die Behandlung der Zwischen-
räume müssen eine beständige Abwechselung bieten. Die
Unterbrechung und Trennung solcher Gruppen von ein-
ander mag hier durch einen mit Gras bekleideten Abhang,
dort durch mehr ebene Rasenflächen oder durch Trupps
von passenden Pflanzen bewirkt werden. Auch felsige
Stufen, tiefe Schluchten und Höhlen oder Spaltungen des
Gesteins, ein Teich, ein Bach oder irgend eine andere
natürliche Unterbrechung können solche Absonderung
motivieren. Niemals aber, auch nicht bei der allerkleinsten
Anlage sollte eine Felsenpartie ununterbrochen sein.*)

Falls wir es mit Felsen der ungeschichteten Art zu
thun haben, sollte die Verteilung der Gruppen, sowie die

*) Bei Abhaltung der Versammlung in London erläuterte
der Vortragende ganz besonders diese empfohlenen Unter-
brochungen durch 12 gröfse Felsenbilder eigner Konstruktion.
Einige dieser Bilder wurden (allerdings in kleinerem Mafs-
stabe) in der „Zeitschrift für Gartenkunst" und in der „Garten-
weit" illustriert.
 
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