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Die Gartenkunst — 4.1902

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Brügmann, Christian: Die Hochschule der Gartenkunst
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Luedtke, Hermann: Zur Hochschulfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0082

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DIE GARTENKUNST

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bereits vorhin angeführt sind, mufs Rat und Hilfe der
Gartenkunst eingeholt werden; und in neuerer Zeit ge-
schieht dies auch schon mehr und mehr: man leiht den
Vertretern der Garten- und Landschaftskunst ein williges
Ohr und läfst ihren Rat nie ganz aufser Acht. Giebt
nicht ein Ereignis, was das Herz eines jeden Gartenkünst-
lers höher schlagen läfst, hierzu weitere Beweggründe?
Ist es nicht ein Erfolg, aus dem jedem strebenden Pach-
manne In unserem Sinne ein Sporn zu neuen Anstren-
gungen erwächst, dafs der Tripsche Entwurf zum Bebau-
ungsplan der Stadt Linden einen so durchschlagenden Erfolg
erzielt hat?

Es ist ein Triumph für die gesamte deutsche Garten-
kunst und ein Erfolg, der weit über die vermeintlich der
Gartenkunst gesteckten Ziele und Grenzen hinausragt.

Was aber gottbegnadete Künstln' aus sich heraus
schufen, es darf nicht verloren gehen und der Vergessen-
heil anheim lallen, dazu soll uns die Hochschule helfen,
sie soll eine Stätte werden, wo jungen Männern, denen
wissenschaftliche Bildung das Studium der einschlägigen
Wissenschalten und Künste erleichtert, frei von der drücken-
den Sorge des täglichen Erwerbes, die ihnen beschiedene
Zeit ganz der Kunst widmen können.

Je mehr jemand gelernt hat, desto mehr sieht er ein,
wie viel ihm noch zu lernen übrig bleibt.

Wir bedürfen der Männer, die durch Wort, Schrifl
und Beispiel für die Hechte und Aufgaben unserer Kunst
eintreten, ohne dabei nur an Erwerbsangelegenheiten ge-
fesselt zu sein. Sind doch noch ungezählte Arbeiten, die
der Gartenkunst auszuführen würdig wären, in Händen von
Architekten, Bauingenieuren. Geometern und Forstbeamten.

Es ist nicht der Zweck meines Schreibens, diesen Be-
ruf szweigen hieraus einen Vorwurf machen zu wollen,
sondern die deutsche Gartenkunst war bisher noch ZU
jung und zu wenig populär und notgedrungen zu sehr nur
mit ihren eigenen inneren Angelegenheiten wie Konkurrenz
und dergleichen beschäftigt, um in erforderlicherweise
ihre Interressen nach aufsen wahrnehmen zu können.

Eine Einigung vollzieht sich aber immer mehr in der
Gruppenbildung des Voreins deutscher Gartenkünstler. die
Anforderungen werden gröfser. die man an jeden einzelnen
stellt, deshalb bedürfen wir um so mehr eines Instituts,
das in technischer, wissenschaftlicher und künstlerischer
Hinsicht allen Anforderungen entspricht und den erhöhten
Aufgaben der Neuzeit gerecht wird.

Die Gefahr der Einseitigkeif oder die Erziehung zum
Unpraktischen haben wir nicht zu fürchten. Begegnen
wir doch in anderen Berufsarten ganz entsprechenden
Verhältnissen, auch kann man von einem wahren Künstler
nicht die Routine jedes geringen geschäftlichen oder prak-
tischen Handgriffes verlangen; es bleibt doch für tüchtige
Praktiken ohnehin noch Raum und Stell genug übrig.

Gärtnerlehranstalten, pomologische Institute, Hoch-
schulen, ja sogar die Fortbildungsschulen haben alle voll-
auf ihren Zweck erfüllt und viel Gutes gestiftet, aber zur
weiteren Ausgestaltung der uns von der Kultur auferlegten
Aufgabe bedürfen wir auch unbedingt der Hochschule.

Zur Hochschulfrage.

S.dtr spät erst erhalten wir Kunde von den Bestre-
bungen. Dahlem zu einer Hochschule für unser Fach aus-
zubauen, violleicht schon zu spät, um die Beratungen noch
einmal der Erwägung empfehlen zu können; dennoch halten
wir es für eine Art von Schuldigkeit gegen die späteren
Besucher Dahlems, auch unsere Ansicht über diese Sache
auszusprechen.

Wir finden zunächst, dafs man wohl kaum einen un-
günstigeren Zeitpunkt für die Anregung der Hochschule
wählen konnte, als gerade den gegenwärtigen, in welchem
der Staatshaushalt mit einem gewaltigen Fehlbetrag rechnet
und Veruntreuungen der allerschlimmsten Art im Geschäfts-
Leben einen Zustand herbeigeführt haben, in welchem kein
Mensch dem andern traut und alles stocken will. Die
grofsen Kommunen suchen alles mögliche hervor, an was
sonst niemand gedacht hätte, nur um die Notleidenden
notdürftig zu beschäftigen, und wie lange das dauern kann,
vermag augenblicklich niemand zu sagen. Böse Aussichten
für die Hochschule!

Von wem die Anregung ausging? Das ist uns unbe-
kannt: vielleicht von einer geringen Anzahl Leute, die sieh
in hervorragender und ziemlich gesicherter Stellung be-
iluden, die aber das Pech haben, bei Gelegenheit von
Höherstehenden einmal etwas über die Achsel angesehen zu
werden. Dergleichen ist natürlich empfindlich; wir verlangen
aber von solchen Leuten auch, dafs sie derartigen Dingen mit
Mäfsigung und Festigkeit siegreich gegenübertreten können.

Wir sind gegen die Hochschule, weil sie nur sehr
wenigen von uns elwas nützen kann, indem es im Fache
doch nur wenige Stellungen giebt, welche den aufgewen-
deten Kosten und Anstrengungen gemäfs besoldet werden.
Auch wir wollen denen, die nach uns kommen, eine ge-
wisse Position in der Welt gesichert sehen; in welcher
Weise, darüber haben wir uns in dieser Zeitschrift im
Augustheft 1900 des weiteren ausgesprochen. Wir ver-
langten zur Aufnahme das Abiturientenexamen, um denen,
die im Fache keine Zukunft linden können, den Übergang
zu einem andern Fache zu erleichtern; denn darüber kann
kein Zweifel herrschen: wer von unsern Diensten Gebrauch
machen will, der mufs erst sehr viel andere Bedürfnisse
befriedigt haben und die Fälle, wo das Mäzenatentum sieh
eines der Unsrigen annimmt, wie es bei andern Künsten,
besonders bei der Malerei, so hervorragend geschieht,
diese dürfton an den zehn Fingern herzuzählen sein. Jede
ernstere Zeil aber trifft uns empfindlich! Das Legi nun
einmal in unserm Beruf. Hermann Lüdtke.

Nachschrift der Redaktion.
Getreu dem alten Spruche: Audiatur et altera pars,
haben wir auch einem Warnungsrufe gegen die Hoch-
schule Aufnahme in unserer Zeitschrift gewährt, da er von
einem ernsten und besonnenen Manne herrührt, der nur
manchmal etwas zu schwarz sieht; denn was der Land-
wirtschaft und den Künsten recht ist, sollte auch dem
Gartenbau und der Gartenkunst billig sein, und die besseren
Stellen werden auch mit der besseren Bildung kommen.
 
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