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Die Gartenkunst — 8.1906

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Einiges vom Walde und der Waldschönheitspflege: Vortrag im Gartenbauverein Darmstadt gehalten am 8. Dezember 1905
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Heicke, C.: Rückblick auf die Darmstädter Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0019

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vm, 1

DIE GAKTENK UNST

9

im Nadelholz selbst belebt das Bild. Betrachten Sie an
der Stralse nach Griesheim im Kiefernwalde die Pichten
und namentlich die Douglasflchton und Weymouthskiefern,
so werden Sie mir Recht geben. Einzelne Lärchen frei
über ihre Waldgenossen hervorragend schmücken nament-
lich im Frühling die Landschaft, ebenso die zeitig aus-
treibende Birke, Weido usw. Ein zusammenhängender
Nadelwald wirkt übrigens durch die Farbonabstui'ungen
in Grün idoch grofsartig namentlich im Winter, wie ein
Blick z. B. von der Marienhöhe aus uns zeigt.

Im allgemeinen besteht eine Vorliebe für den gemischten
Wald, der ja auch waldbaulich grol'se Vorzüge besitzt,
dessen Bewirtschaftung allerdings an den Forstmann grofse
Anforderungen stellt. In ästhetischer Beziehung ist
es wichtig, dafs der gemischte Wald die Möglich-
keit gibt, standortsgemäfs zu wirtschaften und
einzelne seltenere Holzarten wie z. B. die Eisbeere, den
Speierling und einzelne Fremdlinge mit ihren prachtvollen
bunten Herbstblättern an geeigneten Stellen anzubauen.
Auch hierfür finden Sie in den Darmstädter Laubwaldungen,
an der Bergstrafse u. s. f. reichliche Belege.

Um auch unseren Nachkommen gesunde Bäume zu
überliefern, müssen wir den Wald verjüngen, wobei alle
wirtschaftlichen Mafsnahmen unter dem Gesichts-
winkel der Waldschönheit zu prüfen sind. Ist nun
solches geschehen und der Jungwuchs wächst heran, dann
hat man nur einen WTunsch, dal's er von allen Gefahren
befreit bleiben möge. Genug wenn Hitze, Frost, Insekten
und Pilze ihn dezimieren. Aber wenn gar die Gattung
homo sapiens (?) ihn bedroht, so tut dies nicht nur jedem
Forstmann, sondern auch dem Naturfreunde wehe. Bös-
und mutwillig, auch gedankenlos werden die schönsten
und wertvollsten Triebe, das sind die Gipleltriebe, ab-
geschnitten, oder gar abgerissen, um bald darauf wieder
in den Müllkasten oder in den Ofen zu wandern. Warm-
herzige Waldfreunde bekämpfen erfreulicherweise diesen
Unfug prosaisch und poetisch.

Schule und Presse müssen uns im Kampfe gegen jene
Unsitte unterstützen. Leider sind es gerade unsere Damen,
die gerne die grölsten Sträufse nach Hause schleppen,
obwohl dies eigentlich dem ihnen angeborenen haus-
hälterischen Sinne und ihrer bekannten Ordnungsliebe
widerspricht. Seitenästo tun es doch auch; es müssen
nicht gerade die Gipfeltriebo die Zimmer schmücken.
Seien Sie mir nicht böse, wenn ich meinem Herzen Luft
gemacht habe. Im Stillen geben Sie mir doch Recht.

Jedes von uns mul's, da wir, wie oben bemerkt, den
Wald als Gemeingut in ethischer Hinsicht betrachten, sein
Teil zu dessen Erhaltung beitragen. Unsere Kinder sollen
uns einmal in dieser Hinsicht keine Unterlassungssünden
vorwerfen. Der Wald, den C. M. v. Wober, Kreutzer,
Mendelssohn, Silcher, Mozart, Wagner u. a. m. durch die
Musik und Goethe, Schiller, Unland, Franz von Kobell,
von Eichendorff und viele andere poetisch gepriesen haben,
soll nach Riehl der Turnplatz der Jugend und oft auch
die Festhalle der Alten sein.

Wie Sie alle wissen, ist die Porstverwaltung in Hessen
bestrebt, nicht den Naturfreunden den WTaldbesuch zu

verkümmern, sondern zu erleichtern. Allenthalben werden
schöne bequeme Spazierwege angelegt, Bänke aufgestellt
,— hier in Darmstadt geschieht dies durch den Ver-
schönerungsverein —, Durchblicke geschaffen, Felspartien
zugänglich gemacht. Dies alles sind forstästhetische Auf-
gaben. Als eine solche ist auch zu betrachten, dafs wir
bei Errichtung von Brücken, Hütten und Häusern
im Walde nicht gleich mit dem allerdings bequemen
und vielfach billigeren Eisen kommen, das unnatür-
lich im Walde aussieht, sondern dal's wir möglichst Holz
und Stein verwenden. So sind neuerdings im Odenwalde
bei Beerfelden, bei Jugenheim und im oberen Vogelsberg
Blockhäuser an den gröfseren Pflanzgärten von unseren
Oberförstern errichtet worden, die in die Waldlandschaft
vorzüglich passen.

Bei meinen Ausführungen hatte ich, m. D. u. IL, immer
nur den Hochwald im Auge. Nur er genügt allen ästheti-
schen Anforderungen. Nicht aber ist dies bei dem Nieder-
wald, am wenigsten bei dem Eichenschälwald der Fall.
Recht schön kann ja ein Mittelwald mit mächtigem, altem
Oberholze sein, doch befriedigt er in wirtschaftlicher Hinsicht
nicht und pafst zudem nur für wenige Standorte z. B. für
Auen. Am wohlsten fühlen wir uns im Hochwald mit
seinem Wechsel in den Altersstufen. Über oder neben
flottwachsender Schonung stehen mächtige breitkronige
Althölzer von 100 und mehr Jahren. Weiterhin begegnen
wir prächtigen Stangenhölzern, von denen man hoffen darf,
dal's sie einst unseren Nachkommen dieselben wertvollen
und schönen Althölzer in gesunder Form liefern werden,
wie wir sie jetzt in jener ältesten Klasse bewundern können.
Nur der Kurzsichtige begreift nicht, warum auch im Walde
der ewige Kreislauf Gesetz ist.

.. Wollte ich eingehender die Waldschönheitspflege be-
handeln, dann müfste ich Ihre Geduld zu lange in Anspruch
nehmen. Es soll mich freuen, wenn mir durch meine
Ausführungen der Nachweis gelungen ist, dafs die Forst-
wirtschaft bestrebt ist, immer mehr eine Porstkunst
zu werden. Die beste Lehrmeisterin dabei ist und
bleibt die Natur selbst. Sie kann man nachahmen
aber nicht verbessern.

Ausstellungen.

Rückblick auf die Darmstädter Ausstellung.

Die Darmstädter Ausstellung ist zwar vorüber,
aber die Erörterungen, zu denen sie Anlal's gegeben hat,
werden wohl noch eine Weile fortgesponnen werden, wie
das bei der Bedeutung der Sache ja auch nur natürlich
erscheint.

Wir werden deshalb nicht umhin können, noch hin
und wieder darauf zurückzukommen, sei es um eine be-
sonders beachtenswerte Äul'serung zur Kenntnis unserer
Leser zu bringen, sei es um anknüpfend an solche unsere
Meinung zu sagen.

Insbesondere sind es die Kunstzeitschriften und
Architekturblätter, die immer wieder die Olbrichschen

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