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Die Gartenkunst — 9.1907

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150

DIE GARTENKUNST

IX, 7

ich Wußte mit dem Titel nicht recht etwas anzufangen.
„Vorschläge zur Verbindung der Porstästhetik mit
rationeller Forstwirtschaft" passen in mein System nicht
hinein. Das gefällt nicht hesser, als wenn jemand schreiben
wollte: Vorschläge zur Verbindung der Gartenkunst mit
rationellem Gärtnereibetriebe, oder: Vorschläge zur Verbindung
der Lehre von der Baukunst mit dem Maurergewerbe. — Die
Forstästhetik soll nicht mit der Forstwirtschaft „verbunden"
werden, sondern sie soll aus ihr hervorgehen — das hat mm
aber Professor Felder selbst nicht durchaus verkannt, denn er
bekennt sich zu dem Satz, den schon König in seiner Wald-
pflege ausgesprochen hat: „Der Wald in seiner höchsten
forstlichen Vollkommenheit ist auch in seinem
schönsten Zustande."

Der Herr Verfasser hat sich bemüht, in den einleitenden
Kapiteln „über einzelne Grundbegriffe in möglichster
Einfachheit und gedrängtester Kürze zu orientieren".
Dieser Versuch ist mißlungen, und wäre besser ganz unter-
blieben, denn Felder unterschätzt den Wert der spekulativen
Ästhetik. Es ist ja richtig, daß die schematische Anwendung
ästhetischer Grundregeln für sich allein noch nicht genügt,
um ein hervorragendes Kunstwerk zu schaffen; aber es ist
nicht minder wahr, daß der Künstler sich niemals ungestraft
über auerkannte Kunstregeln hinwegsetzt.

Felder hat ganz richtig erkannt, daß der Forstkünstler auf
dem Gebiet der Gartenkunst einigermaßen Bescheid wissen
muß: die Betrachtungen aber, welche er der Gartenkunst
widmet, sind unzulänglich. Vom englischen „Gartenbau"
bemerkt er: „Statt langgezogener Straßen schlängeln sich die
Wege um Gehölzgruppen" — er hätte hinzufügen sollen, daß
Fürst Pückler uns gelehrt hat. schön geschwungene Wege
durch daslnnereder Gehölzgruppen hin dar chzu fuhren.

Diese Bemängelungen beziehen sich auf das Titelblatt und
die ersten sieben Seiten. Von da an habe ich das Buch mit
zunehmendem Interesse und großer Befriedigung gelesen. Es
erscheint wohl geeignet, in weiten Kreisen aufklärend
zu wirken und ebenso unter Forstleuten wie im
großen Publikum Verständnis und Neigung für
Waldschönheitspflege zu wecken. Besonders eingehend
sind diejenigen Aufgaben behandelt, mit welchen die Ver-
schönerungsvereine sich zu beschäftigen haben, wie z. B.
die Herstellung von Bänken.

Es ist wohl nur ein wenig glücklich gewählter Ausdruck,
wenn der Herr Verfasser (Seite 24) die Verschönerung so weit
zu treiben anrät, daß der Wald zum Naturpark wird.' „Die
Freude an der Natur," so schreibt er, „die Freude am Wald
muß zum Gemeingut aller werden. Von des Tages Mühen
und den Beschwerden der Woche niedergedrückt, soll jedem
Gelegenheit geboten werden, in einem zum. Naturpark ge-
schaffenen Walde Erholung und neue Lebenslust zu schöpfen."
— So weit dürfen es die Verschönerungsvereine aber nicht
treiben, daß ein Mittelding zwischen Forst und Park entsteht.
Daß selbst der scharf rechnende Forstmann ästhetischen
Forderungen gerecht werden kann, ohne seinen wirtschaftlichen
Grundsätzen untreu zu werden, beweist uns Dr. Felder an
vielen Stellen, so z. B. bei Berechnung des vorteilhaftesten
Umtriebsalters, indem er den Vorschlag macht, „daß in die
mathematischen Formeln ein Faktor eingeschlossen
werden soll, der die Leistungen des Waldes in all-
gemein volkswirtschaftlicher Bedeutung, auch da,
wo er nicht eine Schutzwaldrolle spielt, zum Aus-
druck bringt". — Durch derartiges Rechnen wird der Forst
lange nicht zum Park, denn Park und Rechnen, das sind un-
versöhnliche Gegensätze.

Große Bedeutung haben für die Schweiz die Mahnungen
des Verfassers, die althergebrachte Waldweidewirtschaft
nicht ganz aufzugeben. Er schildert diese Wirtschaft zu-
treffend wie folgt: „Bei dem sogenannten Weidewaldbetrieb
(Paturage boise) wird die Fläche nicht ausschließlich zur Holz-
produktion benutzt.

Zwischen plenterartigen Waldbeständen — Waldgruppen
— finden sich größere oder kleinere Partien unbestockter,
beraster Flächen, auf denen das Vieh Nahrung sucht und
findet. Der Wald wird belebter durch eine nützliche Tierwelt.
Man erhält den Eindruck, daß hier zwei. Wirtschaftssysteme,
Wald und Weidewirtschaft, friedlich ineinander übergreifen,
bisher friedlich nebeneinander bestanden, und wenn nicht von
hüben oder drüben gewaltsame Übergriffe stattfinden, auch in
Zukunft friedlich nebeneinander bestehen können."

Bei uns in Deutschland oder doch wenigstens in Nord-
deutschland sind die alten Hutewälder schon sehr selten ge-
worden. Als der Rest eines solchen ist der sogenannte Neuen-
burger Urwald im Oldenburgischen berühmt. Man sollte sich
angelegen sein lassen, diese malerischeste aller Kulturformen
hier und da, und wenn es auch sein müßte, mit Opfern, in
einzelnen charakteristischen Proben ebenso zu erhalten, be-
ziehentlich neu darzustellen, wie man längst überwundene
Bauformen durch Erhaltung des Bestehenden oder durch Neu-
errichtung — ich erinnere an die Kirche Wang im Riesen-
gebirge — für die Nachwelt lebendig erhält.

Man läßt es sich jetzt angelegen sein, in der Nähe von
Städten und Kuranstalten Kahlhiebe zu vermeiden, indem man
größere Forstorte für horstweisen Plenterbetrieb aus-
scheidet; das ist sehr wohlgemeint und für die Monate Juli
und August auch ganz am Platze — für die zehn anderen
Monate ist es verfehlt. Die Sonnenstrahlen, welche wir im
Hochsommer fliehen, genießen wir in anderen Jahreszeiten
gern — im Hutewald wird man sie reichlich finden. Vor dem
Park hat dieser die Belebung durch das Weidevieh voraus —
Wieviel Norddeutsche gibt es wohl, die schon einmal eine
Ziege auf der Weide beobachtet haben'? ! und seine Unter-
haltung, weit entfernt Kosten zu verursachen, kann Über-
schüsse gewähren.

Sehr lebhaft interessiert sich Felder für die Bestrebungen
des „Bundes Heimatschutz". Er verzeichnet unter Quellen-
angabe was in dieser Richtung in der Schweiz, in Preußen
und anderen deutschen Bundesstaaten, in Österreich und
Frankreich schon geleistet worden ist, oder noch angestrebt
wird; er nennt auch die älteren forstästhetischen Werke, die
ihrerseits ausgiebige Literaturverzeichnisse besitzen.

Wer sich in das nun schon umfangreiche Gebiet der
Forstästhetik einarbeiten will, wird ganz gut tun, Felders
„Natur und Kunst im Walde" als ersten Leitfaden zu
benutzen.

Von den durchweg lehrreichen und z. T. sehr hübschen
Abbildungen sind Probon in dieser Besprechung aufgenommen.
(Seito 146—149.)

Personalnachrichten.

Trip, Stadtgartendirektor in Hannover, der I. Vorsitzende
der D. G. f. G., hat eines Herzleidens wegen soeben eine Kur
in Bad Nauheim beendet, nachdem ein längerer Aufenthalt an
der Riviera im vorigen Winter die erhoffte Besserung nicht
gebracht hatte. Gegenwärtig weilt Herr Trip zur weiteren Er-
holung am Chiemsee.

Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendiroktor Heicke, Frankfurt a. M. - Verlag von Gebrüder Borntraeger, Berlin SW. 11,

Dessauer Strasse 29. — Druck von A., W. Hayn's Fjrben, Potsdam.
 
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