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Die Gartenkunst — 9.1907

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Wettbewerb Zentralfriedhof Mannheim
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Erläuterungsbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0167

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IX, 8

DIE GARTENKUNST

161

Publikums. Zu gleichem Zweck kann auch die Vorhalle des
Raumes für Trauerfeierlichkeiten benutzt werden, so daß fürs
erste wohl genügend in dieser Beziehung vorgesorgt ist. Der
innere Vorplatz bei den Portalbauten wird in ernst feierlicher
Weisevon Pyramidenpappelnhalbkreisförmig umschlossen, denen
breite, einfarbig bepflanzte Blumenstücke vorgelagert sind.
Den neben der Hauptallee rechtsseitig laufenden Fußweg be-
gleiten ebenfalls Blumenrabatten.

In der südwestlichen Ecke des Friedhofes liegt die
Gärtnerei mit den nötigen Bauten in der Gesamtgröße von
40 ar. Ein besonderes Einlaßtor für die elektrische Bahn dient
zugleich dem Verkehr aller für den gärtnerischen Betrieb in
Betracht kommenden Fuhren, die man wohl gern vom Fried-
hofsportal entfernt halten wird.

Den zweiten wichtigen Anhalts- und Ausgangspunkt bei der
Geländeeinteilung und Grabfeldervertoilung bildet der keilförmig
ins ebene Gelände einspringende Anhöhezug, der unter Wah-
rung seiner natürlichen Beschaffenheit dazu ausersehen ist, an
seinen Abhängen die bevorzugten Grabstätten, wie Grüfte und
Erbbegräbnisse aufzunehmen. Dieser Absicht entsprechend
soll die dichtere Kiefernwaldpflanzung der höchsten Punkte
nach unten hin in lockere, hainartige Gestaltung übergehen,
wobei durch stellenweise Anpflanzung anderer Koniferen und
Birken für größere Mannigfaltigkeit gesorgt werden kann.
Diese Waldanlage soll ganz schlicht und ohne jede Effekt-
hascherei aufgepflanzt werden, und sich als Fortsetzung der
nahen Kiefernbestände unaufdringlich in den Friedhof er-
strecken; die eigentliche gärtnerische Kunst soll sich nur mit
der wirksamen Einfügung der Grabstätten und deren Bepflan-
zung im einzelnen befassen. Zur Anlage teurer Begräbnis-
stellen wären auch die platzartig erweiterten Kreuzungen der
Hauptwege geeignet, die natürlich, was Bepflanzung und räum-
liche Wirkung anbelangt, besonders reizvoll auszustatten
wären; in welcher Art das geschehen könnte, zeigen die bei-
gegebenen perspektivischen Zeichnungen.

Die Kiefernmasse der Anhöhe erstreckt sich, die Wiese
umfassend, bis zur Hauptgebäudegruppe in des Friedhofs
Mitte und trennt im Verein mit den beiden Hauptalleen den
Friedhof in drei fast gleich große Teile, von denen jeder
mittelst streng zweckmäßiger (von der Mitte ausstrahlender)
Wegeführung in Grabfelder geteilt ist in einem aus Grabgröße
und örtlicher Sterblichkeit sich ergebenden Flächenverhältnis.

Durch die verschwenderische Größe des Kindergrabes —
wie sie die im Programm angegebenen Maße ergeben — geht
viel Beerdigungsfläche verloren (anderwärts beträgt das Grab-
maß für die in der Mehrzahl sterbenden kleinen Kinder nur
1 qm). Der Friedhof wird vor Ablauf einer mittleren Liegefrist
(25—30 Jahre) selbst bei stärkster Ausnutzung der Flächen für
Reihengräber belegt sein. Er kann nach vorliegendem Ent-
wurf etwas über 50 000 Reihengrabstellen aufnehmen (ohne
rund 4000 Familiengrab- und Gruftstellen), mithin wäre er
bei Aufnahme von 3000 Leichen jährlich in 17—18 Jahren
belegt.

Die Familiengräber sind nur zum kleinen Teil entlang
einiger Hauptwege an Stellen günstiger Sonnenlage angeordnet;
die meisten sind dagegen zu größeren zusammenhängenden
Quartieren in der Nähe der Eingänge vereinigt, wo gangartige
und platzförmige Anordnungen abwechseln. Die Anzahl der
Einzelstellen der Familiengräber beträgt 3700, also l/i3 der
Gesamtzahl aller Gräber.

Die Auswahl der Bäume und Sträucher muß sich natür-
lich den dortigen Bodenverhältnissen anpassen und auf im
Sandboden sich gut entwickelnde Gehölze beschränken. Für
die Hauptalleen ist eine kräftig wachsende, vollkronige Ulmen-

art angenommen. Zu beiden Seiten der KieEernhöhe sollen
Birkenalleen in nachlässig gesetzter Reihung führen. Die ein-
seitige Allee von der Gärtnerei nach der südlichsten Spitze des
Friedhofes soll aus ungeschnittenen Kugelakazien gebildet
werden. Auch sonst sollen, wo nur angängig, wie auch im
Plan vielfach angedeutet, schattige Gänge aus Hochsträuchern
und kleinen Bäumen angelegt werden (Hainbuche, Ahorn,
Hollunder, Syringen). Besonders den randführenden Fahrweg,
der vom Haupteingang ausgehend sich bis zur Lamperthainer
Straße hinzieht, begleite seitlich ein schattiger Fußweg, dessen
Bepflanzung sich mit der Zeit dachförmig schließen soll. Bei
zusammenhängenden Pflanzungen herrsche eine Art stets vor,
die jedoch stellenweise unterbrochen, d. h. untermischt werden
kann. Manche Wege und Gänge sollen auf diese Weise ein
stark charakteristisches Gepräge erhalten, das sehr das Zurecht-
finden auf dem Friedhofe erleichtern wird. Lange, etwas
gleichförmige Wegefluchten sind hier und da, besonders bei
Wegekreuzungen oder -abzweigungen durch geeignete Baum-
gruppen oder vorgesetzte Sträucher für den Blick abzuschließen
oder zu unterbrechen, auch Brunnenplätze können hier reiz-
volle Abwechselungen bilden. Im übrigen wären die Brunnen
reichlich im Innern der Grabfelder, von allen Richtungen leicht
zugänglich anzulegen (Grund für die öftere Benutzung der
Diagonalwege) und zugleich als schattige, angenehme Ruhe-
plätze auszubilden.

Für Erdaufbewahrung, Komposthaufen und als Abraum-
lager soll der Platz hinter den Leichenhallen, sowie der an
der Südecke bei der Lamperthaiuerstraße angegebene Platz
dienen; ratsam wäre allerdings, je nach der Inangriffnahme der
Belegung, auch an anderen Stellen für diesen Zweck Vorsorge
zu treffen.

Die Anlage des Friedhofes wird am praktischsten in drei
Abschnitten erfolgen im Anschluß an Haupteingang, Gärtnerei
und Leichenhallen, doch läßt sich auch bequem eine Vier-
teilung der Arbeitsfolge vornehmen.

Erläuteruiigsbericht.

Zu dem mit dem III. Preise ausgezeichneten Entwurf
von H. Gerstadt-Frankfurt a. M.

Kennwort: Man kann's auch so machen.

Im vorliegenden Entwurf wurden die meisten Erfahrungen
auf dem Gebiete moderner Friedhofsanlagen in jeder Beziehung
berücksichtigt. Das Hauptaugenmerk richtete sich auf die
praktische Einteilung unter Innehaltung des parkartigen Ge-
samtbildes.

Das Programm, das nicht durch enggezogene Grenzen dem
Schaffenden in dem Entwurf schon hindernden Zwang auflegt,
stellt das begründete Verlangen nach einer reichlich abge-
messenen Vorfahrt. Dem ist der Entwurf in weitem Maße
entgegengekommen, durch die Anlegung des Haupteingangs
rechtwinklig zum Sandhoferweg, wodurch die einspringende
Ecke dort ihre störende Wirkung verlor. Durch die Ab-
schwenkung aus der Richtung des Hauptaufschlußwegs ist der
Blick zur Leichenkapelle von der Verkehrsstraße aus genommen
und der Eingang erscheint als ein Ganzes für sich, was ihm
einen vornehmeren Charakter gibt, als wenn bei Innehaltung
der Achsenrichtung der Eingang nur als das eine Ende des
Hauptwegs erscheint und in vorliegendem Falle die Zurseite-
schiebung des Hochkreuzes bedingt hätte, wenn es nicht in
 
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