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Die Gartenkunst — 9.1907

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Heicke, C.: Stadtische Mietgärten in München, [2]: nach Mitteilungen vom Städt. Bauamtmann L. Schachner München
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Engelhardt, Walter von: Das Baumaterial der heutigen Gartenkunst: Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0179

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IX, 9

DIE GARTENKUNST

173

gärten baldmöglichst Sorge zu tragen, zumal sich ein Be-
dürfnis nach solchen bereits in breiten Schichten des
Volkes kundgegeben hat. —

Gleichzeitig mit diesem Bericht gelangte im März
1906 ein Entwurf des Bauamtmanns Schachner zur Vor-
lage, der die Einrichtung einer Mietgartenanlage auf einem
städtischen Gelände im Nordosten der Stadt vorsah, wo
bereits Straßenbahnverbindung und Wasserleitungsanschluß
vorhanden war. Der Entwurf wurde zur weiteren Prüfung
einem Ausschusse überwiesen, dem unter andern auch
Stadtgärtendirektor Heiler und Gemeindebevollmächtigtor
Buchner angehörten.

Nach längeren Verhandlungen in diesem Ausschüsse,
im Magistrat und im Gemeindekollegium, bei denen in
der Hauptsache eine wesentliche Herabminderung der
ursprünglich auf 43 000 Mark veranschlagten Kosten
unter Vereinfachung der geplanten Ausstattung der Gärten
herbeigeführt wurde, fand der Schachnersche Entwurf
die definitive Genehmigung.

Auf Seite 171 ist der Lageplan der ganzen Anlage
wiedergegeben. Über dio bei der Einrichtung und für
den Betrieb maßgebenden Grundsätze ist zu berichten:

Dio Anlage umfaßt eine Fläche von 49 098 qm mit
180 einzelnen. Gartenteilen im Ausmaße von mindestens
120 und höchstens 270 qm; einige Gärten an den Ecken
sind noch größer und erreichen ein Flächenausmaß bis
zu 440 qm.

Sie zerfällt durch die im Interesse der Jugend not-
wendige, von Nord nach Süd verlaufende Spielplatzanlago
mit Brunnen, Bedürfnisanstalt und Unterstandshalle in
zwei Teile. Die Ostseite umfaßt 104 Gärten, die West-
seite 76 Gärten. Ein Toll der Gärten ist von einem
Verein „Heimgartenbund", einige sind von der Fortbildungs-
schule für Gärtner ermietet, der Rest von anderen Inter-
essenten.

Selbstverständlich werden diese Gärten nicht zu
gewerblichen Zwecken, auch nicht zur Errichtung von
festen Bauwerken bzw. zu Wohnzwecken vergobon.

Nach dem Projekte übernimmt die Stadtgemeinde:

a) die Kosten für dio Bereitstellung der Mietgärten
und die Anlage von Wegen innerhalb dos Miet-
gartenareals;

b) die Kosten für die Anlage von Spielplätzen und
die Herstellung von Baumpflanzungon, von Brunnen,
die Aufstellung von Bänken innerhalb des Spiol-
platzareals;

c) die Kosten für die Wasserzuleitung (jeder Garten
erhält seine eigene Wasserzuleitung, Steigrohr
und Auslaufhahn) und für dio Anlage der not-
wendigen Abort- und Versitzgrubon;

d) dio Kosten für die Bedürfnisanstalt und die
damit verbundene offene Halle.

Zu den Kosten tit. a zählt insbesondere dio Um-
friedung dos gesamten Areals mit Hannichelzaun, die
ebenso, wie die einzelnen Gartenabschlüsse, nach den Er-
fahrungen in anderen Städten einheitlich und solid her-
zustellen ist und demnach den einzelnen Mietern oder
auch hinein Verein nicht überlassen werden kann, wenn

nicht schon das äußere Ansehen der ganzen Kolonie
beeinträchtigt werden soll. Die Gehwege innerhalb der
Kolonie sind von den Kolonisten zu unterhalten, weil sie
dem Verkehr in der Kolonie dienen, ihre erstmalige An-
lage obliegt der Unternehmerin, also der Stadtgemeinde,
die auch das gesamte Grundstück vorher durch Pflügen usw.
für die gärtnerische Benutzung herzurichten hat.

Die Spielplatzanlago ist 84 m lang und 32,50 m
breit; sie umfaßt eine Fläche von 6861 qm und ist von
einer Doppelallee eingerahmt, die auch später einmal
bleiben kann, wenn die ganze Anlage der Bebauung zugeführt
werden sollte. Die Benutzung des Spielplatzes ist nur
den Kolonisten gestattet. Die Aufsicht und die Bedienung
der Bedürfnisanstalt ist den Kolonisten überlassen.

Der Bestand der Anlage ist vorerst auf 15 Jahre in
Aussicht genommen. Der Mietpreis beträgt für die ersten
Pächter 16 Pf. pro qm, später sollen 18 Pf. gezahlt werden.
Es ergibt dies eine Rente von rund 5500 Mark, die für
Verzinsung und Unterhaltung vollkommen ausreicht.

Damit dürfte auch für München der Anfang gemacht
sein, die Neigung zum Gartenleben in denjenigen Kreisen
neu zu beleben, denen sie mangels eigenen Besitzes und
sonstiger Gelegenheit zur Betätigung nach und nach ab-
handen gekommen war, ähnlich wie dem Maulwurf das
Sehen. Die Bedenken, in den Kreisen, auf welche der-
artige Einrichtungen berechnet sind, sei kein Bedürfnis
und Verlangen danach vorhanden, da der echte Münchener
lieber auf den Keller anstatt in den Garten gehe, sind
bereits widerlegt, indem die vorgesehenen 180 Gärtchen
alsbald nach Bekanntwerden des Planes fast sämtlich ver-
geben werden konnten und bereits eine Vereinigung
„Heimgartenbund" zur Förderung der Sache entstanden
ist. So darf erwartet werden, daß dieses von der Stadt
gegebene Beispiel vorbildlich sein und anregend auf weite
Kreise wirken werde.

Zum Schlüsse bleibt mir noch übrig, Herrn Bauamt-
mann Schachner, München, für das mir freundlichst
überlassene Material zu diesem Berichte verbindlichst zu
danken. . Heicko.

Das Baumaterial der heutigen Gartenkunst.

Von Frhr. von Engelhardt.

(Vortrag in der Sitzung der Gruppe Rheinland, gehalten am
11. August 1907 in Benrath.)

Meine Herren! EMo heutige Gartenkunst stelle ich
nicht in Gegensatz zu der ganzen bisherigen Gartenkunst,
als hätte unsere Zeit etwas Besonderes und Neues ent-
deckt und geschaffen. Wohl aber stelle ich das Wort
„heutige Gartenkunst" in Gegensatz zu der jüngst ver-
gangenen Zeit und ähnlichen Zeitabschnitten der Ge-
schichte, deren Park- und Gartenanlagen davon Zeugnis
ablegen, daß unsere Kunst, wenn auch mit Ausnahmen,
auf ungesundem Boden stand, daß ihre Blüten meist ver-
bildet und ohne-Duft, ihre Früchte größtenteils unreif und
charakterlos, geschmacklos und daher für feiner gebildete
Sinne ungenießbar blieben. — Schuld daran war seitens
 
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