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Die Gartenkunst — 9.1907

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Kiehl, W.: Schloß Rogalin, sein Park und seine Eichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0189

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IX, 9

DIE GARTENKUNST

183

SchloCs Rogalill, sein Park und seine Eichen. leicht bergan, geht nun der Weg anfangs über kahle

Von Kiehl, Saaleck b. Kösen, Plächen etwa oino Viertelstunde entlang, bis der Wald-

park von Rogahn erreicht wird. Wie ein ehrwürdiger
Schloß Rogahn in der Provinz Posen dürfte wohl fast Wächter steht gleich am Eingang zum Park eine mächtige
allen Lesern der Gartenkunst unbekannt sein, und doch ist Eiche, in deren Stamm ein kleines Madonnenbildchen ein-
es mit der beachtenswerteste Punkt der ganzen Provinz, gelassen ist. Auf sauberem, gut gehaltenem Wege geht
Doch wie wenige, selbst geborene Posener, haben etwas es nun weiter; immer zahlreicher werden jetzt die riesigen
davon gehört, geschweige denn gesehen. Es müssen die Eichen. Einen Schatz von ungeheurem Wert birgt dieser
Fremden kommen, um den Posenern zu sagen und zu zeigen, Park in seinen Eichen. Es gibt wohl kaum in ganz
daß auch ihre Provinz nicht arm ist an Kunstwerken Deutschland einen Ort, wo in so großer Zahl und in so ge-
und Naturschönheiten, die sich den Reizen anderer von sundem Zustande und so sorgfältig gehütet derartige
Natur und Kunst reicher bedachten Gegenden getrost Baumriesen vorhanden sind. Hier wird Naturdenkmals-
an die Seite stellen schütz in vollende-

können. Ihre Schön-
heiten wollen nur
gesucht sein, zu
finden sind sie, und
der suchende Wan-
derer wird oft
überreich belohnt
für die zuweilen

anstrengenden
Märsche; denn wan-
dern muß man
können, auch muß
man zufrieden sein
mit einem einfachen
ländlichen Butter-
brod und einer
meist tadellosen
Grätzer, diesem
Posener Erzeugnis.
Wie oft bildete
dies unser Mittags-
brot, und wie oft

ter Weise betrieben.
Alle diese Eichen
sind gleich male-
risch und über alles
schön und einzig da-
stehend in unseren
deutschen Wäldern
und Gärten (Abb. 2
u.3, S. 184 u. 185).
Ich habe Rogahn im
Sommer und im
Winter besucht, und
ich weiß nicht,
welche Jahreszeit
ich für den Besuch
vorziehen soll. Im
Sommer sind es
die gewaltigen
dunkelgrünen Laub-
massen, die über-
raschen, im Winter
steht man staunend

sind wir dadurch Abb- L Kirche ™ Bogaüneg. vor diesem unend-
gestärkt weiter- liehen Astgewirr,
gezogen. Ja, einige Male bot uns der Wald selbst mit seiner Man merkt sofort, daß diese Bäume dem Besitzer Rogahns,
überreichen Fülle an Erd- und Heidelbeeren ein er- dem Grafen Raczynski, wie seinen Vorfahren ans Herz ge-
frischendes Mahl. Daher ist's Wandern in Posen auch wachsen sind. Jeder abgestorbene Ast wird sorgfältig-
billig. Ein weiterer, mir sehr willkommener Umstand ist entfernt, die Wunde wird mit Dachpappe geschützt oder,
der, daß man während des ganzen Tages fast nie einen wenn sie tiefer geht, ausgemauert. Keiner der Bäume
Menschen trifft, mit Ausnahme einiger Landleute, die sehr wird gefällt des Geldes wegen, sie alle gehen schließlich
erstaunt sind, daß sich in ihre Gegend auch einmal ein nur an „Altersschwäche" zugrunde. Der älteste und
Städter verirrt. Doch von den Wanderungen durch Posen stärkste Stamm, leider nur noch eine Ruine, hat sogar
violleicht ein andermal und zurück nach Rogahn. ein vollständiges Ziegeldach erhalten und ist am ganzen
Von der Provinzialhauptstadt Posen führt uns die Leib geflickt, nur um sein Leben so lang als möglich zu
Bahn in ca. 30 Minuten nach dem Landstädtchen Moschin erhalten (Abb. 4, S. 185). Dieser Stamm hat, einen halben
am Obrakanal; von hier geht es über die Bahn hinweg Meter über den Boden gemessen, reichlich 4 m Durchmesser,
durch Felder und Wiesen und zuweilen durch lichten Wie winzig der Mensch dagegen aussieht, zeigt die Abbil-
Kiefernwald bis zur Warthe, die sich jetzt im Sommer dung. Stämme von 3 m Durchmesser sind sehr zahlreich vor-
als etwa 10—20 m breites ruhiges Flüßchen durch die banden, 2—2'/2 m sind die meisten stark, und Kronen-
teils flache, teils leicht bewegte Landschaft schlängelt, durchmesser von 30—40 m sind ebenfalls recht häufig.
Von drüben grüßt freundlich das kleine, bescheidene Holz- Trotz des hohen Alters der Bäume ist ihr Aussehen
kirchlein des Fischerdorfes Rogalineg (Abb. 1). Man könnte noch so gesund und ihre Entwickelung so urwüchsig, wie
fast glauben, in einem der kleinen Fischerdörfer an der Ostsee die verschiedenen Abbildungen im belaubten und kahlen
zu sein, wenn es nicht an der Warthe wäre, so breit und flach Zustande zeigen. Ein Fußweg, noch schöner als der
und sandig ist hier das Ufer. Am alten Heiligenstein vorbei, eben geschilderte Fahrweg, geht gleich hinter der
 
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