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Die Gartenkunst — 12.1910

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Zobel, Victor: Über Gartenkunst in Frankreich
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0114

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106

DIE GARTENKUNST.

XII, 6

Von dem vielen Guten, das von Le Nötre's Werken gesagt
und gezeigt wird, erwähne ich nur eine sehr interessante Gegen-
überstellung der Pläne des Tuilerien-Gartens, von denen der
eine aus Boyceau's Zeit stammt, während der andere die
Formen zeigt, wie sie Le Nötre umgestaltete. Auch was in
kurzen Stichworten als die Eigenart der Kunst Le Nötre's be-
zeichnet wird, darf wohl hierhergesetzt werden.

„Der Garten", heißt es da, „wird charakterisiert durch die
majestätische Haltung des Ganzen, durch das Mali und das glückliche
Ausgewogensein seiner Einzelheiten, die symmetrisch angeordnet
sind; durch sein schönes Zusammenklingen mit dem Wohnbau, für
den er einen prächtigen Rahmen bildet; endlich durch den gewählten
Reichtum seines Schmuckes in Stein, Marmor oder Bronze, in Ter-
rassen, Treppen, Blumenstücken, Laubwerk und farbigen Stoffen;
durch Rundteile, Wasserpyramiden, Springbrunnen und Kaskaden;
Architekturen aus Gitterwerk oder aus lebendem Grün, Kunstwerke,
Statuen, Vasen usw."

Vielleicht interessanter noch als die Schilderung der Zeit
Ludwig XIV., über die ja unendlich viel veröffentlicht worden
ist, sind die nun folgenden Abschnitte, welche die Regierungs-
zeit Ludwig XV. und den allmählichen Verfall der monu-
mentalen Kunst Le Nötre's behandeln; wir selber pflegen diese
Zeit, aus der recht reizvolle deutsche Gärten sich bis auf
unsere Tage erhalten haben, Rokoko zu nennen; und es ist
sicher, daß diese neuen Gartenformen, für die in Frankreich
besonders die Namen Blondel, Here und Ilardouin-Mansart zu
nennen sind, nicht in jedem Sinn einen Verfall bedeuten, daß
sie vielmehr für den neuen bürgerlichen Hausgarten von größter
Wichtigkeit wurden, da durch sie der Sinn für Gartenheimlich-
keit und umschlossene Behaglichkeit lebendig wirksam wurde.
Daß diese Formen in spielerische Einzelheiten ausarteten,
steht auf einem anderen Blatt.

Aus den Schilderungen der Zeit Ludwig XVI. gewinnt
man den Eindruck, daß die landschaftlichen Formen von Eng-
land her und trotz Rousseau's nur sehr widerwillig in den
Gärten Aufnahme fanden; der klassisch gerichtete Wille lebte
noch einmal in den steifen Parterren von Neufforge auf, die
freilich in ihrer harten und konventionellen Zeichnung eher
für Holzwerk oder Zimmerdecken entworfen zu sein scheinen.
Seltsam ist, daß gerade diese Einzelformen ein so zähes Leben
gehabt haben; denn ihnen verdanken unsere „Teppichbeete"
ihr Dasein, und auf vielen städtischen Schmuckplätzen wird
noch heute nach den Vorlagen im Geiste Neufforge's gearbeitet.

Erst die Revolution brachte alle sicheren Werte ins
Wanken, und so sehen wir auch über die regelmäßigen
Gärten den Sturm der Zerstörung dahinbrausen; aber schon
das erste Kaiserreich, noch mehr vielleicht das zweite, er-
innerte sich aus Notwendigkeit der alten Tradition, so daß von
einem wirklichen Abreißen für Frankreich eigentlich nicht ge-
sprochen werden kann. Deshalb sind auch die Schluß-Abschnitte
des besprochenen Werkes, die von dem heutigen Stande des
Gartenbauens in regelmäßigen Formen sprechen, nicht so an-
ziehend für uns, wie sie sein könnten, weil sie nicht von etwas
Zukunftvollem und Neuem handeln, das andersgearteten Lebens-
bedingungen und Anschauungen sein Dasein verdankt, sondern
weil sie den Blick rückwärts gerichtet halten auf das Ideal
Le Nötre, weil überall, auch in den Abbildungen, ein Hängen
am Thema sich kundgibt, durch das der Sinn von den prak-
tischen Bedürfnissen der Zeit abgelenkt wird.

Victor Zobel.

Bücherschau.

Natur und Kunst im Walde. Von Th. Fe Iber, Professor
der Forstwirtschaft am eidg. Polytechnikum in Zürich. Zweite,
vermehrte Auilage. Verlag von Huber & Co. in Frauenfeld.
Preis 3 Mk. 50Pf. Im Juliheft 1907 dieser Zeitschrift ist Felbers
„Natur undKunst im Walde" eingehend besprochen und
zum Studium empfohlen worden. Nun liegt bereits eine zweite

durch ein neues Kapitel „Am Waldrand" und durch zahlreiche
neue Abbildungen bereicherte Aullage des ansprechenden
Buches vor, ein gutes Zeichen für dessen Wert und auch ein
erfreulicher Beweis, daß das allgemeine Interesse für Schön-
heitspflege im Forst und in der freien Landschaft im Wachsen
begriffen ist.

Nicht mit jeder Einzelheit bin ich einverstanden, so z. B.
würde ich das auf Tafel 27 abgebildete Forsthaus keineswegs
als nachahmungswertes Muster, wie es tatsächlich vom Herrn
Verfasser gemeint ist, sondern als abschreckendes „Gegenbei-
spiel" betrachten. Jedes Gebäude sollte schon äußerlich seine
Bestimmung erkennen lassen; das abgebildete Haus charak-
terisiert sich aber nicht als Forsthaus. Es ist eine Vorstadt-
villa und auch als solche würde es nicht einwandfrei sein.

v. S a lisch.

Goethe, Rudolf, Naturstudien. Reiseskizzen eines alten Land-
schaftsgärtners. Eugen Ulmer, Stuttgart 1910. — Anspruchs-
lose Skizzen, gesammelt auf zahlreichen Wanderungen durch
die verschiedensten Gaue der deutschen Heimat — gesammelt von
einem Manne, der ein offenes Auge für die Anmut landschaft-
licher Szenerien besitzt, hier derBlick zwischen schlanken Buchen-
stämmen hindurch auf die im Sonnenschein glitzernde leicht
bewegte See am Timmendorfer Strand bei Lübeck, dort ein
Ufervorsprung bei Überlingen mit rundkronigen Laubbäumen, in
deren Silhuette schlanke Pyramidenpappeln malerische Unter-
brechung bringen, dort ein Blick aus dem Park von Belvedere
bei Weimar, hier charakteristische Felsbildungen mit sprudeln-
den Wasserläufen und stillen Quellen — bald schematisch mit
ein paar Strichen hingeworfen, bald liebevoll durchgezeichnet,
Baumschlag von den Berghängen der bayerischen Alpen und
des Rhöngebirges, so wechseln in bunter Reihe die Motive,
die uns der Verfasser vor das Auge führt. Und aus jedem der
zahlreichen Bildchen spricht deutlich, warum es ihm wert er-
schien, durch den Stift festgehalten zu werden, und auf welchen
Bestandteilen die Bildwirkung beruht.

Goethe will sie nicht als Vorbilder betrachtet wissen, die
nun im Garten nachgeahmt werden sollten; das liegt ihm
vollständig fern. Er bietet sie dem jungen Landschaftsgärtner
als Anleitung zum eigenen Sehen, als Mittel zum Schärfen des
Blickes für die schlichte Schönheit, die sich ihm auf seinen
Streifereien durch Feld und Wald ungesucht vielfach darbietet.
Er will ihn schulen, „sich bei jedem sein Empfinden warm
und angenehm berührenden Bilde Rechenschaft darüber abzu-
legen, warum es ihm im einzelnen und im ganzen schön erscheint,
aus welchen Teilen es sich zusammensetzt und wie diese auf-
einander wirken, bei allem Gegensatze doch ein harmonisches
Bild gebend."

Ihn leitet dabei die Überzeugung, daß Künstlerisches im
edelsten Sinne des Wortes nur derjenige hervorbringen kann,
der sein Kunstempfinden durch Anschauung und Studium bis
zu einer Höhe entwickelt hat, die ihn befähigt, aus eigener Kraft
Schönes zu gestalten und ihm seinen geistigen Stempel aufzu-
drücken.

Ein solches Buch ist wertvoll, denn auf die Weckung und
Pflege des Kunstgefühles im Verkehr mit der Natur kommt
sehr viel an, nicht nur um dem jungen Landschaftsgärter die
Wirkungsmöglichkeiten seines Materials geläufig zu machen,
sondern ebenso sehr ihm die Erkenntnis für denWidersmn derge-
schmack- und geistlosen Naturnachahmerei zu erwecken, in der
immer noch viele die Hauptsache der sogenannten „Land-
schafts'-Gärtnerei erblicken.

Man muß es dem alten und erfahrenen Praktiker, der eben
die fünfzigste Wiederkehr des Tages seines Eintritts in den
Gärtnerberuf gefeiert hat, zu danken wissen, daß er auch noch
die Stunden der wohlverdienten Ruhe der Fortbildung des
jungen Nachwuchses widmet und den Schatz seiner Erfah-
rungen und Beobachtungen für die junge Generation nutzbar
macht, geleitet von dem Bestreben in gährender Zeit auf die
Wurzeln ihrer Kraft hinzuweisen. Wir wünschen dem Büch-
lein recht weite Verbreitung und guten Erfolg. H.

Für die Redaktion verantwortlich: Stadt-Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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