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DIE GARTENKUNST.
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stammständige Nebenwurzeln. Weit gefährlicher als häbig oder gar lustig aus; aber ganz bestimmten Charakter,
an senkrechten Wänden kann der Efeu an geneigten ganz bestimmte Eigenart tragen sie alle. Von unseren
oder horinzontalen Flächen, auf Mauerkronen, vor neueren Allee-,.Baumpflanzungen" kann man dasselbe
allem aber am Holzwerk des Daches werden, das er nicht sagen. Am meisten sympathisch sind mir noch
sprengt und undicht macht. unsere Obstalleen; sie zeigen die Bäume offen und weit
In Betracht kommt bei der Frage, inwieweit man gepflanzt, daß sie möglichst reichlich Frucht tragen,
dem Wuchern des Efeus Einhalt tun solle, selbst- und offenbaren so den verständig rechnenden Geist
verständlich vor allem auch der künstlerische Wert unserer Zeit. Aber was soll man sagen, wenn man
des Baues. Mauerwerk, das technisch und entwicke- sieht, daß „Zieralleen", das sind solche, die lediglich
lungsgeschichtlich von Interesse ist, ornamentierte zur Schönheit dienen sollen, so gepflanzt werden, als
Details, Wappen, Inschriften, Wandmalereien müssen erwartete man von den Ahorn- oder den Kastanien-
frei bleiben. bäumen möglichst ergiebigen Fruchtertrag.
Daß Efeu an und für sich die Kontrolle über den Mir scheint, der Hauptfehler ist, daß wir die
guten baulichen Zustand der Mauern etwas erschwert, Bäume in der Allee zu weit auseinander pflanzen. Der
wird wohl durch den ästhetischen Vorteil, den er, in liebevolle Natursinn unserer Gärtner mag daran Schuld
richtigen Grenzen verwendet, gewährt, wieder auf- sein. Man wollte den Bäumen Spielraum lassen, wollte
gewogen. Gar oft werden unschöne Mauern mit Efeu sie so pflegen, daß sie sich frei und ungehindert ent-
wie mit anderen Kletterpflanzen vorteilhaft verhüllt, wickeln könnten. Aber das war doch zu kurz gedacht.
Abschließend möchte ich sagen, daß
der Efeu, unter den entsprechenden Vor-
behalten und Vorsichtsmaßregeln gepflegt,
nicht allein zum Schmuck, sondern auch
zur Erhaltung der Baudenkmale beitragen
kann. Mit den gebotenen Einschränkungen
darf daher die Losung lauten: „Schutz
dem Efeu im Interesse der Denk-
ma lp fl ege!"
Alleen und Laubengänge.
Es ist bezeichnend für das garten-
künstlerische Schaffen unserer Zeit, daß
wir Schwierigkeiten finden, die einfachste
Art rhythmischen Baumpflanzens auszu-
führen. Wir wollen Alleen pflanzen und
setzen doch zumeist nur Bäumeneben-
einander. Daß die Allee ein Organis-
mus ist, e i n Raumgebilde, mit einer be-
stimmten Absicht zur Erfüllung eines be-
stimmten Raumgedankens geschaffen, des-
sen sind wir uns in den allermeisten Fällen
nicht mehr ganz bewußt. Nur noch an
alten Alleen können wir es studieren.
Und wie verschiedene Wirkungen ha-
ben die Alten mit ihren Alleen erreicht.
Es gibt Linden- und Ulmenalleen, die feier-
lich fromm dastehen wie gotische Land-
kirchen, andere sind streng und herb, monu-
mental wie ein Satz aus Beethoven ; sach-
lich kurz und richtig sind die Pappelalleen,
die Napoleon längs seiner Heerstraßen
durch ganz Deutschland zog, und die häufig
in unserer Landschaft Vorland und Hinter-
grund so wundervoll belebend trennen.
Es gibt Alleen, die freundlich idyllisch
sind, so die von Weimar nach Belvedere villa Lante bei Bagnaja: Eine der beiden Loggien am Ende der Hauptachse
(Seite 89) ; andere schauen bürgerlich be- unter Platanen. Phot. Moscioni, Rom.
DIE GARTENKUNST.
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stammständige Nebenwurzeln. Weit gefährlicher als häbig oder gar lustig aus; aber ganz bestimmten Charakter,
an senkrechten Wänden kann der Efeu an geneigten ganz bestimmte Eigenart tragen sie alle. Von unseren
oder horinzontalen Flächen, auf Mauerkronen, vor neueren Allee-,.Baumpflanzungen" kann man dasselbe
allem aber am Holzwerk des Daches werden, das er nicht sagen. Am meisten sympathisch sind mir noch
sprengt und undicht macht. unsere Obstalleen; sie zeigen die Bäume offen und weit
In Betracht kommt bei der Frage, inwieweit man gepflanzt, daß sie möglichst reichlich Frucht tragen,
dem Wuchern des Efeus Einhalt tun solle, selbst- und offenbaren so den verständig rechnenden Geist
verständlich vor allem auch der künstlerische Wert unserer Zeit. Aber was soll man sagen, wenn man
des Baues. Mauerwerk, das technisch und entwicke- sieht, daß „Zieralleen", das sind solche, die lediglich
lungsgeschichtlich von Interesse ist, ornamentierte zur Schönheit dienen sollen, so gepflanzt werden, als
Details, Wappen, Inschriften, Wandmalereien müssen erwartete man von den Ahorn- oder den Kastanien-
frei bleiben. bäumen möglichst ergiebigen Fruchtertrag.
Daß Efeu an und für sich die Kontrolle über den Mir scheint, der Hauptfehler ist, daß wir die
guten baulichen Zustand der Mauern etwas erschwert, Bäume in der Allee zu weit auseinander pflanzen. Der
wird wohl durch den ästhetischen Vorteil, den er, in liebevolle Natursinn unserer Gärtner mag daran Schuld
richtigen Grenzen verwendet, gewährt, wieder auf- sein. Man wollte den Bäumen Spielraum lassen, wollte
gewogen. Gar oft werden unschöne Mauern mit Efeu sie so pflegen, daß sie sich frei und ungehindert ent-
wie mit anderen Kletterpflanzen vorteilhaft verhüllt, wickeln könnten. Aber das war doch zu kurz gedacht.
Abschließend möchte ich sagen, daß
der Efeu, unter den entsprechenden Vor-
behalten und Vorsichtsmaßregeln gepflegt,
nicht allein zum Schmuck, sondern auch
zur Erhaltung der Baudenkmale beitragen
kann. Mit den gebotenen Einschränkungen
darf daher die Losung lauten: „Schutz
dem Efeu im Interesse der Denk-
ma lp fl ege!"
Alleen und Laubengänge.
Es ist bezeichnend für das garten-
künstlerische Schaffen unserer Zeit, daß
wir Schwierigkeiten finden, die einfachste
Art rhythmischen Baumpflanzens auszu-
führen. Wir wollen Alleen pflanzen und
setzen doch zumeist nur Bäumeneben-
einander. Daß die Allee ein Organis-
mus ist, e i n Raumgebilde, mit einer be-
stimmten Absicht zur Erfüllung eines be-
stimmten Raumgedankens geschaffen, des-
sen sind wir uns in den allermeisten Fällen
nicht mehr ganz bewußt. Nur noch an
alten Alleen können wir es studieren.
Und wie verschiedene Wirkungen ha-
ben die Alten mit ihren Alleen erreicht.
Es gibt Linden- und Ulmenalleen, die feier-
lich fromm dastehen wie gotische Land-
kirchen, andere sind streng und herb, monu-
mental wie ein Satz aus Beethoven ; sach-
lich kurz und richtig sind die Pappelalleen,
die Napoleon längs seiner Heerstraßen
durch ganz Deutschland zog, und die häufig
in unserer Landschaft Vorland und Hinter-
grund so wundervoll belebend trennen.
Es gibt Alleen, die freundlich idyllisch
sind, so die von Weimar nach Belvedere villa Lante bei Bagnaja: Eine der beiden Loggien am Ende der Hauptachse
(Seite 89) ; andere schauen bürgerlich be- unter Platanen. Phot. Moscioni, Rom.