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Die Gartenkunst — 13.1911

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Brandes, Gustav: Die Umgestaltung der Festungswälle in Stade
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Hoemann, Reinhold: Die Kurparkanlagen von Homburg und Nauheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.20813#0228

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220

DIE GARTENKUNST.

XIII, 12

gewährt die herrlichsten Ausblicke auf den Burggraben
und auf die hohen grünen Bastione. Kleine Plateaus, wo
einst die Geschütze aufgestellt waren, sind zu reiz-
vollen Sitzplätzen ausgebildet, und dicht am Wasser,
unmittelbar neben der Schiffsbrücke, ist eine breite,
gedeckte Terrasse vorgesehen. Sollte sich später der
Wunsch geltend machen, noch weitere Typen des
niedersächsischen Bauernhauses auf der Insel aufzu-
stellen, so können diese auf dem Spielplatze und auf
einem Teil des Gemüsegartens Platz finden.

Das ganze Projekt ist ein vortrefflicher Beweis
dafür, welche wundervollen Aufgaben städtebaulicher
und gartenkünstlerischer Art auch in kleinen Städten
oft ihrer Lösung harren. Es zeigt ferner eindringlich,
was kleine Gemeinwesen an Kulturwerken zu leisten
imstande sind, wenn eine umsichtige, verständnisvolle
Verwaltung an ihrer Spitze steht, die über alle verfüg-
baren Mittel und Kräfte geschickt zu disponieren ver-
steht und die endlich das Wichtigste nicht versäumt:
die Ausführung in berufene Hände zu legen.

Die Kurparkanlagen von Homburg und
Nauheim.

Fortsetzung der Reisebeschreibung auf S. 190.
Von Reinhold Hoemann, Düsseldorf.

Besonders interessant und lehrreich waren noch
die Kurparkanlagen in Homburg und Nauheim. Wir
leben ja heute in einer Zeit, in welcher außerordent-
lich viele Menschen Erholung in Bädern suchen
müssen oder suchen zu müssen glauben. Für einen
Kur- und Badeort ist aber die gute, zweckmäßige und
schöne Gestaltung seiner Park- und Gartenanlagen eine
Frage von allergrößter Wichtigkeit, ja unter Umstän-
den eine Lebensfrage. Die alten Parkanlagen in Hom-
burg sowohl, wie in Nauheim sind, wie bekannt, von
der Firma Siesmayer, Frankfurt, ausgeführt worden
und werden bis heute noch von dieser Firma unter-
halten. Die eigentlichen Parkanlagen beider Bäder
sind anerkannt gute Lösungen landschaftlicher Gestal-
tungsart, man sieht sie stets gerne wieder, um sich
rückhaltlos an ihrer Schönheit zu erfreuen. (Beschrei-
bungen der Parkanlagen in Wort und Bild wurden
früher schon in der „Gkst." veröffentlicht.)

Störend wirken aber, wenigstens für mein Emp-
finden, im Homburger Park die Blumenanlagen; vor
allem ein großes Teppichbeet in Wappenform in der
Terassenachse, sowie der Teppichbeete am Hauptsprudel.
Schon die Art, wie die Wege zu diesem tiefliegenden
Sprudel hinabführen ist in hohem Grade unschön, dazu
kommen dann die ganz unorganisch angefügten durch
nichts motivierten, dazu grellbunt bepflanzten Teppich-
beete, welche den schlechten Gesamteindruck in durch-
aus ungünstiger Weise steigern. Es ist gerade so, als
wenn all die Bewegungen und Anstrengungen des
letzten Jahrzehnts solchen Verirrüngen gegenüber spur-
los vorbeigegangen wären. Auch an anderen Stellen

sah ich in Homburg bei Verwendung von Blumen-
schmuck ähnliche Geschmacklosigkeiten, man kann
solche Rückständigkeit auf diesem Gebiete nur lebhaft
bedauern.

Wie ich höre, hat der verantwortliche Leiter der
Anlage des öfteren diese schlimmen Gartenirrungen
einer früheren Zeit beseitigen wollen, wie die Tat-
sachen zeigen, erfolglos. Eine falsche Pietät, welche
hier an dem zweifellos schlechten Alten hängt,
scheint die Kurverwaltung bestimmt zu haben, auf der
Beibehaltung dieser unglücklichen Gartenformen zu
bestehen.

Der Teil der Badegäste, welcher einmal gute,
neuzeitliche Gärten gesehen hat, wird wohl solche
Geschmacklosigkeiten verabscheuen und darauf drin-
gen, daß in den Kuranlagen eines so bedeutenden
Badeortes derartige Entgleisungen vermieden werden.

Wie ganz anders präsentiert sich da Nauheim!
Gleich vom Bahnhofe aus gelangt man durch eine Allee
zu den neuerrichteten Badehäusern, welche den Sprudel-
hof umschließen.

Ich habe selten bei Betrachtung eines Bauwerkes
so sehr den Eindruck geschlossener, edler, harmonischer
Einheit empfunden, wie vor diesem Bauwerk und seinen
kleinen Innengärten. Der Schöpfer dieser schönen Bau-
werke, samt der kleinen reizvollen Innengärten ist der
großh. Bauinspektor Jost-Darmstadt. Gleich die groß-
zügig aufgefaßte neue Sprudelanlage macht einen direkt
monumentalen Eindruck, der allerdings beeinträchtigt
wird durch die hier vorherrschende weiße Farbe der
Gebäudeflächen und des hellen Kieses, der den Hof
überdeckt.

Die Rückstrahlung des Lichtes von all den hellen
Flächen wirkt auf das Auge störend, bei Sonnenschein
muß man die Augen tatsächlich halb zukneifen, um
die Lichtfülle ertragen zu können. Ob diesem Übel-
stand durch Wahl eines andersfarbenen Kieses, durch
Einbau grüner Rasenflächen oder starke Berankung
der Gebäude abzuhelfen ist, ist wohl eine schwierige
Frage, deren Lösung viel Geschick und Taktgefühl
erfordert.

Ganz ausgezeichnet waren die kleinen Gartenhöfe
in den neuen Badehausanlagen; es berührte einen
ordentlich erfrischend, nach den Homburger Blumen-
irrungen hier wirklich Gutes zu sehen. Architektur
und Grünanlage waren ausgezeichnet zusammenge-
stimmt, einzelne der Höfe waren direkt mustergültig
und wenn auch andere sowohl in Architektur als
Grünanlage kleine Fehler zeigten, so waren sie doch
so unbedeutend, daß die Gesamtwirkung des Ganzen
nicht dadurch beeinträchtigt wurde.

An der Gesamtdisposition könnte man vielleicht
kritisieren, daß der Baumeister es für richtig hielt, dem
Musiktempel ein großes, steingefaßtes Becken vorzu-
legen. Schön sieht's zwar aus, aber zweckmäßig ist
solche Anordnung nicht, man beobachte nur in den
Kurorten, wie an dieser Stelle sich die Menschen sam-
meln und stehend den Klängen der Musik lauschen.
 
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