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Die Gartenkunst — 14.1912

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Heicke, C.: Erfolge der deutschen Gartenstadtbewegung
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0356

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XIV, 23

DIE GARTENKUNST.

349

Gartenstadt Hellerau: Kindergruppen im Sonnenbad. Aufnahme von Heicke, Frankfurt a. M.

Erfolge der deutschen Gartenstadtbewegung.

Von Heicke, Frankfurt a. M.

Will man über die deutsche Gartenstadtbewegung
sprechen, dann muß man immer wieder zunächst klar-
stellen, daß es sich bei ihr nicht um eine geschäfts-
mäßige Veranstaltung handelt, wie bei zahlreichen
von Baugesellschaften und Einzelpersonen ins Leben
gerufenenVillenkolonien und ähnlichen Unternehmungen,
denen, um die öffentliche Meinung für solche nichts
weniger als gemeinnützigen Gründungen zu gewinnen,
die zu gutem Klange gekommene Bezeichnung „Garten-
stadt“ beigelegt wird. Die Träger der Gartenstadt-
bewegung streben keine Geschäfte im landläufigen
Sinne an, sondern ihr Ziel ist eine auf genossenschaft-
licher Grundlage sich entwickelnde Reform unserer
Grundbesitzverhältnisse, um die aus der bisherigen
Form des Grundeigentums und dem damit zusammen-
hängenden Bodenwucher erwachsenen Mißstände auf
dem Gebiete des Wohnungswesens zu beseitigen.

Als das wichtigste Mittel zur Erreichung dieses
Zieles sieht die Deutsche Gartenstadtgesellschaft die
Ausschaltung der Bodenspekulation und die Nutzbar-
machung des Wertzuwachses, den das bisher landwirt-
schaftlich benützte Gelände durch die Umwandlung in
Baugelände erfährt, für die Gesamtheit der Besitzer an.
Sie sucht dies dadurch zu erreichen, daß auf billigem
Gelände Siedelungen gegründet werden, in denen der
zum Anbau erforderliche Grund und Boden nicht in
den freien Besitz der einzelnen Ansiedler übergeht,
sondern im Wege der Erbpacht oder unter Festlegung
des Rückkaufrechtes dauernd im Obereigentum der
jeweiligen Genossenschaft gehalten wird. Auf diese
Weise wird die spekulative Verteuerung der Boden-
und Wohnungspreise verhindert, der Anreiz zu über-

triebener Ausnutzung des Baugeländes beseitigt und
die dauernde Möglichkeit weiträumiger Bebauung für
alle Zeiten gesichert. Diese soziale und wirtschaft-
liche Grundlage bringt und erhält der neu entstehenden
Stadt auch den Garten — selbst für den Minderbe-
mittelten — und macht sie zur „Gartenstadt“.

Es ist ein nicht gerade erfreuliches Zeichen der
Oberflächlichkeit, mit der weite Kreise heutzutage an
wichtigen Kulturproblemen vorübergehen, daß man trotz
der nun schon sich über einen fast zehnjährigen Zeit-
raum erstreckenden Werbe- und Aufklärungstätigkeit
der Deutschen Gartenstadtgesellschaft immer wieder
genötigt ist, auf diese Dinge eingehend hinzuweisen,
um den himmelweiten Unterschied zwischen dieser
Gesellschaft und der Mehrzahl der auf geschäftliche
Gewinne zugeschnittenen Terraingesellschaften festzu-
stellen.

Die Deutsche Gartenstadtgesellschaft ist, wie wir
einem kürzlich erschienenen und über ihre Entwickelung
und Erfolge Aufschluß gebenden Werk*) entnehmen,
im Jahre 1902 in Berlin von einem kleinen Kreise
sozialinteressierter Männer und Frauen gegründet wor-
den. Den Anstoß dazu hat die damals schon zu
beachtenswerten Ergebnissen gekommene englische
Gartenstadtbewegung gegeben, über die die bekannte
Schrift E. Howards „Garden cities of to-morrow“ 1898
erschienen war. Es ist den Trägern des Gartenstadt-
Gedankens in Deutschland nicht leicht geworden, das
Interesse derbreiten Öffentlichkeit für ihre Bestrebungen

*) Die deutsche Gartenstadtbewegung. Mit zahlreichen
Abbildungen und Plänen. 1911. Verlag der Deutschen Garten-
stadtgesellschaft, Berlin-Schlachtensee. Preis 2.— Mk.
 
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