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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 18
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Siegert, Willi: Über die gärtnerische Ausgestaltung öffentlicher Schmuckplätze
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Personalnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0288

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280

DIE GARTENKUNST.

XV, 18

anbringt, die den Platz als solchen nicht zerstört, die Be-
wegungsfreiheit nicht hindert und dennoch das Auge er-
freut ; das ist aber nicht der Rasen, das ist der Baum.

Die Verringerung der Rasenflächen dürfte kaum ein
so großer Verlust sein, als daß man sie nicht empfehlen
sollte; denn es ist' doch nicht zu leugnen, daß die
Unterhaltung des Rasens bei unserem verhältnismäßig
trockenen Klima große Kosten verursacht, und daß
dieser, trotzdem er täglich mehrere Male gesprengt, oft
gemäht, gedüngt usw. werden muß, eigentlich nur
vegetiert und unter den Bäumen überhaupt abstirbt;
daß den wohltuenden Anblick dieser immerhin grünen
Fläche eigentlich nur der Luftschiffer genießt, der
darüber hinwegfliegt, während wir ihn aus unserer
Froschperspektive stets nur erheblich verkürzt sehen.

Wie ganz anders verhält sich da der Baum ! Zu-
nächst bildet er nicht das geringste Verkehrshindernis,
auch wenn er mitten auf dem Wege steht. Ohne viel
Pflege wächst und gedeiht er und läßt uns im Gegen-
satz zum Rasen, den man nicht betreten darf, wenn man
ihn nicht zerstören will, die Wohltat seines Schattens un-
gehindert genießen. Und der wirkliche Gartenkünstler
wird wissen, daß er mit Rasen nur geringe, mit Bäumen
hervorragende Wirkungen erzielen kann. Mit dem Rasen
beherrscht er nur die Fläche, die wir verkürzt sehen, mit
dem Baum erzielt er mühelos räumliche Wirkungen, das
Endziel jeder, auch der Gartenarchitektur.

Zur Anbringung von Rasen und Blumen würde
sich immer noch Gelegenheit bieten; das unter den
Bäumen beliebte Buschwerk würde allerdings dort zu
vermeiden sein und wäre mehr in Form von Flecken
zu verwenden, denn der wachsende Baum nimmt dem
Busch Licht und Leben, dieser selbst behindert die
Gehfreiheit unter den Bäumen und beeinträchtigt deren
charakteristische Wirkung. Vor allem aber wäre eines
zu vermeiden, was immer noch sehr beliebt ist: das
ist das bunte Durcheinanderpflanzen, aller möglichen
einheimischen und exotischen Laub- und Nadelhölzer.
Ein Schmuckplatz ist kein botanischer Garten, und will
man etwa dadurch die ungezwungene Natur vortäuschen,
so täuscht man sich nur selbst. Die Natur kennt kein
wahlloses Durcheinander, und nur dem Unkundigen
können ihre ganz eng begrenzten aber höchst charakter-
vollen „Pflanzengemeinschaften“ verborgen bleiben.

Es ist erstaunlich, wie sich eine Zeit wie die
unsrige so vollständig in ein falsches Prinzip hat ver-
rennen können. Man braucht ja gar nicht weit zu
gehen, um sich der Fehler bewußt zu werden: Vom
Dorfanger bis zum Rathaus- oder Kirchplatz der kleinen
und mittleren Städte, überall können wir eine Bepflanzung
mit Bäumen, nie aber mit Rasen feststellen; das sollte
doch zu denken geben.

Und wie angenehm ist es, einen solchen Platz zu
überschreiten, auf ihm zu lustwandeln. Nirgends ist
der Fuß behindert, jeder geht und steht wie er Lust
hat, und keine eisernen Geländer drohen mit ihren
Verboten. Man stelle sich nur einmal vor, um wie
viel beispielsweise der Leipziger Platz in Berlin ge-

winnen würde, wenn der Rasen, der ihn jetzt völlig
bedeckt, und der übermeterhohe Eisenzaun, der ihn
begrenzt, plötzlich fortfielen, wenn die Menschenmassen,
die jetzt eng gedrängt auf den schmalen Bürgersteigen
dahin hasten, ohne den Rasen eines Blickes zu würdigen,
sich frei und ungehindert über die Fläche ergießen
könnten, wenn man nicht mehr gezwungen wäre, mit
dem Strome zu treiben, man vielmehr nach Belieben
und in Behaglichkeit einhergehen könnte, wenn man
endlich einmal „Platz“ fände, um in dem Hasten und
Treiben der Großstadt einen Augenblick zu ver-
schnaufen. Dann erst würde der Platz wieder jene
Bestimmung erfüllen, der er seine Anlage verdankt:
ein Raum zu sein, ein großartiger Empfangssaal, der
den von außen Kommenden würdig auf die innere
Stadt vorbereitet. Und wenn dann die freie Fläche,
die ja durch die vorhandenen Statuen, die Bäume, die
Eingänge zur Untergrundbahn, die Zeitungskioske und
Ruhebänke hinreichend gegliedert ist, sich zwanglos
mit dem großstädtischen Treiben füllte, dann erst ent-
stände wieder ein Bild von so hohem, ästhetischem
Reiz, wie wir es auf alten Stichen,, besonders der
Barockzeit, bewundern.

Daß nun viele wegen ihrer Schönheit berühmte
Plätze, wie in Italien, aber auch in anderen Ländern,
gar keine Bepflanzung zeigen und grade dadurch die
räumliche Wirkung besonders stark in Erscheinung
treten lassen, ist eine Sache für sich. Für uns besteht
nun einmal, solange nicht eine fortgeschrittenere
Städtebaukunst von vornherein andere Lebensbe-
dingungen für den Großstädter schafft, das Bedürfnis,
grüne Oasen in der Steinwüste zu errichten, und gerade
da, wo es sich um Erholungs- und Spielplätze handelt,
ist ja das Grün ein integrierender Bestandteil. Aber
man soll nicht so tun, als ob man imstande wäre, die
Natur in die Stadt hineinzuzaubern, als ob man ver-
suchen wollte, den Städter über die Mängel seiner
Wohnkultur hinwegzutäuschen. Auch bei den Grün-
pflanzungen innerhalb einer Stadt können nur mit
weiser Mäßigung Wirkungen erzielt werden, nicht aber
durch ein schematisches Vollstopfen mit Grün und
ein Beschneiden der persönlichen Gehfreiheit, wo es
nicht nötig ist; speziell die Kultivierung des Rasens
ist eine Verirrung unserer Zeit, von der die Parkver-
waltungen sich möglichst bald befreien sollten.

Personalnachrichten.

Wir werden unter Hinweis auf § n des Preßgesetzes
um Aufnahme nachstehender Berichtigung ersucht:

„In Nr. 16 Ihrer geschätzten Zeitschrift berichten Sie, daß der
Gartenarchitekt Leb. Migge, bisher künstl. Leiter meiner Firma,
seine bisherige Stellung aufgegeben hat, um sich in Hamburg-
Blankenese als Gartenarchitekt selbständig zu machen.*)

Diese Notiz widerspricht denTatsachen. In Wahrheit ist Herr
Migge am 17. Juli dieses Jahres ohne Innehaltung einer Kündi-
gungsfrist von mir aus seinem Angestelltenverhältnis entlassen
worden.“ Jacob Ochs, Gartenbau, Hamburg I.

*) Die Notiz hat Herrn Migge nicht zum Verfasser.

Für die Redaktion verantwortlich: Gartenarchitekt R. Hoemann, Düsseldorf-Grafenberg. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst.

Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
 
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