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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 14
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Heilig, Wilhelm: Der Wohngarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0219

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Erholungsheim Landgut Hohenrodt bei Freudenstadt i. W. Blidt von der Landstraße her.

Besitzer Eduard Breuninger, Stuttgart. Gartenarchitekt Karl Luz, Stuttgart.

Der Wohngarten.

Von Wilh. Heilig, Düsseldorf.

Das Verlangen nach Symmetrie war wohl in wachsende Baumgruppe oderGehölzpflanzung sich

der Gartenkunst nie größer als zur Zeit des malerisch auswachsen ließ, durch deren Einfluß

Niedergangs und äußerte sich drastisch im Tep- ein Ast sich ausbreitete und den Rahmen für

pichbeet vergangener Zeiten. irgendeine Landschaft bot.

Suchen wir einen Vergleich herzustellen Bewußt und beabsichtigt waren nur die
zwischen den Auswüchsen der Gartenkunst und Durchblicke, die bei der heutigen Gestaltung,
denen der Baukunst, die zeitlich ja zusammen- verdeutscht als Perspektiven, so beliebt sind. —
fallen, wollen wir die Ornamente der beiden Diese Art der Raumwirkung bedarf bei den
Künste jener Zeit sich gegenüberstellen, so ent- Gestaltungsmöglichkeiten keines sonderlich an-
spricht bei ersterer das Durchschnitts-Teppich- strengenden Vorstellungsprozesses, sie ist billig,
beet dem Stuckornament überladener Fassaden daher früher wie heute recht oft angewen-
der letzteren. det: früher kulissenartig vor- und zurück-

Aufgedrängtem Räume wurde dem Beschauer springende Baumpflanzungen, die den Vor-
die Herrschaft des Gartengestalters über ein teil malerischer Entwicklung der Pflanzen-Einzel-
Material vorgeführt, das zumeist auf krautartige exemplare, als Abschluß irgendeinen Diana-
Pflanzen sich beschränkte. Schon hiermit ist Tempel oder eine Fernsicht in schöne Umgebung
die Grenze der Ausdehnung dieser Anlagen fest- hatten. Diese Gestaltungsart und Raumwirkung
gelegt, deren Lebensdauer vielleicht länger ge- kam nur bei größeren Anlagen in Frage, bei
wesen wäre, wenn die Zeit eine einheitliche kleineren sah man entweder von Raumwirkung
Kunstanschauung besessen hätte. So aber mußte vollständig ab, oder übertrug die Größenver-
die Künstelei den Todeskern frühzeitig in sich hältnisse auf das Material, und kam so dem
tragen, da die Betätigung auf verhältnismäßig „Japanisieren" nahe.

kleinem Raum bei beschränkter Wahl des Ma- Gewiß gibt es viele Fälle, bei denen die

terials und einer rein individuellen Geschmacks- Schaffung eines Durchblicks sehr berechtigt er-

richtung zu den nicht ausgebliebenen Spielereien scheint, bei der landschaftlichen Anlage umso-

führen mußte. mehr, als darin die einzige Möglichkeit lag,

Über das Teppichbeet, bei großen Anlagen sich raumgestaltend zu betätigen. Sicher er-

über das sogenannte „Parterre", den einstigen scheint mir die Annahme, daß die Beweggründe

Repräsentationsstücken, hinaus erstreckte sich die hierzu ursprünglich immer in dem Vorhandensein

Herrschaft des Gestalters nur indirekt, meist löste von passenden, guten Motiven zu suchen sein

sich schon die nächste Umgebung dieser Prunk- dürften. Wo aber letztere nicht vorhanden sind

stücke in Wohlgefallen auf, d. h. sie verliert sich und erst erdacht und geschaffen werden müssen,

in Massen, deren Raumwirkung sich der Künstler entsteht die Grenze zwischen Raumwirkung in

wohl kaum mit Hilfe des besten plastischen Vor- gutem Sinne und „Effekthascherei". Was heißt

Stellungsvermögens im voraus vergegenwärtigen aber dann Raumwirkung? Wenn Durchblicke

konnte. Mehr oder weniger sind die Reize der von früher und lange Perspektiven von heute

willkürlichen Gestaltung durch die Willkür der immer gute Raumwirkungen ergeben, so müßte

Natur entstanden, die diese oder jene frei- jener Bauherr am meisten Hoffnung auf gute Ge-

Gartenkunst Nr. 14, 1914.

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