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Die Gartenkunst — 30.1917

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Lassen, Johann: Neue Denkmalkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21302#0077

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Neue Denkmalkunst.

Große Begebenheiten und große Zeiten
pflegen sich im Gepräge des seelischen Lebens
eines Volkes und in den Denkmälern, die es sich
in der Geschichte setzt, wiederzuspiegeln. Des
nun tobenden Weltkrieges vielfältigeWirkungen
auf das seelische Leben zeigen sich schon dem
Beobachter deutlich und treten besonders hervor
in den bildenden Künsten. Es tritt dies am mei-
sten bei dem deutschen Volke zutage, bei dem
sich die seelische Einwirkung des großen Krieges
deutlich verfolgen läßt, teils weil die Folgen hier
im allgemeinen der Beobachtung am leichtesten
zugänglich sind, teils weil dieses Volk wohl das-
jenige ist, welches am meisten unmittelbar und
am stärksten vom Kriege beeinflusst wird. Am
meisten zeigt sich diese Beeinflussung in der
Bau- und Bildhauerkunst und bei der oft hier-
mit in Verbindung stehenden Landschaftskunst,
so in den zahlreichen „Entwürfen zu Krieger-
denkmälern", „Friedhofanlagen" und „Heiligen
Hainen". Der Antrieb, den diese Kunstarten, im
besonderen wo sie zusammenarbeiten, vom Welt-
kriege und Deutschlands „Großer Zeit" empfangen
haben, ist unzweifelhaft bedeutend, und tritt als
mächtige Entwickelung oder Erneuerung der
namentlich in Mittel- und Süddeutschland hei-
mischen Stimmungskunst hervor, welche auf
einem einzelnen Sondergebiet — der Garten-
kunst — sogenannte „Stimmungsgärten" schuf.
Selbstredend kann diese Entwickelung noch nicht
als fertig und abgeklärt in ihrer Form betrachtet
werden; es liegt in der Natur der Sache, daß
dies noch nicht möglich ist. Aber wahrnehmbare
Spuren der Beeinflussung sind zu erkennen,
wenn auch der weitere Gang des Krieges und die
Art des einstigen Friedensschlusses sie noch
merkbar wandeln werden.

Alle diese „Kriegsdenkmäler" und denkmal-
artigen Anlagen zeugen offensichtlich vom stren-
gen Ernst der Kriegszeit, und tragen des Ein-
heitsgefühles Festigkeit in ihren Zügen, oft ge-
mischt mit der für das deutsche Volk eigentüm-
lichen, etwas schweren, aber gleichzeitig starken
Stimmung. Dieser ganze Zeitabschnitt mit dem
Geist, der sein Gepräge schuf, ist deutlich zu
erkennen in den Entwürfen in deutschen Zeit-
schriften (Deutsche Kunst und Dekoration, Mo-
derne Bauformen, Gartenkunst, Möllers deutsche
Gärtner-Zeitung u. a. m.). Man trifft überall
neben älteren bekannten Namen Seite um Seite
eine nicht unbedeutende Menge junger Künstler,
auch solche, die von den Fronten draußen Ent-
würfe nach Hause senden. Sie alle stehen unter
dem unmittelbaren Einfluß von des Krieges ge-
waltigem Ernst.

Sieht man die große Reihe veröffentlichter

und sonst zugänglicher Entwürfe durch, so findet
man darunter beachtenswerte Arbeiten. Es seien
genannt: Franz Seifert, Wien: „Entwurf für ein
Denkmal auf dem Bisamberg an der Donau";
Alex Jaray, Wien: „Trauernder Achilles"; beide
herausgekommen bei dem im Februar 1915 vom
Österreichischen Kultusministerium ausgeschrie-
benen Wettbewerb für Kriegerdenkmäler; Emil
Hoppe, Marcell Kamerer, Otto Schönthal, Wien:
„Entwurf zu einem Denkmal für gefallene Krie-
ger", ein groß angelegter Entwurf, der als Ganzes
eine tiefe Wirkung übt; Einzelheiten lassen sich
nach dem zugänglichen Material nicht beurteilen;
Artur Payr, Innsbruck: „Denkmal für eine Höhe
bei Wien"; letzteres in „Kriegsdenkmäler", Ver-
lag von Anton Schroll & Co., Wien, die übrigen
in „Deutsche Kunst und Dekoration", Heft 1—2
1916 abgebildet. Weiter finden sich in „Moderne
Bauformen" Entwürfe von Professor Richard
Berndl, München, der das letzte Heft dieser Zeit-
schrift mit einer Reihe „Eisernes Kreuz-Motiven"
beherrscht, unter denen einzelne in ihrer ein-
fachen Kraft an die besten Beispiele früherer
Denkmalskunst erinnern.

Als ein letztes Exempel in dieser vorläufigen
Reihe kann auf das in „Die Woche" Heft 47, 1916,
wiedergegebene „Deutsche Fliegergrab im El-
sass" hingewiesen werden, das mit seinem ein-
zelnen Adler in der Mitte von bedeutender Wir-
kung ist. Die hier genannten Beispiele müssen
alle unter die eigentlichen Denkmäler gerech-
net werden. Aber auch größere Anlagen ver-
dienen bemerkt zu werden — teils auf Grund
ihrer aus der Zeit geprägten Eigenart, teils weil
bei ihnen vielleicht aus gewissen Punkten eine
Lehre gezogen werden kann, ohne daß ich damit
etwa eine unmittelbare Überführung auf unsere
dänischen Verhältnisse empfehlen will.

Dieses gilt z.B. von „Lübecks Heldenfriedhof
im Walde" von Maasz mit der hübschen Gesamt-
wirkung und vielen guten Einzelheiten u. „Kriegs-
erinnerungsplätze für den Volkspark" (beide in
„Möllers deutsche Gärtner-Zeitung, 1915). In allen
diesen Entwürfen prägt sich der schwere Ernst der
Zeit und das nationale Kraftgefühl aus. Von ein-
gehenderer Kritik kann bei diesen Ausführungen
keine Rede sein, schon aus dem Grunde, weil die
mir zur Verfügung stehenden Unterlagen für die
sachliche Prüfung von Einzelheiten nicht ausreicht.

Es ist im ganzen überhaupt nur meine Ab-
sicht gewesen, mit wenigen Worten die schon
vorliegenden Ergebnisse der Einwirkung der
ersten Jahre des Weltkrieges auf die Denkmals-
kunst in Deutschland festzuhalten.

Kopenhagen V., im Januar 1917.

Johann Lassen, Gartenarchitekt.

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