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Die Gartenkunst — 32.1919

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Betula, ...: Stauden aus Natur und Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0024

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blühende Christrosen unter dem geschmückten
Christbaum aufzustellen, immer mehr Platz
greifen.

Aber nicht nur in diesem Sinne ist Helle-
borus zu verwenden; für den Gartengestalter
bildet sie ein prächtiges Material für halbschat-
tige Lagen und unter großen, hainartig angeleg-
ten Baumgruppen; auch noch im Schatten von
Coniferengehölzen gedeiht sie prächtig. Wie die
Stammform lassen sich auch ihre zahlreichen
Gartenformen, ebenso die stinkende Helleborus
foetidus, die grüne, Helleborus viridis, die wohl-
riechende, Helleborus odorus undHelleborusniger
angusti folius, eine schmalblätterige Form der
echten Helleborus niger, gut und vorteilhaft ver-
wenden.

Die Helleborus Hybridus sind prächtig ge-
färbte Kreuzungen, hervorgegangen aus Helle-
borus purpurascens, Helleborus abdiasicus,
Helleborus orientalis, Helleborus guttatus und
noch einigen anderen Varietäten; um ihre Züch-
tung hat sich der verstorbene Gartenarchitekt
Jakobs in Leipzig große Verdienste erworben
Man hat sie in allen Abtönungen, vom präch-
tigen Schneeweiß bis zum tiefen Dunkelrot; be-
sonders zahlreich sind die bordeauxroten Spiel-
arten vertreten; auch getupfte und getuschte sind
vorhanden und bereichern die Abwechslung im
Farbenspiel. Zu bemerken ist, daß bei allen
Hybriden das Laubwerk durch eine leichte Win-
terdecke aus Fichtenreißig zu schützen ist, die
man jedoch beim Hervorbrechen der Blumen ent-
fernt, da bald nach der Blüte wieder neues
Laubwerk erscheint.

Helleborus foetidus, die schon erwähnte „stin-
kende Nießwurz“, kommt in ganz Deutschland in
fast allen Gebirgen wild vor, und wurde schon
früher viel als Gartenschmuck verwandt. Die
Pflanze wird nur 40 — 50 cm hoch; die Blätter
und die rispenartigen Blütenstände wachsen im
Gegensatz zu Helleborus niger an ein und dem-
selben Stengel; die Blume ist grün, rotbraun
umsäumt.

Helleborus viridis, die „grüne Nießwurz“
kommt sogar im nördlichsten Deutschland in
schattigen Buchenwäldern vor und liebt, wie alle
Helleborus, Kalkboden. Im Äußeren unterscheidet
sie sich kaum von Helleborus niger, nur ist sie
in allen Teilen kleiner, und die Blüten sind gras-
grün. Bei ihrer weiteren Ausdehnung nachNorden
blüht sie später. Eine Form von Helleborus vi-
ridis ist Helleborus odorus, sie hat das gleiche
Verbreitungsgebiet und gleicht fast in allen Teilen
der Stammform.

Helleborus purpurascens, die „rote Nieß-
wurz“ ist eine hochwachsende Art, die die grüne
Nießwurz in der Höhe um das Dreifache über-
triffl, sie stammt aus dem Süden und kommt bei
uns nur in ganz geschützten Lagen fort, ist da-
her mit einer Winterschutzdecke zu versehen.

Die Blumen sind fast so groß wie bei Helleborus
niger und prächtig rot gefärbt, im Verblühen
bräunlichgrün werdend.

Die bereits genannten Helleborus abdiasicus,
Helleborus orientalis und Helleborus guttatus
sind ebenfalls zur Gartenausschmückung recht
gut zu verwenden und erwerben sich wie alle an-
dern Formen und Sorten recht bald viel Freunde.

Ein unmittelbarer Verwandter der Nießwurz,
der Winterling, Eranthis hiemalis (Syn. Helle-
borus hiemalis) ist ein reizender Frühlingsbote,
der seine Blüten meist schon im März erschließt
und durch ihr leuchtendes Goldgelb angenehm
auffällt; die Blüte ist eigenartig von saftgrünen
Stützblättern wie von einer Halskrause um-
geben. Er ist der einzige Vertreter seiner Gattung
und wird vorteilhaft in Verbindung mit immer-
grünen Gehölzen, Moorbeetpflanzen etc. gebracht
und vor Coniferengruppen verwendet werden.
Aus südlichen Gegenden stammend, hat er sich
bei uns so prächtig eingewöhnt, daß er vielfach
verwildert anzutreffen ist.

2. Königskerzen.

Im richtigen Gefühl für die eindrucksvolle
Schönheit dieser Pflanzen gab man ihnen den
Namen, der die Pracht der Blume, die als goldener
Strahl aus dem Erdboden sprießt, gleich Gestalt
gewordener Sehnsucht der Erde nach Licht und
Schönheit treffend kennzeichnet.

Die Natur gibt uns in den wildwachsenden
Formen der Königskerze schon deutliche Finger-
zeige für deren Anwendung im Garten und weist
uns auch gleich auf ihre Anspruchslosigkeit be-
züglich des Bodens hin. Am sonnigen Berg-
abhang, auf Stein- und Geröllhalden, neben dem
mit bunten Glocken prangenden, familienver-
wandten Fingerhut (Digitalis purpurea) zündet
die Königskerze, auch Feldkerze, Pfingstkerze,
Kerzenkraut, Fackelblume, Himmelsbrand, Brenn-
und Wollkraut genannt, ihre stolze Blütenfackel
an; wo ihr der dunkle Fichtenwald mit dem
frischen Grün seiner jungen Zweige einen wir-
kungsvollen Hintergrund gibt und Stauden und
sonstige Wald- und Gebirgspflanzen sie um-
blühen, kommt ihre Schönheit besonders zur
Geltung.

Die zur Gattung der Scrophulariaceen ge-
hörigen Königskerzen (Verbascum) sind her-
vorragende Schmuck- und Einzelstauden, die, in
vorteilhafter Weise eingeordnet, im Garten eine
eigenartige Wirkung infolge ihrer Schönheit
hervorrufen. Der Gartengestalter sollte diesem
schönen Werkstoffe mehr Beachtung widmen
als seither. Ihre zahlreichen Arten sind über
Deutschland, Österreich, den Balkan und Italien
verbreitet, ihre Vertreter fehlen auch im Norden
und Südwesten nicht. Nachstehend führe ich
die wichtigsten und schönsten wildwachsenden
und Gartenformen an:

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