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Die Gartenkunst — 32.1919

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Rasch, Edgar: Die Gartenkunst der Kleinstadt
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Verschiedenes. Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0031

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diese Herren die praktischen Heimatschutzaufgaben
ohne weiteres ihren freischaffenden Kollegen über-
lassen. Dies umsomehr, als es nach dem Kriege
mit „reichen“ Gartenaufträgen nicht ganz so „flott“
gehen wird wie zuvor.

Die meisten ahnen garnidit, welche Unmengen
von dringlichen Aufgaben in ungezählten Dörfern
und Kleinstädten ihrer Erledigung harren. Sind
es auch keine Millionenaufträge, so bieten sie doch
auskömmlichen Verdienst und die vielen Wenig
machen ein ganz beachtliches Viel, wenn — man mit
wirklicher Liebe und Teilnahme die Arbeit anpackt
und mit den maßgeblichen Stellen umzugehen ver-
steht.

Da hat mancher mal mit dem Herrn Pfarrer
über den Friedhof gesprochen und hatte bald die
Besorgung der ganzen Grünanlagen der Gemeinde
bekommen. Allerdings für bloße Zeichner und Pro-
jektenmacher gibt es da nichts zu tun. Die Pflege
und Anlage muß dauernd geleitet werden.

Man fahre nur nicht so leichthin auf der Bahn
an den „kleinen Nestern“ geringschätzig vorbei und
mähe dann seine Witze über die „spießerlihen“
Entgleisungen des Kleinstadtgrüns. Es ist unsere
Pfliht und unser Beruf auh hier helfend, fördernd
und ratend anzufassen. Wir werden auh hier um-

Verschiedenes.

Zur Bekämpfung der BodenspeKulation, wird
ein gesetzlicher Höhstgewinn vorgeshlagen, bei
gleihzeitiger Verpflichtung für den Käufer, einen
von den Gemeinden festzusetzenden Wert, zu be-
zahlen sobald der Höhstgewinn unter dem Ge-
meinwert bleibt.

Der Wert eines Bodens steigt im wesentlihen
durh die Tätigkeit oder das natürlihe Wahstum
einer Gemeinde, Bahnbauten, Straßenbauten, Gar-
tenanlagen. Gewinne die beim Verkauf von Boden
das allgemeine üblihe Maß beim Verkauf von
Waren übersteigen, sind darum der Gemeinde zu-
zuführen, durh deren Arbeit der Wert des Bodens
gestiegen ist.

1. Beispiel: A verkauft ein Grundstück, das
er für Mk. 1000.— vor 20 Jahren gekauft hat
für Mk. 10000. — , der amtlihe Wert ist
Mk. 10 000.— bei gesetzlihem Höhstgewinn
von 10 °/0 stehen A Mk. 1000.— Gewinn zu und
der Erstehungspreis. Die Differenz zwishen
2000 und 10000 fällt der Gemeinde zu.

Der Einkaufspreis oder Erstehungspreis setzt
sih zusammen aus dem reinen Einkaufspreis und
Aufwendungen, die von dem Grundstück niht mehr
zu trennen sind, Straßenbaukosten, Gas, Wasser,
Siel, Drainage.

Die amtlihe Wertbestimmung geshieht durh
eine Kommission, die sih bei der Wertfestsetzung
von gemeindepolitishen Interessen leiten lassen
muß und niht nur den absoluten Wert bestimmen
darf. Diese Wertbestimmung kann in Gegenden
mit abgeshlossener Bebauung für längere Zeit ge-
schehen, sie wird erneuert, sobald sih die Verhält-
nisse geändert haben.

Der Höhstgewinn ist stets vom amtlihen Wert
zu berehnen. Bleibt der Erstehungspreis unter
dem amtlihen Wert, so ist letzterer gleihzeitig
Verkaufspreis, dadurh bringen alte Besitzungen,
die im Werte gestiegen sind, prozentual zum Er-
stehungspreis einen höheren Gewinn als shnell
aufeinander folgende Verkäufe, bei denen der Er-
stehungspreis auh über dem amtlihen Wert liegen
kann. Bei wiederholtem Besitzwehsei in kurzen

lernen müssen. Für Leute, die nur arbeiten, um
Geld zu verdienen, wird das beregte Gebiet wenig
Interesse haben. Wo aber Liebe zur Sähe, zur
wahren Landesshönheit und Volkswohlfahrt vor-
handen ist, vermag der Kleinstadtgartenbau (ih
Sprehe aus Erfahrung) hohe Befriedigung zu ge-
währen.

Gewöhnlih sind die Anlagen nur deshalb shleht,
weil die verantwortlihen Persönlihkeiten eine irrige
Auffassung von unserem Beruf haben. Man fürhtet
teure Luxusanlagen, übertriebene Künstlerhonorare
und mehr, wie es früher auh gegenüber den Archi-
tekten der Fall war. Wie letztere durh Taten und
persönlihe Aussprahe die maßgebenden Kreise der
Kleinstädte vom Gegenteil überzeugten und deren
Vertrauen erwarben, so sollte dazu auh von unserer
Seite geshritten werden. Dazu kommt, daß durh
die von mir erwähnten Arbeiten ein Heer von Ar-
beitslosen zeitweise und dauernd beschäftigt werden
kann, sodaß man auh von solhen Erwägungen aus
dieses Arbeitsgebiet niht länger vernahlässigen
sollte.

Man suhe also durh die Ortspfarrer, Bürger-
meister und sonstige Persönlihkeiten Interesse für
diese Arbeiten zu wecken; der Erfolg wird in den
meisten Fällen niht auf sih warten lassen.

Büdierschau.

Zwishenräumen wäre der Höhstgewinn auf einen
Bruhteil des normalen Gewinnes festzusetzen.

2. Beispiel: B verkauft ein Grundstück, das
er vor zwei Jahren für Mk. 10000.— gekauft
hat. Der amtlihe Wert ist auf Mk. 8000.—
festgesetzt, der Höhstgewinn beträgt 10°/o.
Der Verkauf bleibt abgabenfrei, wenn der
Verkaufspreis Mk. 10 800.— niht übersteigt.
Nah 5 Monaten wird das Grundstück weiter-
verkauft. Der Höhstgewinn für Verkäufe
innerhalb 2 bis 6 Monaten beträgt 3 % vom
amtlihen Wert. Der neue Verkäufer kann
für Mk. 11040.— verkaufen, bevor der Kauf
abgabepflichtig wird.

Der gesetzlihe Höhstgewinn mit amtliher Wert-
festsetzung verhindert den freien Handel niht, er
bewirkt nur, daß das Steigen der Bodenpreise von
der Gemeinde geregelt werden kann und daß die
Gemeinde an großen Gewinnen teilnimmt. Hat
eine Gemeinde Interesse daran, eine Gegend nur
von Wohlhabenden besiedeln zu lassen, so genügt
es, den amtlihen Wert hoh anzusetzen; wünsht
sie eine bestehende Preislage beizubehalten, so wird
das durh Unveränderlihkeit des amtlihen Preises
erreiht; einer Verminderung der Bodenpreise bei
wirtschaftlichem Niedergange steht der amtlihe
Wert niht im Wege; es empfiehlt sih aber, ihn
bei anhaltend niedriegen Preisen herabzusetzen,
um bei neueinsetzender Anspannung die Gemeinde
wieder am Gewinn zu beteiligen.

Bei bebauten Grundstücken gilt der Höhstge-
winn nur für den reinen Bodenpreis; Baulihkeiten,
Gartenanlagen, Düngung auf die noh kein Ertrags-
jahr gefolgt ist, können nihtzum Erstehungspreis ge-
rechnet werden, und sind gesondert zu verkaufen.
Die Zinsen des Erstehungspreises können niht zum
Erstehungspreis geshlagen werden, jedes Grund-
stück wirft eine Bodenrente ab, die für sih die Ver-
zinsung des Anlagekapitals darstellt.

Die Verstaatlihung des Bodens entspriht niht
dem Empfinden des Volkes, das freie Männer auf
freiem Boden wünsht. Jede Steuer auf den Boden
oder die Grundrente verteuert den Boden.

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