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Die Gartenkunst — 32.1919

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Heicke, C.: Ein Siedlergarten-Wettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0059

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Ein Siedlergarten-Wettbewerb.

Voraussetzungen*

Der Zweck des Siedlergarten-Wettbewerbes,
den wir für die Mitglieder unserer Gesellschaft
ausgeschrieben hatten, war zunächst, die Garten-
architektenschaft anzuregen, sich eingehender
als seither mit dieser neuen Aufgabe zu be-
schäftigen, die ihr Arbeitsgebiet so nahe be-
rührt, dann aber den am Siedlerwerk be-
teiligten andern Kreisen die Notwendigkeit klar
machen, den Gartenfachmann zur Mitwirkung
heranzuziehen. Denn, von vereinzelten Aus-
nahmen abgesehen, wird ihm bisher noch so gut
wie gar keine Gelegenheit zur Mitwirkung bei
diesem zukunflswichtigen Werke gegeben. Das
ist nur zu verstehen, wenn man bedenkt, daß
immer noch weite Kreise keine Ahnung vom
Schaffen des Gartengestalters haben und ihn
entweder für einen Mann halten, der mit einigen
Blumen und Ziersträuchern Vorg ärten herkömm-
licher Art anpflanzt, oder in ihm denjenigen
scheuen, der mit mehr oder weniger Geschmack
sogenannte Villengärten für reiche Leute „an-
legt“. Und so erlebt man es immer wieder, daß
garnicht an ihn gedacht oder allenfalls mit einer
gewissen Verwunderung gefragt wird: was ver-
spricht sich der Gartenarchitekt vom Siedlerwerke,
wo es sich um einfachste
Verhältnisse handelt und
seiner Betätigung so gut
wie gar kein Spielraum
geboten ist?

Daß gegen diese schiefe
Auffassung noch immer
angekämpfl werden muß,
daran sind aber auch
in mancher Hinsicht die
Gartenarchitekten selbst
schuld; denn tatsächlich
haben von ihnen noch nicht
alle das Verständnis auf-
gebracht für die Notwen-
digkeit, sich ernsthaft mit
Aufgaben zu befassen, die
die Erfüllung sozialer Be-
dürfnisse bezwecken und
weitgehende Selbstbe-
schränkung in 4er Verwen-
dung der gärtnerischen
Schmuck- und Gestaltungs-
mittel erfordern. Im besten
Falle brachte mancher es
bei deren Lösung zu einer
nichtssagenden Abwand-
lung des Schemas des herr-
schaftlichen Hausgartens
in verkleinertemMaßstab.

Ähnlich war es ja auch den Architekten bei
den Siedlungen für kleine Beamte, Werkmeister
und andere Angestellte großerWerke ergangen,
die lange Zeit auf kleineVerhältnisseübertragene
Nachbildungen von Villenkolonien begüterter
Kreise gewesen sind und infolgedessen nie ihren
Zweck erfüllten, nämlich denen, für die sie be-
stimmt waren, ein Heim zu bieten, in welchem
sie sich wohlfühlen konnten. Mas lese, was
darüber in dem Buch vom „Sparsamen Bauen“
von Behrens-de Fries gesagt ist: „Diese Klein-
wohnungen sind noch allzusehr beeinflußt durch
ihre Ableitung von der bürgerlichen Wohnungs-
form her. Was aber beim Ausbau der geräu-
migen Bürgerwohnung berechtigt ist, das ist in
Anwendung auf die möglichst wirtschaftliche
Kleinwohnung vom Übel. Man mache sich klar,
daß die Lebensweise des Arbeiters anders ist,
wie die des Beamten und des Bürgers, daß seine
Anschauungen, Gewohnheiten, Ansprüche und
Rechte besondere und bestimmte sind, die seinen
Kreisen ihren eigenen Charakter verleihen, wie
sie auch seiner Wohnart ihren Stempel auf-
drücken. Es ist wertlos, ihm Musterwohnungen
hinzusetzen, in die er sich eingewöhnen soll,
die er aber notwendig stets als etwas Fremdes,
Aufgedrängtes, nicht sei-
nem Wesen Entsprechen-
des empfinden wird. Er
wird eine solche Wohnung
niemals lieben, niemals
in ihr warmzuwerden ver-
mögen. Es muß die
Form der Kleinwoh-
nung vom Standpunkt
des Arbeiters aus
durchdacht werden.“
(S. 16.„Vom sparsamen
Bauen“.)

Dieser Grundsatz gilt
sinngemäß auch für den
Garten, und es ist durch-
aus verfehlt, wenn man
den Arbeiter- oder Siedler-
garten nach ähnlichen Ge-
sichtspunkten aufbauen
will, nur in verjüngtem
Maßstab, wie den bürger-
lichen Hausgarten. Eben-
so verfehlt wäre es aber
auch, diesen Garten ledig-
lich 'als ein gleichgültiges
Stück Land zur Anzucht des
Bedarfs an Grünzeug für
die Küche zu behandeln,
ohne ihm die Behaglichkeit

Siedlergarten-Wettbewerb : ein II. Preis.
H. Cyrenius, Friedhofsinspektor, Halle a. d. S.
Schaltbild.

Gartenkunst Nr. 5, 1919.

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