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Die Gartenkunst — 32.1919

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Fischer, Rudolf: Mehr Spiel-Raum für das Großstadtkind!
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0104

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Mehr Spiel-Raum für das Großstadtkind!

Die Fürsorge für unseren Nachwuchs ist heute
dringlicher denn je. Geburtenrückgang und Säug-
lingssterblichkeit weisen infolge des Kriegs er-
schreckende Zahlen auf. Die Stadt Berlin muß in
zwei Jahren, wenn der Jahrgang 1914 schulpflichtig
wird, mehr als 70 ihrer Volksschulen schließen, weil
über20000 Kin-
der gegenüber
dem letzten
Friedens -Jahr
fehlen. In an-
deren Groß-
städten liegen
die Verhält-
nisse ähnlich.

Menschenöko-
nomie muß
schon beimKin-
de einsetzen;
denn von der
Ertüchtigung
der Jugend
hängt unsere
ganze Zukunft
ab. Rege sport-
liche Betäti-
gungwirdjetzt,
wo die militä-
rische Ausbil-
dung infolge
des Fortfalls
der allgemei-
nen Wehr-
pflicht aufhört,
in viel höhe-
remMaßenoch
gefördertwer-
den müssen
als früher.

Hier die not-
wendigenMaß-
nahmen zu er-
greifen , wird
in erster Linie
Sache der Ge-
meinden sein.

Diese sind
aber durch den
Krieg und den
Friedensver-
trag derartig
belastet, daß
nursolcheMaß-
nahmen schnell
durchgeführt
werdenkönnen,
die billig sind.

Hierzumacht
der Berliner
Arzt Dr. Ham-
burger in einem Heft,.Spielraum für Großstadtkinder
(B. G. Teubner, Leipzig) beachtenswerte Vorschläge.
Er weist einleitend darauf hin, daß dem Großstädter
durch sorgfältige Ausnutzung aller Freiflächen kon-
sequent der Aufenthalt im Freien ermöglicht wer-
den muß; denn nur im Freien entfalten Sonne,
Wind und Luft ihren wohltätigen Einfluß auf den
menschlichen Organismus. Durch reichliches Leben
im Freien wird am sichersten der Verschlechterung
der Körperbeschaffenheit vorgebeugt, die bei einem
Teil der großstädtischen Jugend durch Skrophulose,
Bleichsucht und Tuberkulose zum Ausdruck kommt.

„Die Mittel, die da verwandt werden, dürften sich
reichlich bezahlt machen durch Ersparnisse an
Krankenhäusern, Heilstätten, vielleicht sogar Ge-
fängnissen.“ Umfangreiche Parkanlagen rings um
das Weichbild der Stadt zu schaffen, dazu werden
Geldmittel jetzt schwerlich bereitgestellt werden

können, auch
würden diese
derEntfernung
wegen immer
nur einem Teil
der Stadtbe-
völkerung von
Nutzen sein.
DasGroßstadt-
kind ist — lei-
der — für sein
Spiel auf die
Straße ange-
wiesen. Dr.

Hamburger
will daher nach
dem Grund-
satz der De-
zentralisation
Spielgele-
genheit im
5 Minuten-
bereich je-
des Hauses
geschaffen
wissen.

Schöne Gar-
tenanlagenmit
Wandelalleen,
schattigenSitz-
plätzen und
buntem Blu-
menschmuck
sind nur für die
Erwachsenen.
Kindern ist
Spazierenge-
hen und artig es
Stillsitzen eine
Qual. DasKind
will Bewegung
undBetätigung
inseinemSpiel.
Jeder Sand-
haufen, selbst
die Baum-
scheiben der
Straßen-
bäume locken
es mehr als ein
Schmuckplatz,
der nicht betre-
ten werden
darf. Sand-
spielkästen für die Kleinen müssen überall zu fin-
den sein, in den öffentlichen Parks, auf den Stadt-
plätzen, den Promenaden und in den Straßen.
Die Kosten sind nicht erheblich, und Platz dafür ist
überall zu finden. Dr. Hamburger weist das durch
zahlreiche Abbildungen aus Berlin überzeugend nach.
Auf Plätzen, Mittelpromenaden, an Straßenecken
und auf breiten Bürgersteigen der Wohnviertel ist
genügend Raum vorhanden, soviel Sandkästen und
Ruhebänke aufzustellen, daß sie für jedes Wohn-
haus erreichbar nahe liegen. Diese Sandspiel-
kästen müßten in Arbeitervierteln möglichst dicht

Geräumige Gartenlaube mit Satteldach, daneben Kinderspielplatz (Schaubild)
Richard Stegmiller, Gartenarchitekt, Frankfurt a. M.

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