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Die Gartenkunst — 33.1920

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Redslob, Edwin: Der Park zu Weimar als Ausdruck Goetheschen Lebensstil
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Zahn, Fritz: Gartenkunstbetrachtungen aus Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.20812#0018

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zahllos sind die Anregungen, die er in den 80 er
und 90er Jahren zu geben vermochte, als sich
die Maler vom braunen Atelierton befreiten und
erst ein Auge für das Grün der freien Natur und
den Reiz seiner Abstufungen bekamen.

Buchholz freilich zog weniger gepflegte Ge-
genden vor — das Webidit, die Umgebung von
Oberweimar, den wilden Graben, Hagen aber,
Gleichen-Rußwurm und Rohlfs fanden im Park
Motive zu einer Fülle ihrer Werke.

Daher ist der Park zum Symbol der Arbeit
Goethes und seiner Nachfolger geworden. Er
ist bewohnt, benutzt, spendet Leben, mehr als
in Worten zu erfassen, mit Gedanken zu er-
messen ist.

Wir fühlen den Segen Goethes, den er, fast
80jährig, in Verse kleidete:

Der's gebaut vor fünfzig Jahren
Sieht es noch am Wege stehn
Liebespaar vorüber gehn
Wie wir andern damals waren
Als die Büsche lieblich kühlten
Lichter in dem Schatten spielten

Wo sich Liebende verstanden
Immer suchten, oft sich fanden
Zu gesellig frischem Leben
Wie wir's Euch nun übergeben.
Darüber hinaus aber überdenken wir, was
im Grunde die Parks aus der Zeit des 18. und
frühen 19. Jahrhunderts bedeuten. Da erscheint
es sinnvoll, daß der junge Goethe, aus dem Er-
kennen innerer Gemeinschaft, sein Schaffen vor
dem Straßburger Dom mit einem Preislied auf
Erwin von Steinbach begann.

Was die Dome der Gotik für das Mittelalter
bedeuten: die Vereinheitlichung allen Lebens,
seinen höchsten Ausdruck, seine Zusammen-
fassung und Ausströmung, das sind in der Zeit
der befreiten Persönlichkeit, in der Zeit der Hin-
gabe an alles Wollen der Natur, die Parks ge-
worden — also erleben wir den Zusammenhang
Erwin von Steinbachs mit Goethe, den Zusammen-
hang unserer alten Dome mit den Parks, daraus
aber erkennen wir die Bedeutung der Garten-
kunst, die einen Goethe zu ihren entscheidenden
Meistern zählt.

Gartenkunstbetrachtungen aus Weimar

Klein ist die Stadt. Du kannst sie, wenn Du willst,
Von einem Tor zum andern rasch durcheilen.
Doch wunderbar, durcheilen wirst Du nicht.
Oft wirst Du stehn und sinnend wirst Du weilen;
Denn es wird sein, als ginge hinter Dir
Ein Unsichtbarer; flüsternd leise Worte:
Geh hier nicht durch im Handwerks-Reiseschritt,
Nicht ziemt es sich an dem geweihten Orte.
Nicht fahnde hier nach Sehenswürdigkeiten,
Was Neugier reizt, Du wirst es nicht erblicken,
Dein Herz tu auf, und aus der Ewigkeit
Wird Hauch der Ewigkeit Dein Herz erquicken.

(E. v. Wildenbrudi.)

Sehen wir als Gartenkünstler Weimar an. Eine
Gartenstadt ist es; ein Kranz von Anlagen umgibt
es. Das malerische Bild seiner Altstadt findet in
den zwanglos angeordneten Einzelbäumen, in dem
Überhängen und Uberragen mächtiger Baumkronen
aus den Gärten in die Straßen eine wertvolle Be-
reicherung. Es gibt prächtige Beispiele dafür, wie
nur durch Bäume ohne andere gärtnerische Ver-
schönerung wunderbare Platz- und Straßen-Wir-
kungen erzielt werden. Ich erinnere an die in ihrer
Einfachheit reizvoll wirkenden vier Kugelakazien an
der Erweiterung der Geleitstraße am Zeughaus
(Abb. 1 Seite 13), sowie an die, dem Theater gegen-
über, dem niedrigen Gebäude am Zeughof als
feste Wand vorgepflanzten sechs kräftigen, dicht
stehenden Rüstern (Abb. 2 Seite 13). Der Theater-
platz hat keinen gärtnerischen Schmuck, wenn
man die genannten Rüstern nicht als solchen an-
sehen will. Trotzdem fehlt ihm nicht das Grün.
Die an ihm liegenden Grundstücke liefern es im
reichen Maße, so der Werthergarten mit großen
Bäumen, eine kräftige Akazie in der Dingelstädt-
straße und auf der anderen Seite des Theaters die
mit Schlingern berankten Gebäude, über die hin-
weg wieder die Krone einer mächtigen Akazie im
Hintergrund erscheint, die einen kleinen Brunnen
beschattet und für den Theaterbau einen Rahmen
von der Erfurter Straße her bildet (Abb. 3 Seite 13).

In der Reihe dieser durch Einzelbäume ausge-
zeichneten alten Stadtbilder nenne ich noch die
Schiller Straße, an deren platzartigen Erweiterung
ein Brunnen — Gänsemännchen-Brunnen — und da-
hinter eine weit ausladende Akazie steht. Die ge-
schlossene Bauflucht ist an dieser Stelle durch einen
Garten unterbrochen, dessen Grün dem Brunnen
einen netten Hintergrund gibt. Das ist ein Plätz-
chen, das unter Denkmalsschutz stehen müßte.
Und wer vom Markt durch die Frauentorstraße
geht, sieht auch hier einen grünen Abschluß in den
Linden vor dem Weißen Schwan. Der Platz unter
ihnen dient zum Aufstellen von Tisdien, und er-
innerte mich lebhaft an ähnliche Beispiele der alten
interessanten Stadt Innsbruck. (Abb. 4 Seite 13.)

Daß Plätze, entstanden an Straßenerweiterungen
und Kreuzungen, nicht der Rasenflächen und Beete
bedürfen, lehrt der an der Ecke der ansteigenden
Marien- und Amalienstraße liegende Wielandplatz,
dessen Fläche nur in Kies liegt, aus der das Wie-
landdenkmal herauswächst. Platanen am Rand der
Böschungen umschließen den Platz und schaffen einen
der Größe des Denkmals angemessenen Raum, ge-
statten auch das Denkmal in Ruhe anzusehen, ohne
Störung durch den regen Verkehr hier an der Um-
steigestelle zweier Straßenbahnlinien.

Ganz im Sinne der alten Zeit ist der Garten
bei dem Goethehause am Frauenplan erhalten.
Einfachste Aufteilung durch rechtwinkelig sich schnei-
dende, mit Bucfasbaum eingefaßte Wege, Rosen zu
ihren beiden Seiten; ein lauschiger Sitzplatz unter
großer Blutbuche; an die Ecke der Grenzmauer an-
gelehnt ein Gartenhaus, dessen Dadi altväterlich
•gemütlich über die Mauer hinwegschaut.

Es mag sein daß das persönliche Empfinden beein-
flußt wird durch die im Goethehause gewonnenen Ein-
drücke, und daß dadurch das Gartenbild anders zu uns
spricht, wie es die gleiche Anlage an anderer Stelle tun
würde. Selbst wenn man das alles in Rechnung stellt,
so bleibt doch noch so viel übrig, daß der Garten in
seiner schlichten Einfachheit unbedingt gefallen muß.

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