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Die Gartenkunst — 42.1929

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Sonderheft Bremen
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Giesen, Josef: Rationelle Betriebsfürung
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Singer, Wolfgang: Erhaltung und Nutzung der historischen Gärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0248

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Schwarz, Stuttgart.) Auch die Verwendung des Elektro-
karrens als Beförderungsmittel oder auch als Sprengwagen
sei noch erwähnt. (Siemens-Schuckert, Berlin.)
Eine neue Schiebkarre mit einer Fahrtvorrichtung nach
Art der Raupenschlepper ist für Gärtnereiunterhaltungs-
betrieb sehr wertvoll. Durch die enorm große Lastver-
teilung auf das Schleppersystem wird beim Befahren einer
losen Erd- oder Rasenfläche die Rillenbildung vermieden.
Zum Baumfällen hat sielt eine Vorrichtung „Waldteufel”
genannt, außerordentlich bewährt. (Fa. Büthner in Eifa,
Kreis Alsfeld, Oberhessen.) Am Fuße eines Baumes fest-
gelegt, ein Drahtseil in die Krone des zu fällenden
Baumes angebracht, ermöglichen einige Hebelbewegungen
und gleichzeitiges Verhängen der Fällkette, das Ausreißen
des Baumes mit samt dem größeren Wurzelwerk. In
8 Minuten fielen schwere Fichten und in 14 Minuten
1 Ulme mit 35 cm Stammdurchmeller.
Auf eine Motorsäge, die Rincosäge, die mit einer Ketten-

säge arbeitet, sei noch hingewiesen. (Ring & Co., Berlin.)
Stämme von 35 bis 40 cm Durchmesser werden in J/2 Mi-
nute durchschnitten, so daß das Aufarbeiten eines starken
Baumes in rd. Stunde erledigt sein kann.
Zur Reparatur der Motoren und Maschinen ist bei der
Gartenverwaltung Köln eine Reparaturwerkstätte der
Unterhaltungsabteilung angegliedert. Sie weist alle mo-
dernen Einrichtungen auf: Langschleifmaschine, Zylinder-
schleifmaschine, Kopfschleifmaschine, Bohrmaschine, Dreh-
bänke und sonstige Hilfsmittel, wodurch erhebliche Re-
paraturleistungen in kürzester Zeit ermöglicht werden,
die in Privatbetrieben teurer sind und oft monatelang
dauern. Der Betriebsführer ist ein Fachmann aus einer
Rasenmäherfabrik flammend, welcher täglich mit dem
Fahrrad unterwegs ist und Arbeitsgang, Einstellen der
Meller, Pflege und Läger der 300 Handmäher, 15 Mo-
torrasenmäher, 12 Tripplemäher, 4 Motor walzen und
deren Beförderungsgeräte kontrolliert.

Erhaltung und Nutzung der historischen Gärten
Von Gartendirektor Wolfgang Singer, Bad Kissingen.

Nach Art. 150 der Reichsverfassung genießen die Denk-
mäler der Kunst, der Geschichte und Natur den Schutz
und die Pflege des Staates. Also nicht nur den Schutz,
sondern auch die Pflege des Staates! Die berufenen
Vertreter des Denkmalschutzes haben immer schon die
historischen Gärten zu diesen Denkmälern gerechnet;
Zweifel bestanden lediglich wegen der Gärten des land-
schaftlichen Stils. Heute wird von allen Kunstverstän-
digen der landschaftliche Gartenstil — zum mindesten
jener des 18. und der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts —
als der Parkstil der Romantik gewertet und den alten,
für die Geschichte der Gartenkunst und der Kunst über-
haupt bedeutungsvollen Landschaftsparken als Denkmälern
ihrer Zeit die gleichhohe ästhetische, kunst- und kultur-
historische Einsehätzung wie den alten Gärten formalen
Stils zugeeignet.
Freudig ist anzuerkennen, daß allgemein in den maßge-
benden Kreisen, besonders Dank der guten und plan-
mäßigen Arbeit der verantwortlichen Gartenbeamten, mit
Unterstützung der Organe und der Tage für Denkmal-
pflege, den historischen Gärten großes Interesse und Ver-
ständnis entgegengebracht wird. Doch bestehen Meinungs-
verschiedenheiten über die beste und richtigste Art ihrer
Behandlung. Im Allgemeinen gilt der heutige, richtige
Grundsatz der Denkmalpflege: Unter tunlichster Wah-
rung des Charakters der ursprünglichen Anlage
Erhaltung und Pflege des durch unaufhaltbare
Einflüsse der Natur, durch Entwicklung der Kunst
und Kultur im Laufe der Jahre veränderten Zu-
standes und Säuberung von ungeschickten, die
Ruhe und Einheitlichkeit Hörenden Zutaten. Nur
ein kleiner Teil Kunstverständiger steht auf dem purita-
nischen Standpunkt: Ausmerzung aller späteren Verände-
rungen und Zutaten und völlige Wiederherstellung des
ursprünglichen Kunstwerkes. Dies hat nur für solche
historische Gärten Berechtigung, die, bereits in einem
frühen Zustande der Benutzung entzogen, entweder pie-
tätvoll gepflegt und erhalten sind oder gleich Dornrös-

chen ein Jahrhundert lang ein verborgenes Dasein geführt
und dabei die alten Linien im Grund- und Aufriß un-
verfälscht bewahrt haben, wie etwa Veitshöchheim, Schleiß-
heim, die alten markgräflichen Gärten im Bayreutischen,
der Terrassengarten in Sanssouci, Groß-Sedlitz und we-
nige andere. Bei diesen ist Erhaltung oder Erneuerung
im Geiste der Epoche ihrer Entstehung schwierige, aber
dankbare Aufgabe des Gartengestalters, damit derartige
wohlkonservierte Kunstwerke unserem Volke zur Freude
und zur Belehrung über die hohe Gartenkunst und Kul-
tur vergangener Jahrhunderte dienen. Sonst sind überall
Änderungen und Hinzufügungen, die als Ausdruck der
Kunstrichtung ihrer Zeit in vollendeter Weise vorgenom-
men wurden, — mag man den Verlust alter Kunstwerte
noch so sehr bedauern — im Geiste praktischer Denk-
malpflege anzuerkennen und zu erhalten. Daher gehören
u. a. Angliederung landschaftlicher Parkteile an die alte
regelmäßige Anlage in Schwetzingen, Umgestaltung gro-
ßer architektonischer Anlagenteile in landschaftliche in
Nymphenburg, auch manche nachträglich aus begründe-
ten Anläsien aufgestellte Denkmäler und sonstige Pla-
stiken.
Vielfach sind aus den im Grundriß streng regelmäßig
erhaltenen Gartenräumen durch Verwildern der Hecken
und formalen Baumkörper, oft auch durch absichtlich
hineingebrachten malerischen Pflanzenwuchs naturalistische
Gebilde, manchmal mit allem Zauber schöner Burgruinen
entstanden; rasch aber verwischen und zerstören die freien
Pflanzenformen die architektoniichen Linien und damit
den Charakter der Gartenkunstwerke. Eines der mar-
kantesten Beispiele bildet die an sich höchst maleriiche
Umpflanzung des Pegasussees in Veitshöchheim mit Trä-
nenweiden, die heute als ausgesprochen landschaftlicher
Mantel die feinen Barockformen des reichgegliederten
Heckenrahmens gänzlich verhüllen. Wenn die Wieder-
herstellung der alten architektonischen Formen erwiinseht
und mit den verfügbaren Mitteln durchführbar ist, er-
leichtern zumeist die in den Barockgärten für Hecken

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