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Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0011
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Einleitung'«

Hjs giebt kaum einen Zeitabschnitt in der Geschichte, der in manchen Beziehungen noch so unbekannt
wäre als das fünfzehnte Jahrhundert. Halbwahre und ganz falsche Vorstellungen über dasselbe sind unter uns
noch weit verbreitet und in, zum Theil noch ganz unangefochtener, Geltung. Besonders ist dies in Beziehung
auf die kirchlichen und religiösen Zustände der Fall. Man dürfte nicht sagen, dass der Mangel an Quellen
davon die Ursache sei, vielmehr wird die überreiche Fülle und die Beschaffenheit derselben die Schuld tragen.
Was die handschriftlichen Quellen betrifft, so fliessen sie in keiner Zeit reichlicher, und das scheinbar ver-
gänglichere Material des vortrefflich gearbeiteten Leinenpapiers hat oft das stärkere Material des Pergaments
überdauert. Auch giebt es aus dem fünfzehnten Jahrhundert Handschriften genug, die schön geschrieben und
leicht lesbar sind, Handschriften zum nicht geringen Theil von Frauen geschrieben, wie das aOrate pro scriptrice"
oder "Ein Aue marie for de schriuersche" am Ende uns zeigen. Aber die grössere, die weit überwiegende
Zahl der Handschriften dieser Zeit ist doch in einer so unleserlichen Currentschrift, und mit so vielen und
mannigfaltigen Abkürzungen geschrieben, dass sie mit sieben Siegeln verschlossenen Büchern nicht unähnlich
sind, und dass die grösste Mühe dazu gehört, sich in sie hineinzulesen, oder auch nur zu wissen, wovon darin
gehandelt werde, zumal es ungewiss ist, ob diese Mühe durch den Inhalt irgend wie werde vergolten werden.
Dazu kommt die Eigentümlichkeit des fünfzehnten Jahrhunderts, welches durch den, meist erst an das Ende
gesetzten Titel eines Buches den Inhalt desselben, nicht sowohl deutlich anzugeben, als vielmehr in rätselhafter
Weise zu verbergen liebte. Wer könnte z. B. ahnen, dass ein Buch, "der Seele Trost" genannt, ein Buch
über die zehn Gebole, ein anderes mit demselben Titel ein Buch über die sieben Sacramente sei? Wer könnte
rathen, dass Johann Nider's Buch "Die vier und zwanzig güldnen Harfen" nichts anders sei, als eine Bearbeitung
der Collationen des Johannes Cassian? Wer wird nicht in einem Buche "dat licht der sele" eine Uebersetzung
eines andern "lumen animi" vermufhen, und in dem Buche "die Hymelstrass" eine Uebersetzung der "Scala
coeli" zu finden glauben? Und doch haben die Bücher nichts miteinander gemein. Solcher räthselhafter, ich
mögte sagen neckischer Titel lassen sich aber noch viele anführen.

Die gegen die Mitte des Jahrhunderts hin, nach manchen, meist viel zu wenig beachteten Versuchen
erfundene Buchdruckerkunst (dass diese Kunst nicht, wie Minerva aus dem Haupte Jupiters, aus dem Haupte
Gut/enbergs allein völlig gerüstet hervorgesprungen sei, darin haben die Holländer wohl Becht) fugt nun zu
den Handschriften eine reiche Fülle gedruckter Quellen hinzu. L. Hain, unter den Verzeichnern der Drucke
des fünfzehnten Jahrhunderts bisher der Genaueste und Sorgfältigste, hat in seinem Bepertorium Bjbliographicum
Stuttgardt 1826, 2 Bände in 4 Theilen 8°, verschiedene Drucke bis zum Jahre 1500 16299 Nummern aufgeführt,
und oft bezeichnet eine Nummer drei bis vier und noch mehr starke Bände. Niemand aber, der sich mit
diesen alten Drucken längere Zeit beschäftigt hat, und der es weiss, wie oft ihm alte Drucke vorkommen, die
 
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