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Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0063
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53

Achtes Capitel.

Das erste Gebot.

Beginnen wir nun, um übersichtlich darzustellen, wie die genannten Schriftsteller die zehn Gebote be-
handelten, mit dem ersten Gebote, so finden wir, dass mehrere derselben eben dadurch ihre Erläuterung über
dieses Gebot in die Länge ziehen, dass sie Vieles ausfuhrlich besprechen, was nur in einem sehr losen Zu-
sammenhange mit dem Gebote steht. So widmet Herp von den 30 Sermonen über das erste Gebot Sermo
10—15 dem Svmbolum, 16—20 der Taufe, 21 der Conörmation, 22 der letzten Oelung, 23—28 dem Hoch-
muth, der Demuth u. s. w. So behandelt auch Nider das Symbolum und von den Todsünden die superbia,
accidia und Verwandtes beim ersten Gebote. Darin stimmen fast Alle iiberein, dass sie damit anfangen, man
müsse an Gott vor allen Dingen glauben, ihn anbeten und loben. Dünkelspükel Hess seinen Predigten über
die zehn Gebote eilf Predigten über die Liebe zu Gott und den Nächsten vorangehen. Heroll knüpft in seiner
Einleitung an die Worte Christi an: "Ihr seid meine Freunde, so ihr thut was ich euch gebiete" Job. 15,14.
und "Wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, der ist mein Bruder, Schwester und Mutter" Matth. 12, 50.
und die Giessner Handschrift, 851 Bl. 1. fasst das erste Gebot in die Worte "lnne eynen got soltu gleuben,
anbeden, liephan ober alle dyngk, ynne ene hoffen, yne eren unddynen." Der Speygel der leyen (Beil. S. 148)
sagt kurz und treffend: "Hebbe god leff bouen alle dink, eme dene, ene anbede, wat he wil dat laet vor
dynen wyllen ghaen." Joh. Wolff Bl. 3b beginnt die Beichte: Vor die zunemenden gelerten ond ungelerten
vorstendigen menschen zu bychten etc. mit den Worten "Eyn god saltu anbeden, gleuben, liephan über alle
creatur, hoffen, dyenen und eren," was uns wie ein Anklang an Luthers Calechismus entgegenlönt. Daran
schliesst Wolff bis Bl. 6 b die weitere Auslegung des ersten Gebotes an. — Demnächst fehlt in keinem unsrer
Bücher die Frage nach dem rechten Glauben und die Einschärfung, dass wer ihn nicht habe, ein Uebertreter
des Gebots sey, namentlich wenn er es verschmähe ihn zu lernen. Uebertreter des Gebots sind die Heiden,
die Ketzer, die Juden. Es ist nicht zu sagen, welch ein Abscheu vor den Juden sich in den Auslegungen des,
doch ursprünglich jüdischen Gesetzes ausspricht; es mochte wohl der Wucher sein, der sie so verhassl machte.
Zum Gebote "du sollst nicht stehlen" wird die Warnung vor dem Wucher in die Worte gekleidet "Du sollst
nicht mit dem Judenspiess laufen." Der Jude heisst "der verfluchte Hund" (Beil. S. 7). Aber auch beim
ersten Gebote wird es zu einem schweren Vergehen angerechnet, mit Juden zusammen zu wohnen, zu essen,
zu baden, den Frauen ihnen bei Bereitung ihrer ungesäuerten Brodte zu helfen, und namentlich von Savonarola
(Beil. S. 208 u. 12). Der Frater Hungarus (Sermo 7) sagt, die Fürsten sollen die Juden nicht dulden. Was
sollen wir, ruft er aus, von dem Herrn sagen, der die Juden in sein Land lässei, der ihnen sein Haus ver-
miethet? Die Fürsten sollen die Juden zur Herausgabe des erpressten Wuchers anhalten, Juden sollen keine
christliche Dienstboten halten, auch kein Zeugniss gegen Christen ablegen dürfen. Dass diese sorgfältige Ab-
sonderung von Heiden, Juden und Ketzern das Ansehn der Kirche befestigen sollte, als welche die alleinige
Bewahrerin des rechten Glaubens sei, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden. Ebenso nehmen die meisten
unserer Bücher keinen Anstand zu behaupten, dass durch das Gebot die Verehrung der Maria und der Heiligen
geboten sei, denn Gott habe sie ja geehrt, wie viel mehr müssten die Christen es thun.

Alles, so wird dann gleichmässig mit vollem Rechte von Allen ausgeführt, worauf der Mensch mehr
Werth lege, seine Zuversicht setze als auf Gott, sei sein Abgott. Wer Menschen mehr Hebt als Gott ist ab-
göttisch, der Geizige, der Schmeichler ist abgöttisch, der Hoffärtige ist abgöttisch. "Sucht der mensch die
hoffart mit newen funden (Moden) oder in geistlicher weise als mit gebet und vasten, so ist es eine schwere
todsünde" erklärt M. v. d. Lyndauwe. Wer Gott nicht mehr als die Creatur liebt, ist mit sehenden Augen blind.
 
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