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Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0068
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Der Sele Trost, Augsburg 1483: der gehörnte Moses hält stehend die Gesetztafeln, welche er von Gott
aus den Wolken empfangen hat, dem knieenden Volke vor. Hinter diesem eine Säule, auf der ein Götzenbild,
von dem aber die obere Hälfte abgebrochen ist und herabfällt. Oben über dem Bilde die Worte: Du solt
ainen gol anbelten. Der Sele Trost, Zwoll 1485, hat auf dem Titelblatte eine ähnliche Darstellung (vgl. S. 48).

SchotCs Christi. Walfart, Fol. 34b, vgl. Beil. 159—80. B. Grün's Darstellung: Gott in den Wolken
hält die Gesetztafeln, Moses knieend am Boden, hinter ihm knieet eine Frau, welche inbrünstig die Arme über
die Brust gekreuzt hat. Vier Männer, von denen einer einen Bosenkranz in der Bechten trägt, schauen zu
einer Säule auf, die «in Götzenbild trägt. L. Cranach: Links empfängt Moses von Gott die Gesetztafeln, rechts
knieet ein Paar vor einer Säule, auf welcher ein Götzenbild mit einem Spiesse steht. Luther, Basel 1520:
Vor einem Crucifix kniet rechts ein Paar, links eine Säule mit einem Abgott vor dem Anbetende. Die Dar-
stellung im Bekhtbiichlein (Augsburg 1523) ist eine Copie nach Hans Baldung Grün.

Neuntes Capitel.

Das zweite Gebot.

Ehe ich zu dem sogenannten zweiten Gebote übergehen kann, muss ich des Gebotes gedenken, dass
diese Stelle einnehmen sollte. Dass die Worte: "Du sollst dir kein Bildniss noch Gleichniss machen" u.s.w.
nicht ein Beisatz des ersten Gebotes, sondern das zweite Gebot sind, und dass es ganz unmöglich ist, das
Verbot des Begehrens in zwei Gebote zu theilen, habe ich früher (Ueber die Eintheilung des Decalogus, Seite
210—233 bewiesen. Es kann nicht die Aufgabe sein, das dort Gesagte zu wiederholen, obwohl es sich viel-
fach vermehren liesse, auch würde es sehr unerfreulich sein, auf die Versuche (ich habe seitdem noch viele
kennen gelernt) einzugehen, welche die lutherischen Polemiker machten, um die Auslassung des zweiten und
die Theilung des zehnten Gebotes zu rechtfertigen. Nur so viel mag hier gesagt werden (und ich halte es eben
als Lutheraner für Pflicht, es zu bekennen), dass sich die lutherische Polemik bei diesen Versuchen in ihrer
allerkläglichsten Gestalt zeigte. Dass die Beformirten in irgend einem Punkte Recht haben könnten, das schien
den lutherischen Zänkern des 17. Jahrhunderts fast eben so unerträglich, als ihren Nachfolgern in unsern Tagen.
Ebenso muss ich wiederholen, dass es der lutherischen Kirche unwürdig ist, eine Eintheilung der zehn Gebote
in ihren Catechismen fortzuführen, die sich gar nicht vertheidigen lässt (vergl. Bötticher, die Nothwendigkeit
einer Reform des Catechismus in der Lehre von den zehn Geboten, Berlin 1847., 8.). Und wenn es sich noch
allein um die Eintheilung und um die widersinnige Zerreissung des letzten Gebotes handelte, es handelt sich
geradezu um die Austilgung eines Gebotes. Da verstehe ich nun gar nicht, wie man noch immer seine Zuflucht
dazu nehmen mag, das für etwas ganz Geringfügiges, für eine pure Kleinigkeit zu halten. Es giebt doch nur
etwas Zwiefaches, entweder die zehn Gebote sind ein göttliches Gesetz, oder sie stehen mit menschlichen, etwa
mit denen der 12 Tafeln, auf einer Stufe. Selbst wenn das Letzlere der Fall wäre, würde doch nie ein römi-
scher Jurist es für etwas Geringfügiges halten, die eine Tafel wegzuwerfen und die Andere in zwei Stücke zu
brechen, um doch wieder zwölf zu haben. Aber wie man die zehn Gebote für ein unbedingt und im eigent-
lichsten Sinne göttliches Gesetz halten kann, und doch behaupten, die Weglassung eines Gebotes, oder doch
 
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