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Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0021
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In Antwerpen fuhr Karl August, nach einstündiger Rast, mit ihm zu van Bree,
der kurz zuvor Direktor der Akademie geworden war, und übergab ihn diesem als
Schüler. Am nächsten Morgen trat er die Rückreise an, und zwar auf der Schelde.
„Als er," erzählt Preller, „das Boot bestiegen hatte, kehrte er sich nach mir um und
sprach die mir für meine Lebenszeit unvergeßlichen Worte: .Höre, Preller, ich habe in
Deiner Kunst gar manchen jungen Menschen reisen lassen, es ist aus keinem etwas Tüch-
tiges geworden. Zu Dir habe ich Vertrauen. Strebe danach, Deinem Vaterlande,
Dir und mir Ehre zu machen. Nun behüte Dich Gott? — Er reichte mir die Hand
und ließ mich trauernd zurück."
Inzwischen hatte Van Bree schon für Wohnung und Beköstigung gesorgt. Er
war Historienmaler; kein großer Künstler, aber ein vorzüglicher Lehrer, der namentlich
streng auf zweckmäßige Zeiteinteilung hielt. Preller hat, so sehr ihm jeder Zwang in


Abb. 13. Landschaft bei Olevano. Angetuschte Federzeichnung, 1830.
Nach einer Photographie von Kemlein. (Zu Seite 29.)

bezug auf Mittel und Wege der geistigen Ausbildung zuwider War, stets dankbar an-
erkannt, was er bei ihm gelernt hatte: vor allem gründliche Kenntnis des menschlichen
Körpers, nicht minder aber die Fertigkeit im Malen. Auch menschlich scheint er dem
Schüler nahe gestanden zu haben; „ich wollte," schreibt dieser später, „ich könnte ihm
noch einmal um den Hals fallen".
Welcher Wert auf die Kenntnis der menschlichen Gestalt gelegt wurde, zeigen die
Prüfungsaufgaben; da waren in der Regel drei Gerippe zu zeichnen: von vorn, von
Hinten und liegend in der Verkürzung, und dann mußten alle drei „in Muskeln ge-
setzt" werden. Ferner war das lebende Modell mit Licht und Schatten aus der Er-
innerung zu zeichnen oder das Gerippe in die Umrißzeichnung einzufügen. Irgend-
welche Hilfsmittel durften dabei nicht benutzt werden. „Bei solchen Arbeiten," sagt
Preller, „waren wir unsere eigne Polizei, denn es handelte sich um die höchste Aus-
zeichnung." Früh Hatte sich in ihm die Überzeugung ausgebildet, daß die genaue
Kenntnis des menschlichen Körpers die unerläßliche Grundlage der bildenden Kunst sei,
 
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