Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0100
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
94


Sachen" (2. Beil.) einen Aufsatz von Wilhelm Lübke, der sich kurz darauf noch aus-
führlicher im Deutschen Kunstblatt (S. 171ff.) äußerte. Die Nationalzeitung enthielt
in ihrer Nr. 215 vom 10. Mai eine Besprechung von Titus Ulrich. Dieser hebt
besonders die nordischen Landschaften hervor. „Diese Werke," sagt er, „gehören zu dem
Bedeutendsten, was uns jemals vorgekommen. In der grandiosen Erhabenheit des
Nordens, in der rauhen Kraft seiner Erscheinungen erhebt sich der geniale Künstler auf
den Gipfel seiner schöpferischen Macht." Den weiter oben (S. 88) erwähnten Schiff-
bruch an der norwegischen Küste nennt er einen „Dreiklang aus Meer, Fels und
Wettergrauen, aus diesen drei Elementen in ihrer reinsten Unmittelbarkeit; einen
Akkord so stark, daß er uns wie der gewaltige Atem der Natur selber anweht". Auch
den Odyssee-Bildern, meint
er, mische sich manchmal
ein leiser Nordlandston
ein — eine Bemerkung,
die Preller unumwunden
als richtig zugibt. Im
übrigen erkennt ihm Ulrich
auch in diesen „eine hohe
Meisterschaft" zu. „Sein
Geschmack ist ebenso ge-
bildet, wie seine Absichten
würdevoll und rein sind.
Mit klarer Bestimmtheit
hält er das Wesentliche
der Erscheinung fest ...
Der Künstler bedient sich
der einfachsten Mittel und
geht dabei dennoch derart
auf die Mannigfaltigkeit
der Naturformen ein, daß
kein Teil des Gemäldes
leer oder bedeutungslos
erscheint. Es liegt in den
Motiven durchweg eine
frische Lebendigkeit des
Ausdrucks, und ihre Ge-
staltung wie Gruppierung
folgt den Gesetzen eines
in allen seinen Konsequen-
zen sicheren und schwung-
haften Stils." Durch

Lübkes Urteil fühlte sich Preller insofern noch wohltuender berührt, als er darin ein
noch tieferes Verständnis seiner künstlerischen Eigenart und seiner Absichten sand. Hier
mögen nur einige Sätze aus der Besprechung in der genannten Berliner Zeitung her-
vorgehoben werden. „Wir finden uns in eine ideale Welt versetzt, auf deren Boden ein
Geschlecht von heroischen Menschen frei und natürlich mit den olympischen Göttern ver-
kehrt. Überall jungfräuliche Erde, überall unendliche Fülle, Frische und Kraft ursprüng-
lichen Daseins . . . Mit dem vorwiegend plastischen Charakter, den wir als das Feste,
Männliche bezeichnen möchten, verbindet sich eine Innigkeit der Gemütsstimmung, welche
wie mit dem seelenvollen Zauber weiblicher Empfindung zu uns spricht, so daß man
von den Prellerschen Odyssee-Bildern dasselbe sagen kann, was als eigenstes Wesen bei
Goethes Iphigenie zu bezeichnen ist: daß die Antike mit der ganzen Innerlichkeit des
germanischen Geistes erfaßt ist."
„Kennen Sie Lübke," schrieb Preller darauf der Freundin, „so sagen Sie ihm,
 
Annotationen