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Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0126
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120


Abb. 125. Albert von Zahn. Bleistiftzeichnung 1870. (Zu Seite 125.)

Preller hatte die Kar-
tone außer der Reihenfolge
vorgenommen, je nachdem
ihm die Stimmung den
einen oder andern Gegen-
stand näher brachte. Im
Spätherbst 1862 lagen
deren dreizehn fertig vor;
es fehlte noch der Abzug
von Troja, ferner die Ver-
wandlung der Genossen
durch Kirke und die Be-
gegnung mit Hermes. Da
traf ihn unerwartet der
schwerste Schlag seines Le-
bens: die Gattin wurde
ihm nach kurzer Krankheit
am 2. Dezember durch den
Tod entrissen. Sie war sich
über ihren Zustand klar
gewesen, hatte aber tapfer
dem Arzt und der Schwä-
gerin Lotte, die sie pflegte,
das Versprechen abgenom-
men, gegen den Mann und
die Söhne zu schweigen.
„Sie wußte genau," sagt
Preller, „daß ich dieser
schrecklichen Gewißheit un-
terlegen wäre, hätt' ich sie

mit mir herumtragen müssen." Zuweilen war ihm der Gedanke nahe getreten, ihn
selber möchte vor Vollendung des Werkes der Tod ereilen, — daß ihm die Gefährtin
entrissen werden könne, war ihm nicht in den Sinn gekommen. Wie sie ihm das Leben
erleichtert, erheitert und verschönert hatte, wurde ihm erst jetzt voll bewußt. „All das,"
schreibt er an die Pflegetochter, „werde ich zuletzt bekämpfen lernen. Aber die innigste,
wärmste Teilnahme an meinem Schaffen, ihr liebevolles Herz und Gemüt, mit dem sie
mir so oft zur Seite stand, wenn ich erliegen wollte, mit dem sie mich stets erfrischte
und für das Schwerste ermutigte, das werde ich mit nichts auch nur entfernt ersetzen
lernen. Diese Lücke kann nichts in der Welt ausfüllen, mir ist eben die Seele ent-
rissen." Erst allmählich fand er einigen Trost in der Arbeit, mehr noch in dem Vor-
satz, mit seinem Werk ihr, die ihn dazu angeregt und es bis zum Tode mit ihrer Teil-
nahme gefördert hatte, ein dauerndes Denkmal zu setzen.
Nach Vollendung der Kartone blieben vor der eigentlichen Ausführung noch zwei
große Aufgaben zu erledigen: die Farbenskizzen für die Landschaften und der Sockel-
fries, welcher, mehr als zweihundert Menschen- und viele Tiergestalten umfassend, die
Abenteuer des Telemach und die Vorgänge im Hause des Odysseus während seiner Ab-
wesenheit und nach seiner Rückkehr darstellt. Diese Arbeit wird, da sie hier nur be-
gleitend und ergänzend auftritt, in ihrer Bedeutung leicht unterschätzt. An die Figuren
stellte gerade der Umstand, daß sie nur in Umrissen erscheinen, ganz besondere Forde-
rungen, in deren Erfüllung wohl wenige Landschafter mit unserm Künstler hätten wett-
eifern mögen. Auf eine Darlegung des Inhalts im einzelnen kann ich verzichten, da
der Fries durch die von Max Jordan besorgte, von Alphons Dürr (Leipzig 1875) ver-
legte Ausgabe den Kunstfreunden bequem zugängig gemacht ist. Ich gebe hier nur zwei
Ausschnitte wieder, die, ohne weiteres verständlich, leicht aus dem Zusammenhang zu
 
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