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Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0134
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Im November 1868 war Genelli gestorben. Preller setzte ihm ein echt freund-
schaftliches Denkmal in einem für die Loggia des eigenen Hauses bestimmten Figuren-
fries, zu dem er 1872 in Karlsbad den ersten Entwurf zeichnete: einer im Geiste
des Freundes gedachten idealen Darstellung von dessen Lebensgang mit Ausblick ins
Jenseits. In erweiterter Gestalt wurde der Fries später im Haus eines Hamburger
Kunstfreundes nochmals ausgeführt. Abb. 130 zeigt ein Bruchstück vom Entwurf des
darin enthaltenen Bacchuszuges. Damit hängt es wohl zusammen, daß Preller in
diesen Jahren mehrere Landschaften mit mythologischer Staffage gemalt hat: badende
Nymphen, tanzende Faune, Diana und Aktäon u. dergl.
Mit Vorliebe behandelte Preller in den letzten Lebensjahren Stoffe aus dem Alten
Testament. Während eines längeren Aufenthalts in Ilmenau im Kreise der Kinder
und Enkel hat er ein kleines Skizzenbuch großenteils mit Bleistift- und Federzeich-
nungen solchen Inhalts gefüllt; eine Probe davon gibt das Begräbnis der Sarah
(Abb. 131). Von ausgeführten Bildern gehören hierher zwei, die sich im Besitz der
Familie von Eichel in Eisenach befinden: Elias in der Einöde von den Raben ver-
sorgt (Abb. 132, der Karton im Großherzoglichen Museum zu Weimar) und Elieser,
dem Rebekka den Krug zum Trinken reicht; im Landschaftlichen erinnern beide an die
Gegend von Olevano, das zweite, eins der größten, die Preller gemalt hat, atmet den
vollen Zauber, den im heißen Süden ein schattiger Brunnen übt. Ebenfalls in Eisenach
befindet sich eins der eigenartigsten Bilder des Meisters: die auf Bestellung von Fräulein
Hedwig Kärger (jetzt verwitwete Frau Prof. Siebert) gemalte Sintflut. Der Auftrag
Hatte ihn anfangs etwas befremdet, doch fand er bald Freude und Gefallen daran.
Die Flut hat den Höhepunkt erreicht, auf der Arche, die rechts tu der Ferne sichtbar
wird, sitzt, von einem aus den Wolken hervorbrechenden Sonnenstrahl beschienen, ein
Engel; vorn links zwei sich in dumpfer Ergebung an eine Klippe anklammernde
Menschen, zwischen ihnen ein dritter, der, aufrecht stehend, eine von den Wogen an-
geschwemmte Frauenleiche zu erkennen und sich ihr entgegenstürzen zu wollen scheint.
Für Hermann Böhlau in Weimar malte Preller als eines seiner letzten Bilder Boas
und Ruth.
Erstaunlich groß ist die Zahl der Zeichnungen, die der Meister noch in den
Jahren nach 1869 gefertigt hat; die unter den Nrn. 17, 110 und 111 Wieder-
gegebenen gehören dieser Zeit au. Italienische Landschaften begehrte namentlich Alphons
Dürr, der eine Reihenfolge von zehn Blatt in Holzschnitt mit Text von Max Jordan
Herausgegeben Hat. Auch viele Federzeichnungen sind in den letzten Jahren entstanden;
mit dem Bleistift, meinte er, könne jeder zeichnen, da könne man ja wischen — hier
müsse jeder Strich sitzen. Seine Hand war bis in die letzte Zeit fest. Das Augen-
licht aber wurde schwächer, so daß er für größere Flächen nicht mehr das sichere
Maß hatte. Dies zeigte sich namentlich, als er an die Ausführung des ihm von
München aus zugegangenen Auftrags Herautrat, eine Reihe von großen Zeichnungen
nach der Ilias zu liefern; nach einigen Versuchen mußte er davon abstehen.
Vom Herbst 1875 bis zum Frühjahr war ihm noch vergönnt, seiner Gattin und
seiner Stieftochter das geliebte Italien zu zeigen und sich an ihrem Entzücken zu
weiden. Kurz zuvor hatte er, der ehrenvollen Aufforderung der Generaldirektion der
Museen in Florenz folgend, sein Selbstbildnis für die große Sammlung der Bildnisse
berühmter Künstler aller Nationen eingesandt. „Der Putt," schreibt er aus Florenz
seinem Sohn Emil, „Hatte mein Porträt bald aufgefunden, und ich hatte die Freude,
daß sich das Bild besser produzierte, als ich gefürchtet. Beschämt aber war ich immer-
hin, mich in so vornehmer Gesellschaft zu sehen ... Man hat mich zum berühmten
Maler machen wollen ... Gott weiß, daß ich solchen Gedanken nie gehabt, ich habe
gearbeitet, weil ich die Kunst liebe, und bin meinem Berufe nachgekommen. Die
Freude der Meinigen ist mir immer eine Freude, und so mag die Sache gut sein."
Allmählich machten sich die Beschwerden des Alters fühlbarer, und das Gedächtnis
für jüngst Vergangenes ward auffällig schwach, während Phantasie und Lebensmut
 
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