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Gerhard, Eduard
Auserlesene Griechische Vasenbilder, hauptsächlich Etruskischen Fundorts (Band 2): Heroenbilder — Berlin, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.24596#0020
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16

TAFEL LXXIX — LXXXIIl.

schmucklose Stirn des Kindes spricht mehr für Herakles als für ein Göt-
terkind bacchischen Mythenkreises. Wie jedoch ein solches bacchisches
Götterkind immerhin auch unbekränzt gebildet werden durfte, ist aus ähn-
lichen Gruppen (70) abzunehmen, in denen bisher Dionysos erkannt
ward. Die vielgefeierte Pflege des neugeborenen Dionysos ward nicht
nur von Hermes besorgt; Nymphen und Götterbotinnen waren ebenfalls
um dasselbe bemüht. Die geflügelte Frau, die hie und da es in Armen
hält, kann Iris oder, wenn deren Erscheinung durch Hermes überflüs-
sig wird, die Ordnerin der Mysterien Telete sein; doch ziehen wir es vor,
eine andre Benennung hier anzuwenden; die unsres Erachtens beglaubig-
ter ist. In einer Gruppe des Kephisodotos (71) war Irene mit dem Kind
Plutos (7 2) im Arm dargestellt; diesem berühmten athenischen Werk vergleicht
Pausanias ein von Athen nach Theben verpflanztes, in welchem die Göttin
des Glücks statt der Göttin des Friedens erschien, das sie beglückende
Knäblein jedoch wiederum für Plutos erkannt ward(73). Da nun ein sol-
ches statuarisch gefeiertes Schofskind keineswegs häufig ist (74), da
dessen geflügelte Pflegerin Iris’ und Irenens (75) Heroldstab trägt, diese
letztere aber, obwohl meist flügellos (76), dann und wann mit Schwingen
erscheinen darf, wie solche bei ähnlichen Göttinnen und an demselben ih-

(7°) Erzgruppe im Antiquarium zu München
(Gerhard Ant. Bildw. CCCXI, 8. Vgl. Prodromus
S. 80)j eine ähnliche, -vormals Verzierung einer
Cista, befand sich vor einigen Jahren zu Siena.

(71) Pausan I, 8. 3: Elgr/Vt] (plgovaa IIXovtov
nuiSu. IX, 16, 1: K'tjifTOÖäoioq rije Elgjjvijc; to
ayuXfiu Adv]vatoi<; IIXovtov r/ovouv nenoirjxfv.

(72) Plutos (Paus. IX, 8) oder Pluton (ebend.
I. 8, 3) sind verschiedene Formen desselben Na-
mens. Vgl. Siebelis zu Paus. I, 8, 3. Gerhard
Prodromus S. 52 if. 79.

(73) Pausan. IX, 16, 3: cpf'ijtT [riv dt] IIXovtov
nuiSu (tj Tvxrj).

(74) T\Tit Ausnahme des mystischen Knäbleins
lacchos (Prodromus S. 53. 79. IF.) wäre nur etwa
an den von Athene gepflegten Erichthonios zu
denken, wie in einer Marmorgruppe des Berliner
Museums (Berl. ant. Bildw. Mann. no. 4).

(7i) Den Ileroldstab hält auch die Irene des

lokrischen Münztypus (Mionnet I. p. 195,914) und
die von Silenen umschwärmte Flügelfrau eines Va-
senbildes (GerhardBildw. Taf.XLVIU, 1), die nach
Heroldstab und Trinkhorn ebenfalls für Irene zu
halten sein wird.

(76) Flügellos ist die Irene lokrischer Münzen
(Etgert] Aov.guiv: Mionnet a. a. 0.); flügellos Irene
im bacchischem Verein, mit dem Füllhorn desReich-
thums ausgestattet, auf einem Lambergschen Va-
senbild (EiQTjVTj: Laborde I, 65. Gerhard Bildw.
XVII, 1). Derselbe Name ist vielleicht gemeint in
der Inschrift einer nolanischen Amphora der Gal-
lerie zu Florenz, vorstellend eine Frau mit Haube,
Bänder ausbreitend, neben vollgefülltem Kalathos;
auf der Kehrseite die Mittelfigur eines Jünglings.
Unsicher, obwohl nicht unannehmlich, ist dieselbe
Benennung auf flügellose Figuren mehrerer ähnli-
cher Gefäfse angewandt (De Witte Cab. Durand
no. 227).
 
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