Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gerhard, Eduard
Auserlesene Griechische Vasenbilder, hauptsächlich Etruskischen Fundorts (Band 2): Heroenbilder — Berlin, 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24596#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PROMETHEUS UND SISYPHOS.

21

nächst der unverkennbare Adler unsres Bildes, dann und hauptsächlich aber
die schlichte Jünglingsgestalt, die wir vor uns haben, jeder andern Deu-
tung als auf Prometheus.

Dieses vorausgesetzt, ist zu fragen, wen die andre mit Prometheus
verbundene Figur wirklich darstelle. Dem ersten Augenschein folgend,
deuteten wir jenen schwer belasteten Mann auf Sisyphos, der den pluto-
nischen Felsen vergeblich zu wälzen bestimmt ist; es könnte aber vielleicht
auch Atlas gemeint sein, wie er dem Drucke der Himmelslast sich unter-
zieht —, seine Zusammenstellung mit Prometheus wäre gerechtfertigt als das
gemeinsame Bild zweier Titanen. Dagegen ist einzuwenden, dafs Atlas,
das Abenteuer mit Herakles ausgenommen, die Bürde, die Götterbeschlufs
ihm verlieh, ununterbrochen zu tragen pflegt (6), ferner dafs die hier ab-
gebildete Last ihrer rohen Form nach dem Himmelsgewölbe, das Atlas
trug, keineswegs gleicht (7), dafs die unsrer Figur beigegebene Schlange
im Mythos des Atlas einer genügenden Erklärung entbehrt, endlich dafs
Bart und Stirnband, wie unsre Figur durch beides von dem Prometheus
unterschieden ist, weit mehr einen in List ergrauten König bezeichnen,
wie Sisyphos einer war, als einen dem Prometheus ebenbürtigen Titanen.
Somit beharrt unsre Erklärung auch dieser Figur bei der durch den Augen-
schein uns dargebotenen Deutung. Als Biifsender bietet Sisyphos die rechte
Schulter zur Arbeit am Felsen dar, dessen Niederfallen er mit der Linken
abwehrt; übrigens ist er, des geflissentlich rohen Styls ungeachtet, hinläng-
lich bezeichnet. Sein aufgelöstes und lang herabfallendes Haar deutet, wie
bei Prometheus, auf einen entwürdigten Zustand greller hin als man für
Atlas es passend befunden hätte, und wiederum ist durch die Königsbinde,
die vor Prometheus ihn auszeichnet, der listige Ahnherr Korinths sprechend
angedeutet. Wir sagen der listige; denn diese berühmte Eigenschaft des
Sisyphos (8) ist allzu anwendbar auch für Prometheus, um nicht für den
Grundgedanken des hier verknüpften Figurenpaars gelten zu dürfen. Man
wird zu glauben versucht, als habe der Künstler unsres Bildes die ältesten

(6) Hesiocl. Theog. 519: xirpuX;; xe xul uxu- Hesperiden (Aldi. d. Berl. Akad. 1836) S. 36 ff.

[.ittTOioi (8) Hom. II. VI; 153: iv&u Slovcpoc; laxtv,

(7) Vgl. meine Abh. Archemoros und die o xfQdiaxos ytviv uvöqwv. Vgl Apollod. 1, 9, 3.
 
Annotationen