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Gerhard, Eduard
Auserlesene Griechische Vasenbilder, hauptsächlich Etruskischen Fundorts (Band 2): Heroenbilder — Berlin, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.24596#0033
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THEBANISCHES.

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von Attributen und Nebenfiguren wieder, welche manch anderes Mal nicht
die Geliebte des Zeus, sondern eine Dienerin des Dionysos, nicht den zum
Stier verwandelten Göttervater, sondern den Opferstier bacchischer Ge-
bräuche erkennen lassen (4). Schwerlich darf diese gemeinsame Anwen-
dung eines und desselben Bilds für verschiedene Gegenstände zufällig
heifsen; vielmehr ist ein gemeinsamer Ursprung der beiderseitigen Begriffe
in uralten Gebräuchen nachzuweisen, in welchen eine dem Zeus wie dem
Dionysos verwandte, auf Stieresrücken erschienene, vielnamige (5) Göttin
jenen Stierdienst erheischte, welcher zum uralten Mythos der Europa einen
noch älteren Anlafs gewährt haben mag (6). Zu weiterer Begründung
dieses Ideenkreises bleibt, bei fühlbarem Mangel schriftlicher Zeugnisse,
eine gröfsere Anzahl dahin einschlagender Kunstdenkmäler wünschens-
werth; da wir jedoch in sprechenden Bildnereien sowohl den stierleibigen
Buhlen der Kadinostochter als einen vereinten Zeus-Dionysos nachweisen
können, so ist zur Erklärung eines andern räthselhaften Kunstwerks (7)
schon jetzt die Vermuthung erlaubt, es möge des Gottes Ankunft in Kreta
als scenisch behandelter Mythos italischer Bacchusmysterien auf archaischen
Vasen gemeint und auf späteren offen dargestellt sein.

Taf. NCI. Eriphyle; archaische Hydria, im römischen Kunsthandel
gezeichnet. — Mit Übergehung kadmeischer Mythen, die in Werken des
älteren Styls fast ohne Beispiel sind, betrachten wir hierauf die archaischen
Bilder zweier Hydrien, deren mythische Stoffe dem Feldzug der sieben
gegen Theben verbündeten Helden gelten. Das erste dieser Gefäfse, des-
sen oberes Bild Kämpfe einer für uns unbestimmbaren Bedeutung darstellt,
zeigt in seinem Hauptbild ein Viergespann, von zwei Helden geführt, de-
nen eine verschleierte Frau mit zierlicher Geberde und rückwärts ge-
wandtem Antlitz vorangeht. Wir erkennen in ihr, zumal nach Anleitung
eines ähnlichen Vasenbilds (8), die Gemahlin des Amphiaraos, Eriphyle,

(4) Belege zu dieser Behauptung giebt unsre
Tafel CXLVII1. Vgl. oben Th. 1, S. 115. Anm. 40.

(5) Themis, Leto, Gäa, Demeter: oben Th. I,
S. 122. Anm. 121.

(*) Welcker Kadmos S. 5.

(7) Panofka Alusee Blacas pl. XXX. Oben S. 9.

34. 14, 61. Der Stier mit Menschengesicht kann
kein Opferstier sein, und auf dem Gotte zu sitzen
ziemt keiner Dienerin desselben, sofern nicht ein
mythischer Grund vermittelnd eintritt.

(8) Von Scotti und Aidlingen publicirt: Alüller
Denkm. I, 19, 98.
 
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