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DER TOD DES ORPHEUS.

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des Dionysos durch Frauenbünde zerfleischen liefs(1), in ringsumlaufender
Darstellung jugendlich und in griechischer Tracht (2) gebildet, wie er, das
lange Haar mit einfachem Stirnband geschmückt, übrigens in schmuckloser
Kleidung, von der Verfolgung bacchantischer Frauen schon zu Boden ge-
drängt, mit der Geberde seiner ausgestreckten Linken um Schonung bittet,
während das Saiteninstrument, das ihm Ruhm und Verfolgung zuzog, von
seiner Rechten noch hoch erhoben wird. Die thrakischen Frauen, schmuck-
los, ohne besondres Abzeichen der Bassara (3) und ohne die Wundermale,
aus deren Sitte die Sage von Orpheustod ausgeschmückt wurde, umgeben
den Sänger mit unwiderstehlicher Wuth. Ihrer eine hat seine Brust so
eben mit einer Lanze durchbohrt, deren ungewöhnlicher Griff' in der ge-
schwungenen Waffe zwei ihr nachfolgender Frauen sich wiederholt. Von
der andern Seite naht eine vierte Thrakerin dem schon Verwundeten mit
geschwungener Axt, und hinter dieser eilt eine fünfte heran, in deren lin-
ker Hand eine Sichel mit zackiger Schneide bemerklich ist, etwa dem
nahen Pflüger entnommen, wie auch Ovid es vermuthen läfst (4). Ihr schliefst
in entgegengesetzter Richtung, dem Zug der drei erstgedachten Frauen ent-
sprechend, noch eine sechste Frau sich an, die einen Stein erhebt, und eine
siebente, die den unglücklichen Sänger endlich mit noch einer seltenen
Waffe, wie einem zweischneidigen Messer, bedroht (5).

teritalischen Vasenbildern. Vgl. Welcher zu Phi-
lostr. p. 611 f. Jalm Polygnot S. 32.

(3) Hesych. ßaaaaqca, yjzm'ts ovg tcf.oqovv cd
©Qcyy.Cac Bdy.ycu. Vgl. Etym. BccaaugiSeg. Auch
lydisch nach Pollux VII, 59. Bei Ovid. Met. XI,
4 ist von Thierfellen die Rede.

(4) Die Sitte, deren Erklärung im Tod des
Orpheus gefunden wurde, ist durch Plutarch
(Dio 8) und durch ein nolanisches Vasenbild
(Mon. d. Inst. I, 5, 2: die Arme mit einem
gezeichnet) bezeugt. Vgl. Panoflca Ann. I p.266ff.

(6) Ovid. Met. XI, 36: sctrculaque rastriquc
graves longique ligones. Aufserdem sind dort
die verschiedensten Waffen erwähnt: Lanzen (7),
Bogen (28) und Pfeile (30), Steine (10. 30), Erd-
schollen und Äste (29).

4*

(’) Die von Apollodor I, 3, 2 und Anderen
(Plat. Rep. X. 620. Isocr. Paneg. 16. Philostr.
jun. 6 cxtr.) kurz erwähnte, von Ovid (Met. XI,
1 ff.) in seiner Weise ausgefuhrte, Zerfleischung
des Orpheus erzählt nach des Äschylos Autorität
Eratosthenes Catast. 24: 'Ogcpevg ... zov pctv
ylwvuaov ovy. tzCpict, zov de ’Jilcov pc^ycozov
zuv Oeöiv IvoyiZev eivac, ov diecsnaoav y.ai zd
jUE/bj dcifäcipav ycogls exccarov. Vgl. Hygin.
astron. 2, 7. Klausen Orpheus (AUg. Encycl. HI,
6) S. 14.

(’) ln griechischer Tracht auch auf dem zwi-
schen Orpheus und Amphion schwankenden Re-
lief zu Neapel (Neapels Bild'w. S. 67) und sonst
hie und da, wie auch Polygnot gethan hatte (Paus.
X, 30, 2): häufiger ist die asiatische (Plat. Symp.
p. 179. Philostr. jun. 6. Callistr. 7), zumal auf un-
 
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