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Gerhard, Eduard [Editor]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0122
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118

IV. HEROENSAGE.

herabhangenden Bullen verzierter, ansehnlicher Halsschmuck es uns nahe legt diese
Figur in andrem Sinne zu deuten. Bis eine solche bessere Deutung sich findet, wird
man wenigstens gut thun festzustellen, dass dem noch unerklärten Mythos dieses Bildes
nach allem Anschein eine Liebeslockung zu Grunde liegt, und wenn man das bunte
Sagenspiel durchgeht, laut welchem Prokris in Gestalt und Beiwerk wechselnd als Mann
oder Frau, als Jägerin mit Hund und Speer oder als Buhlerin mit goldenem Kranz aus
mancherlei Liebesumgang heimkehrte (I8S), so könnte ja wol auch die hier dargestellte,
durch Waffen zugleich und durch Frauenschmuck auffällige, Frau auf eine verloren
gegangene Wendung der Sage von Prokris und deren von ihr in zauberischer Ver-
kleidung nach langem Zerwürfniss wieder aufgesuchten Gemahl Kephalos irgendwie
zurückzuführen sein; doch soll hiedurch einer treffenderen Erklärung nicht vorgegriffen
werden. — Der Rand dieses Spiegels ist fast unverziert, die Mündung des Griffs mit
einer Palmette geschmückt.

Tafel CCCLXVI (CLXXXff. Paralip. 292). theseus und antiofe; Miselli'scher
Spiegel aus Monterotondo, gegenwärtig im brittischen Museum, abgebildet nach einem
hier befolgten Kupferblatt der Familie Casali zu Rom, aus dem Jahre 1790, minder
genau abgebildet bei Guatani, Mon. ined. 1785 Marzo. — Im Vordergrund einer Säule,
welche vielleicht ein benachbartes attisches Heiligthum andeuten soll, erfolgt die Be-
kämpfung einer Amazone, welche von dem gegen sie anstürmenden Jüngling mit der
linken Hand bei den Haaren gefasst und mit dem in seiner Rechten geführten Schwerte
bedroht wird. Die Amazone ist vor dem siegreichen Helden auf's linke Knie gesunken;
ihr rechtes Bein hält sie ausgestreckt in gleicher Richtung, dagegen der dem Beschauer
zugewandte Oberleib zugleich mit dem rücklings gewandten Kopf ihr beharrliches Wi-
derstreben zu erkennen giebt. Helm und Waffen stehen ihr nicht mehr zu Gebote;
nur der halbmondförmige Schild wird noch von ihrer Linken gehalten, während ihre
Rechte den linken Arm des Theseus vergeblich von ihrem Haupt herabzuziehen sucht.
In ihrer Tracht ist es auffallend, dass ihre ganze Brust unverhüllt ist und ihr gegürteter
Chiton erst unterhalb der Brust bis an das linke Knie sie bedeckt; vom rechten
Schenkel ist es durch die ausgestreckte Richtung des Beines abgestreift. Geschmückt
ist diese Heldin mit einem Halsband und, wie sonst nur von Achill (189) bekannt
zu sein pflegt, auch mit Spangen an den Knöcheln; über ihrer Brust ist ein Kreuz-
band bemerklich. Der vermutliche Theseus ist mit einem Harnisch und Beinschienen

(188) Wie bei Apollodor III, 15, 1 erzählt wird.

(189) Schmückende Knöchelringe sind hauptsächlich
aus Darstellungen Achills bekannt, in denen man da-

durch die verwundbare Stelle seiner Ferse angedeutet
glaubt. Vgl. Welcker, Akademisches Kunstmuseum \ 841
no. 34 S. 30 ff.
 
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