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Germann, Max. Ferd. [Hrsg.]
Beschreibung der im Jahre 1872 in Weimar und an anderen Orten zu Ehren der vierten Säcular-Feier des Geburtsjahres Lucas Cranach's des Aelteren, des Malers der Reformation veranstalteten Jubelfeier: (als Manuskript gedruckt) — Dresden, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.11454#0076
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68

Mcikage

Stimmcn dcr prrlse über Lranach nnd dic Lranach-Feicr.

Der bereits S. 8 erwähnte Artikel der Weimarischen Zeitimg, welcher zur Vor-
bereitung anf dic Feicr am 30. October 1872 erschien, lautet wie folgt:

„Dic Lucas Cranach-Feier. Es ist wiederholt, und vielleicht nicht mit Unrecht, tadelnd
als eine Eiaenthümlichkeit unsrer Zeit der Hang zur Veranstaltuug von Festlichkeiten hervor-
gehoben worden, welche der Erinnerung an dieses oder jcnes sür die Geschichte Deutschlands
bedcutungsvolle Ereigniß, an diesen oder jenen großen Mann gelten. Solche Erinnerungs-
feiern haben ihre Licht- und Schattenseiten. Sicherlich chrt das Volk sich selbst, welches das
Andenken an eine ruhmvolle Vergangenheit sich lebendig zu erhalten bestrcbt ist, und mitten
im Genusse einer großen Gegenwart die Verdienste der Männer der Vorzeit nicht vergißt;
andrerseits liegt die Gefahr nahe, daß unter dem Cultus der.Vergangenheit die frische That-
krast der Gcgenwart leide oder künstlich auf Abwcgc geleitet werde. Die Grenze, welche das
berechtigte nationale Bewußtsein von krankhafter Selbstüberhebung scheidet, ist schmal und
die Gefahr immerhin vorhanden, daß auch das deutsche Volk, so nüchtern und ruhig dasselbe
die Dinge zu betrachten pflegt, inmitten der Weihrauchwolken, die von solchen nationalen
Festen aufsteigen, jcnc Grenze überschreite und in der Selbstüberschätzung die Kraft zur Ar-
beit, die Fähigkeit zu selbstloser Hingebung und die Liebe zur Wahrheit verliere, welche die
sittlichen Factoren jeder individuellen wie nationalen Größe bilden. Wenn aber wirklich eine
solche Gefahr nicht ganz undenkbar ist, so darf es um so mehr geboten erscheinen, dem Geiste
des Nolkes das Bild solcher Männcr vorzuführen und einzuprägen, die ihm als der voll-
kommenste Typus seiner eigensten Individualität gelten dürfen, und in denen er die Elemente
des gesunden deutschen Wescns in schönsrer Harmonie vereinigt findet. Ein solcher Mann
ist Lucas Cranach; wenige nur können ihm in diesem Sinne an die Seite gestellt werden,
und eine Feier, die seincr Erinncrung gilt, ist sicherlich weit davon entfernt, eine bloß äußere
Verherrlichung des deutschen Ruhmes zu sein, sondern vietmehr dazu bestimmt, dem Volke
die Qnintessenz scines Wesens zu zeigen nnd es die Eigenschaften erkennen zu lassen, denen es
den Reichthum und die Fülle seines nationalen Lebens dankt.
 
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