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EDUARD SCHLEICH.


IE Richtung, welche die deutsche Landschaftsmalerei in der Gegenwart verfolgt, hat kein
Künstler in dem Masse begründet, wie Eduard Schleich. Am 12, Ostober 1812 zu Harbach bei
Landshut geboren, wurde er Anfangs in Amberg und dann in München für die Universitäts-
studien vorbereitet, zeigte aber hiefür wenig Neigung, so dass seine früh verwitwete Mutter es
mit der Kunstakademie verruchte. Auch da that der Junge nicht gut; allein es ist die Frage, ob
nicht die damalige Unterrichtsmethode an der Münchener Akademie, wo jeder Schüler „zum Minderten
ein Albrecht Dürer, wenn nicht ein Raffael oder Michelangelo werden sollte",1 Schuld daran trug.
Schleich verliess die Akademie und warf sich, kaum zwanzig Jahre alt, mit der ihm stets eigen
gewesenen Ausdauer und Willensfestigkeit auf die Landschaftsmalerei. Er ahmte autodidacftisch die
dusteren, aber naturwahren und schön vorgetragenen Hochgebirgsbilder von Joh. Chr. Etzdorf'nach und
nahm dann Christian Morgenflem zum Vorbilde, welcher die als unmalerisch verschrieene Münchener
Hochebene in die Kunst eingeführt hatte. Auch der Einssuss Rottmann's ist, namentlich in coloristischer
Hinsicht, nicht zu verkennen. Auf der Schleich-Ausstellung, welche die Münchener Künstler im Februar
1874 zu Ehren des kurz vorher dahin geschiedenen Meisters veranstalteten, waren diese drei verschiedenen
Vorbilder in der Produktion des im Wesentlichen doch Autodidakt gebliebenen Malers von desfen
erstem „Wasserfall im Gebirge" aus dem Jahre 1831 an bis zum Jahre 1848 deutlich wahrnehmbar; die
selbstständige, eigenartige Richtung Schleich's beginnt erst nach 1848, fällt also mit Rottmann's Ableben
zusammen. Diese Wandlung scheint einerseits das Studium der alten Meister in der Pinakothek, auf
welches ihn der damals in München sich aufhaltende Rahl hinwies, herbeigeführt zu haben; andererseits
aber die Bekanntschaft mit einigen Pariser Bildern aus dem Bereiche des „Paysage intime". Hatte
Schleich zuvor mit Vorliebe seine Bilder von hohen Standorten aus aufgenommen, um recht
abwechslungsreiche und „schöne" Gegenden auf die Leinwand zu werfen, so blieb er nun gern in
der Ebene und suchte den Reiz von Licht und Luft festzuhalten.
Es wäre, wie schon Reber hervorgehoben hat,2 irrig, den Münchener Meister schlechtweg den
französischen Intimisten beizuzählen; dennoch lässt sich in seinem Werke eine gewisse Wahlverwandtschast
mit diesen, namentlich mit ihrem Haupte Theodore Rouffeau* nicht verkennen. Zwar hat sich der
Münchener Künstler, obwohl ebenfalls subjectiv verfahrend, niemals jenem „coloristischen Idealismus"
hingegeben, den Teichlein an Rouffeau rühmt; aber auch Schleich hat, gleich dem genannten
Pariser Meister, „mit dem phantasievollen Auge der Liebe, jedes geringe Stück Natur in eine land-
schaftliche Helena verzaubert". Beide Meister der modernen Landschaft verstehen es, durch die Farbe
eine mächtige Stimmung hervorzurufen und behandeln vor allem die Luft auf ihren Bildern reizvoll,
namentlich wenn sie eines jener Dramen schildern, die Sonne und Gewölk mit einander aufführen; die
Landschaften beider Künstler beginnen, gleich denen Rembrandt's, nicht mit dem Vordergrunde,
sondern steigen erst in einiger Entfernung von der unteren Linie des Rahmens zur rechten Bedeutung
auf Ohne Frage wird Schleich von Rousfeau und den späteren Intimisten an Schwung der Phantasie, an
Mannigfaltigkeit der Vorwürfe, an Kühnheit der Conception und an Reichthum der Palette übertroffen;
1 Vergl. Den Auffatz „Zu Eduard Schleich's Gedächtnis" in Lützow's „Zeitschrift für bildende Kunst", Jahrg IX, 1874, S. Ib2.
2 S. Reber's „Geschichte der neueren deutschen Kunst" Stuttgart, Meyer & Zeller. 1876, S. 509
3 Vgl. den Aufsatz über Theodore Rouffemt von Oskar Berggruen in den „Mitth, d Ges. f. verf. Kunst", 1877, Sp 40.

Berggruen: Die Galerie Schach.

Schleich.
 
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