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ist aber das Ober-Vcllacher Altarbild ein unschätzbares Document, von welchem bisher noch kein befriedigender
Gebrauch gemacht werden konnte. Denn der Versuch, den anonymen kölnischen Meister der berühmten Darstellung
des Todes Marias, welche, nebst den Flügelbildern, aus der Kirche Sta. Maria auf dem Capitol zu Köln in die Pina-
kothek zu München gekommen ist, mit Schoreel zu identificiren, kann ebensowenig Ernst genommen werden, wie die
Ansicht, dass Jan Joeß aus Kaikar das Votivbild in Sta. Maria auf dem Capitol gemalt habe. Aus einer Reihe
gewichtiger innerer Gründe, deren Auseinandersetzung zu weit führen würde, glauben wir, dass für den Anonymus,
dem wir den „Tod Maria;" zu München und zu Köln ' verdanken, der richtige Name erst noch gefunden werden
muss. In dieser Ansicht bestärkt uns Eduard von Engerth, welcher das Ober-Vellacher Bild, sowie die ganze Frage
im Hinblick auf seinen neuen Katalog der kaiserlichen Gemälde-Galerie in Wien, besonders genau untersucht hat.
Nach freundlichen persönlichen Mittheilungen, sowie gemäss den uns gütigst übermittelten einsehlägigen Aushänge-
bogen des zweiten Bandes seines vortrefslichen Kataloges, schreibt von Engerth das Triptychon mit Donatoren,
dann die beiden Darstellungen der Madonna mit dem Kinde, welche ein salsches Monogramm Dürer 's aufweisen,
— Nr. IOOI —1003 der neuen Ausstellung — nach Waagen s Vorgang dem Meister vom Tode der Maria zu und
glaubt, dass dieser weder mit Jan Joeß, noch mit Schoreel identisch sei. Der Direktor der Münchener Gemälde-
sammlungen, Dr. von Reber, halt ebenfalls an der Anonymität des Meisters fest und identificirt ihn nicht mit den
genannten zwei Künstlern.2 Könnte es gelingen, nach dem Beispiele der Dresdener Holbeinausstellung von 1871,
etwa in der hiezu so passend gelegenen und auch historisch vollberechtigten Rheinstadt Köln, einen Congress aller
Bilder zu veranstalten, die in dieser Frage, sowie hinsichtlich des Zusammenhanges der niederrheinischen und alt-
hollandischen Malerschulen ein Wort zu reden haben — unser Vellacher Altarbild würde auf einem solchen Con-
gress keine unbedeutende Rolle spielen — so dürften der Kunstgeschichte wohl überraschende Aufschlüsse zu Theil
werden. Gar manche räthselhaft'e Gemälde würden auf einem solchen Congress zu sprechen anfangen, gleich Mit-
schuldigen, welche bei der Confrontation ein Geständniss ablegen. Inzwischen musfen wir beklagen, dass das so
wichtige Jugendwerk SchoreeVs nach Ober-Vellach zurückwandern musste, wo es nicht leicht und oft von Sach-
verständigen gesehen werden kann. Vielleicht ist die Zeit nicht mehr fern, in der die Gesetzgebung der Wissenschast
ein Enteignungsrecht ebenso zugestehen wird, wie der Volkswirthschaft; dann sollte das Ober-Vellacher Bild nach
Wien zurückwandern und als wichtige Urkunde sür die angedeutete Epoche der niederländischen Malerei einen
Ehrenplatz in einer ösfentlichen Sammlung einnehmen.
1 Der Katalog der Münchener Pinakothek von Dr. Marggrass (Auflage 1872, Nr. 661—693) behauptet, dass der Rahmen der kleineren
und schwächeren Wiederholung des „Todes Maria" in Köln die Jahreszahl 1513 trage. Der Katalog des Museums Wallras- Rlehariz in Köln von
J. Niessen liest: 1515 und polemisirt dagegen, dass man in München den Jan Schoreel als Urheber des „Todes Maria?" ansehe.
- Die endlich ersolgte amtliche Ausgabe eines neuen Kataloges der Pinakothek in München von Dr. von Reber (1SS4), eine hochst
schätzenswerthe Arbeit, spricht sich (bei Nr. 55) dahin aus: „Der Meister des Todes der Maria, vielleicht Schüler des Jan Joess von Kaikar,
scheint niederländischer Herkunft und von Q. Majsys berührt zu sein. Hauptschauplatz seiner Thätigkeit war Köln von 1510—1530. Das
Münchener Triptychon soll nach Reber ersl 1523 entstanden sein, in welchem Falle die Urheberschast SchoreeVs ganz ausgeschlossen ist.
Oskar Berggruen.



Wappen der Donatoren aus SchoreeVs Altarbild zu Ober-Vellach.
 
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