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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 11.1888

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Heft IV
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Recension: Die Gemäldegalerie der königlichen Museen in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.3329#0130
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Und
Ein

RECENSIONEN.

Die Gemälde-Galerie der königliehen Museen zu Berlin.
Mit erläuterndem Text von J. Meyer und W. Bode.
Herausgegeben von der General-Verwaltung. — I. und IT. Lieserung. — G. GroleTche Verlagsbuchhandlung.


Di

"ie Ausgabe eines Prachtwerkes über die Berliner Gemälde-
galerie kommt nicht unerwartet. Nachdem so viele öffentliche
Sammlungen mit der Verösfentlichung ihrer Schätze, bald in Radi-
rungen, bald in sorgfältig hergestellten Photographien, den Anfang
gemacht, durfte das Berliner Museum nicht zurückbleiben, umso
weniger, als es im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte in allen
Abtheilungen, nicht zum wenigsten im Bestande seiner Gemälde,
einen so stattlichen Zuwachs empfangen hatte. Die Publication,
länglt erwartet, ist aber auch osfenbar längst geplant, reiflich über-
legt und mit sorgsamster Hand ausgeführt worden. Sie hat durchaus
nicht den Vergleich mit den verwandten Unternehmungen zu
scheuen, kann in vielfacher Beziehung geradezu als Muster gelten.
Die Herausgeber wollten ihrem Werke die vornehmste Gestalt ver-
leihen; sie machten (ich ausserdem die Erfahrungen nutzbar, welche
ihre Vorgänger gesammelt haben. Die modernen Hilfsmittel haben
sie nicht unbedingt verschmäht. Die Heliogravüre und die Zink-
ätzung finden gleichfalls Verwendung, doch nur in untergeordneter
Weise. Die Hauptrolle wurde dem Kupferstich und der Radirung
übertragen. Wir erleben gegenwärtig ein ähnliches Schauspiel, wie
es sich am Ende des fünfzehnten Jahrhundertes abwickelte, als die
mit der Miniaturmalerei eng verknüpfte Schönschreibekunst den
Kampf mit dem Buchdrucke aufnahm. Der Sieg blieb dem letzteren.
Wer tadelt aber heute die vornehmen Herren Italiens und Frank-
reichs, dass sie sich so lange sträubten, aus gedruckten Büchern zu
beten, in ihnen ihre Lieblingsschriftsteller zu lesen? Danken wir ihnen doch eine Reihe köstlicher Kunstschöpfungen
und mussen willig anerkennen, dass die Prachtcodices eine ungleich vornehmere Luft athmen, als die schwerfälligen
Incunabeln des Buchdruckes. Geradeso denken wir heute über das Verhältniss der künstlerischen zur mechanischen
Reprodustion. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, oder vielmehr, wir verschliessen uns nicht der Überzeugung,
dass der mechanischen Reprodusition die Vorherrschaft zufallen wird. Aber wir huldigen gleichfalls dem Glauben,
dass der Reproduclion durch Künstlerhand immerhin der vornehmere Charakter innewohnt. Und so lange es
Menschen gibt, welche an einer vornehmeren Wiedergabe des Kunstwerkes Freude haben, und Künstler, welche die
Kraft zur Schöpfung einer solchen vornehme/i Reproduftion besitzen, werden wir uns vor jedem vorzeitigen Grübeln
hüten. Jede grosse Unternehmung, welche der Kupferstichkunst neue Lebensnahrung zuführt, begrüssen wir nicht
mit einem Requiem aeternam, sondern mit einem Te Deum laudamus. Es ist übrigens keineswegs der vornehmere
Zug allein, welcher uns zu den künstlerischen Mitteln der Vervielfältigung hinzieht. Der Vergleich mag ja zu hart
klingen; aber das Verhältniss des lebendigen Orchesters zum mechanischen Orchestrion fällt uns unwillkürlich ein,
wenn wir dem Kample zwischen den alten und den modernen ReproduCtionsarten zusehen. Den perlonlichen Hauch
eines Stiches kann auch der vollendetste Mechanismus nicht ersetzen; der persönliche Hauch ist es aber, welcher
Nachbildungen und Original verbindet und beide auf eine gleiche Stuse stellt.
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Schul? des Veryocchio, Weibliches Büdnifs.
 
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