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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 13.1890

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Heft 5
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Ein Holzschnitt von Charles Baude nach einem Bildnisse des Landschafters Français von Carolus Duran
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https://doi.org/10.11588/diglit.3812#0132
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EIN HOLZSCHNITT VON CHARLES BAUDE
NACH EINEM BILDNISSE DES LANDSCHAFTERS FRANCAIS VON CAROLUS DURAN.

ie Besucher der Pariser Weltausstellung im vergangenen Jahre werden von den Meister-
werken französiseher Bildnissmalerei ein Werk Carolus Duran's, sein Bildniss des Land-
schafters Louis Francais in gutem Gedächtniss behalten haben. Es ist ein Meisterwerk
des Künstlers. In keinem der vielen Porträts, welche ihn zum fashionabelsten Pariser
Porträtisten gemacht haben, hat Carolus Duran eine grössere künstlerische Kraft bewährt. Tadelte
man mit Recht an den meisten seiner Bildnisse vornehmer Damen und Herren die Grellfarbigkeit
seiner coloristischen Experimente und die decorative Leerheit einer allzuflüchtigen Behandlung, so
wandelt sich dem Bildniss Francais' gegenüber aller Tadel in uneingeschränktes Lob. Auch dieses Bild
ist das Werk nur weniger glücklicher Stunden, aber bei aller Freiheit und Leichtigkeit der virtuosen
Behandlung ist die Charakteristik des frischen rosigen Antlitzes von liebenswürdiger Feinheit und
die coloristische Haltung des Bildes voll harmonischen Reizes. Ein solches Werk verdient und ver-
langt für die Reproduktion einen Meister seiner Kunst. Kein Zweifel, dass der berühmte Pariser
Holzsehneider Charles Baude, desfen Holzschnitt nach dem Bildnisse wir zum Abdruck bringen, wie
keiner auserwählt war, ein Meisterwerk künstlerischer Reproduclion zu liefern. Seine Wiedergabe im
Holzschnitte ist in der That bewundernswürdig, von einer Schmiegsamkeit und disinvoltura des
Vortrags, die unübertrefflich scheint. Und das verblüffende Spiel der Technik ordnet lieh dabei
doch willig und verständnissvoll der grossen künstlerischen Wirkung unter, es wird nicht vorlaut,
bescheidet sich zum Mittel eines rein künstlerischen Zweckes. Darin liegt nicht nur der Beweis einer
grossen künstlerischen Kraft, darin liegt auch die Berechtigung einer technischen Eigenmächtigkeit
und Bravour, der wir in Deutschland nichts an die Seite zu stellen vermögen.
Ausserhalb Frankreichs ist Charles Baude (geboren in Paris 1853) besonders durch seine grossen
Einzelblätter nach Werken alter Meister und moderner Franzosen bekannt geworden. Mit Blättern
nach Werken Rembrandt's in der Ermitage zu Petersburg (»L'homme au bonnet«), in den Museen
zu Dresden und im Haag, dann mit dem van der Geest von Antoon van Dyck und einem reizenden
Mädchenbildniss von Chaplin hat Baude Werke geschaffen, die ihm, wo er nur mit ihnen auftrat, die
höchste Anerkennung eintrugen. In dem ersten, dem modernen Holzschnitte gewidmetem Bande der
»Vervielfältigenden Kunst der Gegenwart« (Wien, 1887) lind mehrere Baude'sche Holzschnitte
abgedruckt worden, die in illustrirten Zeitungen erschienen sind. Henri Bouchot, von dem die Dar-
steilung des französischen Holzschnittes in jenem Werke herrührt, hat die Thätigkeit Baude's des
Näheren daselbst besprochen (Seite 166 ff.). Dem dort Gesagten fügen wir hinzu, dass der Holz-
schnitt nach einem späten Selbstbildnisfe Rembrandt's (National-Gallery zu London), der auf der
Zweiten Münchener Jahresausstellung gegenwärtig zu sehen ist, sich insofern nicht ganz auf der
Höhe der früheren Werke und besonders des Francais hält, als durch eine zu weitgehende Auf-
lichtung der dunklen Bildtheile die Gesammtwirkung etwas flau geworden ist. Der Grcisenkopf allein,
der sich in vollem Lichte heraushebt, ist mit vollendeter Meisterschaft breit und frei behandelt.
 
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