Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14



II



Rechenschaft darüber ablegen kann, und demnach hat auch sein Biograph nicht von dramatischen
Ereignissen oder von starken, plötzlich auftretenden Umwälzungen zu berichten. Es ist ein Lebens-
lauf, dessen alltäglicher Charakter im vollen Gegensatz zu der poetischen Naturanschauung des
Künstlers zu slehen scheint, aus dem aber für Denjenigen, der in das Icheinbar unter starrer Hülle
verschlossene Empfindungs- und Seelenleben der Bewohner unterer Küstengegenden einen Einblick
gewonnen hat, doch Momente genug hervortreten, die den Zusammenhang zwischen Kunst und
Leben erkennen lassen.
CARL LUDWIG CHRISTOPH DOUZETTE, schon von Jugend auf Louis genannt, wurde
am 25. September 1834 in Triebsees, einem Städtchen in Neu-Vorpommern geboren. Den Kunsttrieb
hat er von seinem Vater geerbt, der zur Zeit, wo Louis geboren wurde, freilich nur das Handwerk
eines Stubenmalers betrieb, der aber ursprünglich, wie viele seiner Handwerksgenossen, höher
hinaus gewollt hatte. Als sich der Vater Douzette in Triebsees als Malermeister niederliess, nachdem
er sseh vorher mit einem Fräulein Gerlach vermählt, hatte er bereits ein bewegtes Leben hinter sich,
dessen erster Abschnitt mit einer gescheiterten Hosfnung abschloss. Er war der Sohn eines französischen
Feldpredigers, der mit Bernadottc nach Schweden gegangen war. Helsingborg war sein Geburtsort;
da aber seine Eltern früh starben, kam er unter die Obhut eines Grafen Bohl auf Preetz bei Stralsund
in dem damals noch schwedischen Pommern. Er sollte Landwirth werden, aber seine Neigung trieb
ihn zur Malerei, und es gelang ihm auch, nach Berlin zu kommen, wo er seine Studien auf der
Kunstakademie begann. Es war die trübe Zeit der Zwanziger-Jahre, in der die Kunst und die Mehr-
zahl ihrer Jünger ein kärgliches Dasein fristeten und nur wenige Bevorzugte sich, mühsam genug,
auf der Oberfläche zu erhalten vermochten. Dass Douzette nicht zu ihnen gehören würde, sah er
zeitig genug ein. Er ging mit raschem Entschluss zur Stubenmalerei über und war in diesem Gewerbe
zuerst in Triebsees, später in dem Städtchen Franzburg thätig.
Was dem Vater nicht glückte, gelang dem Sohne, dessen künstlerische Entwicklung einen
umgekehrten Weg nahm. In Franzburg verlebte er den grössten Theil seiner Jugend, die Zeit
vom siebenten bis zum achtzehnten Jahre, und hier erlernte er auch das väterliche Handwerk. Die
geheimnissvolle Regung der Seele, die wir Nachahmungs- oder Kunsttrieb nennen, ohne damit
mehr als ein trockenes Wort zu lagen, erwachte in dem Jüngling erst, als seine Eltern ihren Wohnsitz
in Barth an der Ostsee nahmen. Was bisher gebunden in seinem Innern geschlummert hatte, wurde
lebendig im Angesichte der wasferreichen Umgebung des am Barther Bodden gelegenen Städtchens,
seiner Wälder und Haiden. Von dort ichweift der Blick hinüber nach der Insel Zingst und der Halb-
insel Darss, auf der das von den prächtigsten Laubwaldungen umgebene Prerow liegt, das erst in
dem letzten Jahrzehnt entdeckt und für die Berliner Landschaftsmaler das geworden ist, was einst
der Wald von Fontainebleau für die französische Schule des Paysage intime gewesen war. Bei der
Beobachtung dieses weiten Horizonts mit seinen mannigfaltigen Luft- und Lichtstimmungen, die
von feiner, intimer Poesie zu grossartiger, fast dramatischer Wirkung wechsclten, wurde der Künstler
in Douzette geboren. »Es zog durch mein Gemüth ein Ahnen«, so schreibt er in Aufzeichnungen,
die er für dieses Charakterbild gemacht hat, »und obgleich ich noch nichts mehr von Kunst
gesehen als ein Werk über die Dresdener Galeric, das mir durch einen älteren Freund zur Hand
gekommen war, liess ich mich doch eines Tages zu dem kühnen Ausspruch hinreissen: ,Ich muss
doch noch einst in die Reihe der Künstler treten'.«
Dieser Ausspruch hat ihm, wie er selbst hinzufügt, später bisweilen Ich wer auf der Seele gelegen,
aber er hat ihn doch, Dank der Mischung seines Blutes aus französischer Beweglichkeit und Aneig-
nungsfähigkeit und aus echt pommerscher Zähigkeit und Energie wahr gemacht. Als zweiund-
 
Annotationen