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102

DIE KAISERLICHE

GEMÄLDE-GALERIE IN WIEN

EINE ANZAHL DER HERVORRAGENDSTEN GEMÄLDE ALTER MEISTER
IN HELIOGRAVÜREN VON J. I.ÖWY.
MIT ERLÄUTERNDEM TEXT VON EDUARD RITTER VON ENGERTH.


in Prachtbau, kostbarer und gewaltiger als (ich seiner irgend eine andere Gemälde-
Galerie der Welt rühmen kann, birgt seit diesem Herbst die kaiserliche Bilder-
sammlung in Wien. In hohen lichten Sälen und vielen Cabineten sind die Schätze,
welche seit dem Jahre 1776 das Belvedere gefüllt hatten, zur Schau gesleht und
eine Anzahl Bilder, für die im alten Palaste Eugens von Savoyen kein Raum mehr
war — darunter manche Meistenverke — legen ein neues Zeugniss ab für den
grossen kunstsinnigen Sammeleifer des erlauchten österreichischen Herrscherhauses. Wenn auch die
gegenwärtige Aufstellung, welche in knapp zugemessener Zeit nach einem vielleicht etwas bureau-
kratisch zugeschnittenen Plane, der lange vor der Vollendung des Hofmuseums fertig vorlag, nicht
recht die Glanzseiten der kaiserlichen Gemäldesammlung zur Geltung zu bringen vermag, so entrollt
sie doch ein Bild ausserordentlichen Reichthums. Rubens herrscht wie ein König im prunkenden
Saale, seine Vorgänger und Nachfolger fallen auf durch Zahl und Güte ihrer Werke, etwas verstreut
ist die diesseits der Alpen nirgends so gut vertretene Venezianer Malerschar; die deutsehe Schule,
welche in Dürer und Holbein mit hervorragenden Meisterwerken gipfelt, (teilt (ich wohl in gedrängtem
Vereine dar, aber nach den herrlichen Bildern eines Rembrandt und Raffael, eines Velazquez und
Correggio und anderer Meister ersten Ranges muss der aufmerksame Besucher in den Cabineten
mühsame Umschau halten. Mag neben dieser anseheinend provisorischen Ausstellung, welche viel
Minderwerthiges auf Kosien des wahrhaft Guten allzusehr in den Vordergrund gerückt hat, auch
noch manche Bildtaufe die empfindlichen Kreise der Kenner alter Malerei zu kritischen Glossen
reizen — so soll das doch unsere Dankbarkeit für das Gebotene nicht sehmälern. Die liebe Zeit, die
alles Leid lindert, wird auch diele Mängel begütigend heilen. Und wesfen Herz voll ist von der
Sehnsucht nach edelstem Kunstgenuss, der wird in den schimmernden Prachtsälen des Schönen und
Erhebenden kein Absehen finden. Der Reichthum an Werken ersten Ranges stellt die kaiserliche
Gemälde-Galerie in eine Reihe mit den berühmtesten Sammlungen der Welt. Ihre unvergleichlichen
Dürer und Tizian, ihre zahlreichen Bilder von Rubens, van Dyck, die herrlichen Rembrandt, die
Holbein und Velazquez, dazu die erlesenen Werke eines Perugino, Fra Bartolommeo, Raffael, Andrea
del Sarto, Mantegna, Correggio, Palma, Giorgione, Moretto, Veronese und wie die Meister alle heissen,
diese Perlen alter Malerei werden nicht aufhören, aus aller Herren Ländern die Freunde edlen Kunst-
genusses herbeizulocken und vollauf zu befriedigen.
 
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