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MAX KLINGER,

kaduurgcn. Zeichnungen, Bilder und Sculpturen des Künstlers mit den drei vollständigen Folgen : Zeichnungen über das Thema »Chiistus«,
Entwürse zu einer griechisch-römischen Gediehtsammlung und »Eine Liebe«, Rad. op. X in Nachbildungen durch Heliogravüre. Text von Franz
Hermann Meissner. München, Franz Hanfstaengl, 1S97. Folio.
In jüngeren Jahren als Arnold Böcklin und Adolf Menzel, mit denen er manchen Zug gemeinsam hat und
gegenwärtig ein imponirend machtvolles Triumvirat deutscher Malerfürsten bildet, in einem Alter, wo andere
Geistesgrössen noch um den ersten Lorbeer der Anerkennung rangen, erhält Max Klinger ein slolzes, literarisches
Denkmal seiner bisherigen künstlerischen Wirksamkeit. Das Werk, das einer der ersten deutlichen Verleger ihm
widmet, lagert sich wie ein bekrönender Abschluss auf die zahlreichen Bausteine, die Klinger selbst mit seinen in
der vervielfältigenden Technik der Radirung ausgeführten und veröffentlichten Schöpfungen herbeigetragen hat.
Die ganze Summe einer in zwanzig Jahren vollbrachten Riesenarbeit liegt uns nun abgeschlossen und vollständig auf
dem Papiere vor, wenn wir die Tafeln der Publication von Hanfstaengl mit den radirten Werken Klingers
zusammenhalten.
Der grosse Werth der neuen Prachtpublication liegt eben darin, dass sie zum ersten Male in würdiger Form
die Bilder, Zeichnungen und Sculpturen des berühmten Radirers vorführt, also ein bisher einseitiges Bild wesentlich
ergänzt. Nicht zum minderten die Vielseitigkeit ist es, die unsere Zeit an dem Leipziger Künstler interessirt, eine Zeit,
die jedes Kunstwerk am liebsten nicht als Einzelerscheinung betrachtet, dem Phänomen des Schaffens bis in die
letzten Nervenzuckungen nachspürt, aus jeder Schöpfung die schaffende Individualität als ein Ganzes projicirt und
mit Genugthuung erfüllt wird, wenn das Gesammtbild einen Übermenschen ergibt. Schon für diele auf die
Ergründung der Persönlichkeit gerichtete Kunslauffassung muss ein Werk, das die früher aus Abbildungen nicht
zu gewinnende vollständige Kenntniss der Schöpfungen eines Klinger jedem erschliesst, von grundlegender
Bedeutung werden. Aber auch für die streng auf die Dinge selbst gerichtete Betrachtungsweise, die jedes Kunstwerk
nach seinem absoluten Kunstwerth fragt, ist nun erst für die Beurtheilung Klingers als Maler ein fester Boden
geschaffen worden. Es liegt in der Eigenart dieses Künstlers, dass vor dem einen seiner Werke die zwei verschiedenen
Aufsassungen miteinander in harten Kampf gerathen, vor dem anderen dagegen sich in freudiger Bewunderung
finden. Zu beiden Wirkungen wird der Sammelband von Hanfstaengl den stärksten Anlass bieten, denn neben ihm
erscheinen die radirten Compositionen Klingers als eine einheitliche Masse. Wie er Werke aus verschiedenen
Stoffgebieten und aus allen Entwicklungsstufen des Künstlers von den ersten Anfängen an bis zu den allerletzten
Jahren vereinigt, so drängt sich in ihm neben dem Befremdlichen, dessen Reproduclion nur das Interesse für den
Künstler rechtfertigt, das Grosse, Gewaltige und Hervorragende, das allein für sich spricht.
Vieles von dem, was das Werk aus öffentlichem und privatem Besitz bringt, ist noch gar nicht, das Meiste
nur ungenügend publicirt worden. Aus dem — übrigens nirgends ersichtlichen — Programm ergab sich, dass
die radirten Compositionen ausgeschlossen blieben. Nur Opus N »Eine Liebe- wurde aufgenommen, mit Recht,
weil die Auflage vergrisfen ist. Um so zahlreicher sind die Studien für bekannte Radirungen. An die Reprodu6tionen
hat die Firma Hanfstaengl ihr ganzes Pflichtgefühl und Können gesetzt. Nur in ihrer Reihenfolge hätten wir mehr
Systematik gewünscht. Der Text von Franz Hermann Meissner ist mit grosser Sachkenntnis geschrieben; der
hymnenartige Schwung der Sprache verschleiert nicht vollständig eine Objektivität, die den Verfasser nicht
übersehen lässt, dass dem Können seines Helden auch Grenzen gezogen lind. Er steckt sie selbst sehr feinfühlig ab,
wenn er Klinger unter die Künstler mit »literarischem Grundzuge« einreiht. Ms.
 
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