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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 21.1898

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Weizsäcker, Heinrich: Peter Halm
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https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0034
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fröhlichen Rheinstadt, wo unser Künstler als der Sohn eines wohlhabenden Bürgerhauses auswuchs,
erzählen von seiner Jugendentwicklung und von den mancherlei sreundlichen Genien, die über
derselben gewaltet haben. Aber wir ziehen es vor, um nicht vom Wesentlichen abzuschweisen, uns
alsbald den Beginn der besonderen künstlerischen Laufbahn zu vergegenwärtigen, der sich Halm,
zuerst für den Beruf des Architekten bestimmt, im Jahre 1875 in München zuwandte, als er dort
mit einundzwanzig Jahren die Kunstakademie bezogen hatte. In der Münchner Akademie und vor
allem in der Schule des bekannten Kupferstechers Johann Leonhard Raab, hat Halm zuerst seine
Kräfte im engeren Bereiche der zeichnenden Künste brauchen gelernt. Heute besteht die
»Raab-Schule« nicht mehr; als Kupfcrstecherschule ist sie aufgelöst, das Lehramt sür die graphischen
Künste aber, das nunmehr vorzugsweise für Pflege der Radirung bestimmt ist, wird von Prosessor
Halm als Nachfolger seines ehemaligen Lehrers ausgeübt, der sich vor wenigen Jahren in den
Unvergessen soll dem vor-
tresflichen Pädagogen sein,
wie er da mit einem Eiser,
der manchmal einem ver-
zehrenden Feuer glich, seines
Amtes waltete, die Fleissigen
mahnend, die Trägen schel-
tend, aber um die Förderung
Aller mit gleicher Ausdauer
und gleicher persönlicher
Antheilnahme bemüht. Es
war trotz des üblen Humors,
den der Meister dabei zu-
weilen wohl nicht ohne
Grund an den Tag legte,
doch ein sröhliches Treiben
droben in der alten Raab-
schule und es sehlte in den
zwei Stuben, die ihr im süns-
ten Stock des srüheren Aka-
demiegebäudes hoch über

wohlverdienten Ruhestand
zurückgezogen hat. Damals
als Halm in München ein-
trat, stand die Schule Raabs
auf der Höhe einer allgemein
anerkannten Leistungsfähig-
keit, das galt sowohl von der
Kupferstecherschule, die er
leitete, als auch von der
Zeichenciasse, der er neben-
bei vorstand, einer soge-
nannten »Naturclasse«, in
der nach dem lebenden Mo-
dell gearbeitet wurde. Unter
zahlreichen tüchtigen Künst-
lern, die aus dieser Zeichen-
schule hervorgiengen, sei
hier nur an Stauffer-Bern er-
innert, der mit Halm gleich-
zeitig das Atelier des »alten
Raab« besuchte.
den Wohnungen der übrigen Menschheit eingeräumt waren, nie an jener Grundstimmung einer
unerschöpflichen guten Laune, wie sie ja zu den Privilegien der heranwachsenden Künstlerjugend
zu gehören pflegt. Aus den Fenstern des Ateliers sah man auf die von Lucarncn und Schornsteinen
malerisch unterbrochenen Dachflächen des ehemaligen Jesuitencollegs hinaus, das damals beiden
Akademien, der Wissenschaften wie der Künste, zum Obdach diente; nach innen zeigte sich ein
nicht minder origineller Anblick. Da hingen an den Wänden zur Ausmunterung der jüngeren die
preisgekrönten Arbeiten einzelner älteren Schüler, Köpfe und Figuren, alle in demselben strengen
und gewissenhaften Stil gezeichnet, der hier allein geduldet wurde, daneben waren aber auch in
feinen alten Rahmen die schönsten Kupferstiche der französischen Schule ausgehängt, Edelinek,
Nanteuil und Ihresgleichen, auch gute moderne Arbeiten nach Raphael, Van Dyck und Anderen
hatten daneben ihren Platz gefunden und vortresslich wusste Raab seinen Schülern an der Klarheit
und Festigkeit jener Alten Sinn und Werth einer gesunden Naturanschauung deutlich zu machen.


Porträt Halms nach der Radirung von Stausser-Bertl.
 
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