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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 21.1898

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Sponsel, Jean Louis: Georg Lührig
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https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0109
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Georg Lührig.


M JAHRE 1892 erregten auf der dritten internationalen Aquarellausstellung zu Dresden
fünf grosse Kreidecartons Aufsehen, in denen ein bis dahin unbekannter Künstler
das Thema des Todtentanzes mit erschütternder Tragik in Scenen aus dem heutigen
Leben gross und eigenartig behandelt hatte. Man erfuhr damals nichts weiter über
den Urheber dieser Bilder, als dass der noch jugendliche Maler in Göttingen lebe. Er diente damals
dort, in seiner Vaterstadt, seit dem October 1891 als Einjährig-Freiwilliger. In Göttingen sind
auch die Blätter seines Todtentanzes entstanden; seine künstlerische Ausbildung aber hatte
Lührig in München erhalten.
Als Sohn eines Photographen im Jahre 1868 geboren, besuchte er das Gymnasium zu
Göttingen bis zur Erlangung der Berechtigung zum einjährigen Dienste, dann gieng er in den
Jahren 1885 bis 1890 an die Akademie in München. Dort lernte er während des ersten Jahres in der
Naturklasse und in der Gipsklasse unter Karl Raupp, dem bekannten Chiemseemaler. Bei Raupp
wirkte damals als Corrector Heinz Heim, der im Sommer 1 895 im Alter von 35 Jahren früh ver-
storbene Künstler, der ebenso wie auf manchen andern, auch auf Lührig einen starken Einfluss
ausübte. In dem zweiten Jahre seines Besuches der Münchener Akademie hatte Lührig in der Natur-
klasse zumeist Köpfe zu zeichnen, in dem darauffolgenden Jahre machte er unter J. C. Herterich
Aktstudien, in dem vierten Jahre besuchte er dann die unter der Leitung von Löffts stehende
Malklasse. Im Sommer 1889 lebte Lührig in Göttingen zumeist mit landschaftlichen Aquarell-
studien beschäftigt: für den Winter 1889/90 kehrte er nach München zurück, um dort privatim
seine Studien fortzusetzen.
Damals hatte Otto Greiner, mit dem Lührig in München verkehrte, angefangen, Lithographien
anzufertigen, und ihm dadurch zuerst den Gedanken nahe gelegt, sich dieses Ausdrucksmittels
zu bedienen. Doch standen der Durchführung dieser Absicht noch manche Schwierigkeiten im
Wege, vor allem fehlten die Mittel, um Steine beschasfen zu können. Lührigs Vater war nicht
länger in der Lage, seinen Sohn materiell zu unterstützen, der junge Künstler musste deshalb, da
er eine selbstständige Existenz sich zu begründen noch nicht in der Lage war, wieder nach
Göttingen in sein Elternhaus zurückkehren. Hier reiften in seinem abgeschiedenen und gedrückten
■ Leben die Gedanken zu seinen Todtentanz-Darstellungcn. Auch entstanden noch in Göttingen
zwei grosse Ölbilder, die einem ähnlichen Gedankenkreise entstammen, wie seine Todtcntanz-
Bilder und zugleich hinüberleiten zu den Ideen, die später die Folge vom »armen Lazarus« her-
vorriefen.
Es erscheint auffallend, dass ein Künstler sich in so jungen Jahren der Darstellung der
dunkelsten Seiten des menschlichen Lebens zugewendet hat. Aber es spiegelt sich in diesen
Darstellungen doch auch die Anschauung unserer Zeit wieder, die sich ungleich mehr als jede
 
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